Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
037 - Klinik der Verlorenen

037 - Klinik der Verlorenen

Titel: 037 - Klinik der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jose Michel
Vom Netzwerk:
etwas schmäler. Die Schwindelanfälle und das Kribbeln am ganzen Körper hatten aufgehört. Ich wollte wissen, ob ich aufstehen konnte.
    Der Abstand zu den Betten gegenüber schien größer geworden zu sein. Von den vieren war nur eines von Clarice besetzt. Auf meiner Seite waren wir zu viert: Henriette, Norma, Mary und ich.
    Ich fühlte mich schwach und ging wieder zu Bett.
    Gerade zur rechten Zeit, denn die Tür öffnete sich, und der Professor, gefolgt von Ariane und Eric, trat ein. Sein erster Blick galt mir. Dann wandte er sich an Eric.
    »Während der Krise hätte man sie hinunterbringen sollen …«
    »Ich habe Ihnen erklärt, Professor, warum ich es unterlassen habe«, erklärte Eric ungeduldig. »Sollte es wieder passieren, so werden wir die nötigen Mittel ergreifen. Aber ich nehme an, daß Lise das Serum besser verarbeitet als die anderen.«
    »Tun Sie, was Sie wollen«, meinte der Professor. »Aber man wird Sie dafür verantwortlich machen, wenn etwas geschieht. Unten haben wir alle nötigen Einrichtungen …«
    »Ich weiß. Trotzdem bestehe ich darauf, daß sie hier bleibt.«
    Der Alte warf mir einen eisigen Blick zu. Ariane unterdrückte ein zufriedenes Lächeln.
    »Na gut«, sagte Sarlieff.
    Er setzte die Visite zusammen mit Eric fort. Ariane beugte sich zu mir, gab vor, meine Decken zu richten, und flüsterte: »Lise, der Herr Doktor hat Ihnen ein Gegenmittel injiziert. Wir hoffen, es wird bald seine Wirkung tun. Aber wir müssen die Komödie weiterspielen, denn ich glaube, Eliane spioniert ein bißchen für den Professor.« Als Eliane an uns vorbeiging, sagte Ariane: »Auf bald, Lise«, und verließ den Raum.
    Ich sah mich um. Neben mir schlief Henriette wie Rosy vor ihrer Krise: dauernd und sehr tief. Sie erwachte auch nicht, als Eliane das Abendessen servierte.
    Ich fürchtete den Augenblick, daß sie erwachte, sich auf irgend jemanden stürzte und hinausgebracht werden mußte.
    Später, als wir gegessen hatten, erhob Clarice Leew sich aus ihrem Bett, griff nach ihrer Handtasche und kam zu mir.
    »Ich habe genau verstanden, Lise. Ich habe genug. Ich gehe. Und niemand und nichts wird mich daran hindern. Ich einer solchen Atmosphäre wird mein Herzleiden gewiß nicht besser. Im Gegenteil. Ich fühle mich so schlecht wie schon lange nicht. Ich verlange jetzt meine Kleider von Eliane.« Eliane hatte sie sprechen gehört und lief herbei.
    »Was soll das? Mademoiselle Clarice, gehen Sie bitte wieder in Ihr Bett zurück. Ich bin für die Ordnung hier verantwortlich.«
    Clarice rührte sich nicht.
    »Nein! Diesmal werde ich nicht gehorchen, Schwester. Ich werde gehen, und zwar augenblicklich!«
    Eliane errötete und packte sie am Arm, aber Clarice schien ihre Kräfte wiedererlangt zu haben. Sie riß sich los und lief hinter die Betten, öffnete eines der unvergitterten Fenster und rief: »Versuchen Sie nicht, mir nahe zu kommen! Lieber springe ich aus dem Fenster.« Sie stieg auf das Fensterbrett, setzte sich und ließ die Beine aus dem Fenster hängen.
    Eliane zog sich zurück, um von der anderen Seite an sie heranzukommen, aber Clarice hatte die Augen überall. Sie stand auf, hielt sich am Fensterrahmen fest und sah uns an.
    Ich unterdrückte einen Schrei. Wenn sie abglitt, konnte sie sich nirgends mehr festhalten und mußte unweigerlich aus dem Fenster fallen. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt der Schwester, die wie angewurzelt dastand.
    »Geben Sie mir meine Kleider«, sagte Clarice. »Und meine Tasche mit meinen übrigen Sachen. Dann steige ich hinunter.«
    Eliane versuchte ein Lächeln und sagte: »Ich hole sie. Aber erst kommen Sie herunter.«
    Als Clarice keine Anstalten machte, herunterzusteigen, drehte Eliane sich um und ging zur Tür. Nach unendlich langer Zeit kam sie zurück und hielt Clarice von weitem ihre Reisetasche hin.
    »Hier. Ziehen Sie sich an. Weder der Herr Doktor noch der Herr Professor sind anwesend. Ich werde meinen Posten verlieren.«
    »Dann finden Sie gewiß einen besseren, anständigeren«, rief Clarice. Sie war verwirrt. Um sich anzukleiden, mußte sie ihren Standplatz verlassen, aber sobald ihre Füße wieder auf dem Boden standen, würde sich die kräftige Eliane auf sie werfen. »Gehen Sie bis an die Tür zurück, Schwester!« rief sie. »Ich möchte nicht, daß Sie von meiner Wehrlosigkeit profitieren.«
    Eliane preßte die Lippen zornig aufeinander. Aber sie tat, was Clarice wollte, ohne sie jedoch aus den Augen zu lassen.
    Ich hatte den Eindruck, daß sie zum Telefon

Weitere Kostenlose Bücher