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037 - Klinik der Verlorenen

037 - Klinik der Verlorenen

Titel: 037 - Klinik der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jose Michel
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sei, uns ins ‚Hinterzimmer’ bringen zu lassen …
    Wir waren von ganz allein gekommen.
    Ich mußte eingeschlafen sein, denn ich wurde durch das Geschrei der Kinder geweckt. Eine hohe Stimme verlangte zu trinken. Die beiden Kinderbettchen wackelten. Die Mädchen in den Betten bewegten sich. Seufzend erhob sich die Nurse.
    »Es fängt bereits an«, jammerte sie. »Nun können Sie meine reizenden Kinderchen beim Frühstück sehen …«
    Sie verschwand in einem Nebenzimmer. Durch die offene Tür konnte ich sehen, daß es eine perfekt ausgerüstete Küche war, mit einem Eiskasten und hohen Wandschränken.
    Henriette, die als letzte heruntergebracht worden war, drehte sich um und starrte mich an.
    »Lise!« rief sie. »Lise ist bei uns!«
    Clarice und ich erhoben uns von unseren Betten.
    »Sie können nicht zu den Kleinen gehen«, rief die Nurse streng, »bevor sie nicht gegessen und gebadet haben.«
    Nun ging der Lärm erst richtig los. Die größten der Kinder sprangen aus den Betten und umringten uns. Ihr Benehmen war ihrem Aussehen und ihrem anscheinenden Alter entsprechend. Sie kicherten und pufften einander, Henriette stand neben mir, und ihre kleinen Hände griffen nach meinem Schlafrock und meinem Arm. Sie setzte sich auf meine Knie“ legte mir die Arme um die Hals und schmiegte ihre Wange an die meine.
    Sie fragten alle durcheinander, und die Schwester wurde blaß vor Ärger über ihre ungehorsamen Schützlinge.
    »Lise, hat man Ihnen auch die Spritzen gegeben?« fragte Henriette.
    »Ja.«
    »Als Sie die Krise hatten, wurden Sie aber nicht hier heruntergebracht. Weshalb nicht? Sie stehen unter dem besonderen Schutz des Doktors, nicht wahr?«
    Ich kam nicht mehr dazu zu antworten, denn die Schwester erschien mit einer Peitsche und ließ sie um die Beine, auf die Rücken und Schultern der Mädchen knallen. Die zarten, kleinen Mädchen stoben auseinander und suchten Schutz hinter den Stühlen, den Betten und in der Küche.
    Olga und Dominique waren nur mehr Babys, die ganz gewiß nicht mehr gehen konnten, aber sie verfolgten mit erschreckten Augen die wilde Jagd.
    Die Mädchen liefen wieder zu ihren Betten zurück, und die Nurse legte die Peitsche aus der Hand. Sie servierte den Kindern das Frühstück und gab Olga und Dominique die Flasche.
    Ich glaubte zu träumen.
    Niemals hätte ich angenommen, daß meine Freundinnen so klein geworden waren. Der alte Sarlieff war offensichtlich wahnsinnig. Und gewiß sehr stolz auf sich: Sein Serum wirkte. Er konnte den reichen alten Damen ein sicheres Verjüngungsmittel bieten.
    Es blieb abzuwarten, wie weit das führte …
     

     
    Das Bad der Mädchen war eine echte Tortur für die Schwester. Die Kinder bespritzten sie mit Wasser, warfen ihr die Seife nach und zogen die Badetücher ins Wasser. Ich hatte den Eindruck, daß es in diesem Haus nur mehr Verrückte gab.
     
     

Wie hatte diese Frau eine solche Stellung annehmen können! Vermutlich hatte man ihr ein Vermögen geboten …
    Clarice sah mit großen Augen zu, ohne ein Wort zu sagen. Ich wußte, woran sie dachte: an die Möglichkeit, daß es uns bald genauso erging wie den verjüngten Mädchen. Und bei diesem Gedanken wurde mir selbst kalt vor Angst …
    Obwohl wir uns in einer entsetzlichen Lage befanden, mußte ich anerkennen, daß die Kinderschwester, die Sidonie hieß, die Arbeit von drei Personen verrichtete. Und ich war sicher, daß sie wenig Anerkennung dafür finden würde: Um zu vermeiden, daß durchsickerte, unter welchen Umständen das Serum des Professors erprobt worden war, würde Sidonie vermutlich genauso enden wie wir alle. So gab es später dann einen lästigen Zeugen weniger …
    Als alle ihre Schützlinge gebadet und frisiert waren, bereitete ihnen Sidonie Orangensaft.
    Clarice und ich wurden mit Fragen bombardiert. Aber nach einer Weile wurden sie schweigsam und schliefen ein. Sidonie zog die Decken über sie.
    »Ich habe ihnen ein Schlafmittel gegeben«, sagte Sidonie nachher. »Ihre Anwesenheit hat sie zu sehr erregt. Jetzt geben sie alle Ruhe. Seit meiner Ankunft hier habe ich sieben Kilogramm abgenommen. Es wäre an der Zeit, daß das ganze Experiment ein Ende hat. Die Kinder hassen mich, als könnte ich etwas dafür, daß sie in diesem Zustand sind. Weshalb sind sie hergekommen? Wären sie draußen geblieben! Ich werde ja für meine Arbeit bezahlt, und der Professor ist sehr freundlich zu mir.«
    Offensichtlich kannte sie nicht die ganze Wahrheit und wußte nicht, daß Maria die jungen

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