0372 - Werwolf-Omen
töten.
Noch hatte Alexis Zeit, einen Rückzieher zu machen. Sie überlegte auch, blickte die Wölfe an, danach auf den Geisterjäger und sagte:
»Ich schaffe ihn jetzt in den Käfig. Geht ihr!«
Sie gingen tatsächlich. Vielleicht hätten sie es nicht getan, hätte die Zeit nicht gedrängt. So aber ließen sie die Treppe hinter sich und verschwanden im Flur.
Alexis atmete auf. Sie war selbst überrascht, daß sie es geschafft hatte, nur war es nicht sicher, ob sie Sinclair damit auch rettete. Sie mußte ihr Versprechen einfach halten. Wenn sie Sinclair nicht in den Käfig steckte, würden die anderen es merken, da die Mitglieder des Clans untereinander in telepathischer Verbindung standen.
Alexis wartete noch. Sie rührte sich erst, als sie oben die Haustür schlagen hörte.
Jetzt waren sie gegangen, um ihren Plan durchzuführen. Wenn er klappte, erzitterte England…
***
Aus dem Käfig hörte sie das Knurren. Auch Laura hatte mittlerweile mitbekommen, was geschehen sollte, und sie konnte es kaum erwarten. Die Werwölfin war unruhig. Zwar hielt sie nach wie vor die Stäbe umklammert, dafür bewegte sie die Füße. Beide stampften auf und nieder, und es klatschte jedesmal, wenn ein Fuß den Boden berührte.
Alexis hatte die Pistole weggesteckt. Mit vorsichtigen Schritten näherte sie sich dem Geisterjäger. Sinclair lag bewegungslos am Boden. Sogar die Augen hielt er geschlossen. Alexis hoffte nur, sich nicht getäuscht zu haben. Wenn Sinclair noch im Land der Träume lag, gab es keine Chance für ihn.
Ihrem Plan nach war seine Chance zwar nur hauchdünn, aber nicht umsonst nannte man ihn den Geisterjäger. Er sollte ja schon vieles geschafft haben.
Die Frau bückte sich und schob ihre Hände unter seine Achselhöhlen. Der Körper war schwer. Tragen konnte sie ihn nicht, deshalb schleifte sie ihn über den schmutzigen Stein auf den Käfig zu, in dessen Schloß der Schlüssel steckte.
Laura beobachtete die beiden. Sie war nicht mehr so ruhig. Nervös bewegte sie den Kopf. Die Bestie wußte ja, was man vorhatte, und wenn sie ihrem Trieb gehorchte, würde sie sich über den Mann stürzen wieeine Wahnsinnige.
»Geh zurück!« forderte Alexis ihre entartete Tochter auf. »Bis an die hintere Wand!«
Die Werwölfin zögerte einen Moment, erkannte die Entschlossenheitin den Augen der Frau und gehorchte. Ihre Schritte waren zögernd, nie ließ sie das Opfer aus dem Blick.
Alexis hatte John Sinclair so hingesetzt, daß er seinen Rücken gegen die Stäbe drücken konnte. In dieser Haltung blieb er auch, als die Frau den Schlüssel zweimal umdrehte.
Jetzt war der Käfig offen. Sie brauchte nur mehr die Tür aufzuziehen und Sinclair hineinzuschieben.
Noch einmal schaute sie ihn an.
Sie hatte sich nicht getäuscht. Er bewegte die Augen, war also erwacht und schaute sie auch an.
Alexis’ Blick glänzte. Sie gestand sich ein, selbst irgendwie verrückt zu sein, denn sie wollte dem Kampf zwischen dem Menschen und der Bestie zusehen. Möglicherweise diktierte auch dieser lang gehegte Wunsch ihr Handeln und das Mitleid um den Menschen Sinclair.
Die eisernen Angeln quietschten, als sie die Tür aufzog, aber der Werwolf blieb, wo er war. Er hatte alles genau verstanden. Seine Chance würde sie vergrößern, auch wenn er jetzt nichts tat.
Wieder bückte sich die Frau und packte den Geisterjäger. »Es liegt jetzt an dir!« flüsterte sie, »ob du es schaffst oder nicht. Ich biete dir eine einmalige Chance. Mal sehen, ob du es schaffst.« Sie lachte leise, während sie ihn weiterschleifte und sich ebenfalls in die Zelle drückte, die mit drei Personen so gut wie voll war.
Alexis warf Sinclair in die Ecke. »Da bleibst du liegen«, sagte sie, verließ die Zelle und schloß ab.
Für einen Moment hielt sie den Schlüssel in der Hand. Sie schaute ihn an und zögerte, ob sie es tatsächlich wagen sollte. »Okay«, flüsterte sie, »ich gebe dir eine allerletzte Chance.« Sie legte den Schlüssel auf die flache Hand und schleuderte ihn, zwischen zwei Stäben hindurch, in die Zelle.
Zielen konnte sie gut, denn der Schlüssel landete auf Sinclairs Leib.
»Und jetzt viel Spaß«, sagte sie rauh, trat zurück und wartete auf den Kampf…
***
Die vier Bestien hatten das Haus verlassen. Sie wußten genau, daß die Zeit knapp geworden war, da sie mit dem Zwischenfall im Keller nicht gerechnet hatten.
Jetzt in der Kälte der Nacht fühlten sie sich wohler, und wieder war es Gerald, der die Richtung angab. Er streckte seinen
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