0373 - Das Schiff der Bestien
Sicherheit befinden.«
Der Botschafter lächelte. »Gut gesprochen, Sinclair. Sie hätten sogar Diplomat werden können. Wenn man Sie beim Yard nicht mehr haben will, melden Sie sich ruhig bei mir. Vielleicht habe ich noch einen Job für Sie. Ist ja alles möglich.«
»Kann sein.«
»Aber jetzt würde ich gern wissen, wie es weitergeht?« Zum erstenmal hatte sich der Russe gemeldet.
»Noch bin ich ebenso schlau wie Sie, Sir. Aber man hat den zweiten Lokführer gezwungen, in den Führerstand zu steigen. Wahrscheinlich werden wir wieder fahren.«
»Gibt es zwei Lokführer?« fragte der Russe überrascht.
»Das ist Vorschrift«, erklärte der Engländer. »Was ist denn mit dem anderen geschehen? Hat man ihn getötet?«
»Nein, er konnte entkommen und uns sehr wertvolle Informationen geben.«
Der Botschafter lachte. »Das ist gut, Sinclair, sehr gut. Ich sehe die Lage nicht mehr als so schlimm an. Um in der Diktion eines Diplomaten zu bleiben, würde ich sagen: sie entspannt sich allmählich. Oder was sagen Sie?«
»Ich wäre dafür, zunächst einmal abzuwarten.«
»Sicher, Sinclair.« Er nickte und fragte plötzlich: »Ach so, möchten Sie einen Wodka oder einen Whisky? Manchmal soll ein guter Schluck ja Wunder bewirken.«
»Danke für das Angebot, Sir, aber auf dieses Wunder möchte ich mich nicht verlassen.«
Der Engländer lachte leise. »Kann ich sogar verstehen, Sinclair.«
Dann stutzte er. Auch mir war etwas aufgefallen. Durch den kleinen Zug lief ein so typisches Vibrieren.
Es gab nur eine Erklärung.
Wir fuhren wieder!
***
Suko war es tatsächlich gelungen, die Gunst des Augenblicks für sich zu nutzen. Die Werwölfe hatten sich auf die neue Lage einstellen müssen und behielten nur mehr seinen Freund John Sinclair im Auge. Für ihn interessierte sich keiner.
Das war gut.
Langsam ging er zurück. Er stand ungefähr in gleicher Höhe mit der Lok und bewegte sich rückwärtsgehend noch näher auf die große Maschine zu.
Dann wagte er es.
Nur eine huschende Bewegung war von ihm zu sehen. Kaum ein Geräusch entstand, und kein Werwolf hatte gesehen, wie Suko verschwand, um die Zugmaschine herumlief und auf die andere Seite des kleinen Zuges gelangte, wo er für einen Moment so stehenblieb, daß seine Beine von einem der Räder gedeckt wurden.
Auch wer jetzt unter dem Wagen herschaute, würde es schwerhaben, ihn zu entdecken.
Suko hatte etwas Bestimmtes vor. Seinen Freund John Sinclair wollte er nicht allein auf die Reise gehen lassen. Er selbst aber wollte auch nicht so schnell erwischt werden, deshalb gab es für ihn nur eine Möglichkeit. Er mußte auf das Dach.
Suko lief leichtfüßig zum zweiten Wagen. Dort schaute er an der äußeren Fassade hoch. Sie war ziemlich glatt, nur an den Fensterumrissen befanden sich einige Vorsprünge, wo er sich abstützen konnte.
Suko überlegte nicht mehr lange. Er wußte nicht, wann der Zug abfuhr und kletterte dort hoch, wo sich die Tür befand. Da hatte er einen guten Startplatz erwischt.
Suko war sehr gelenkig, stets im Training. Er schnellte sich ab, konnte sich auch am Rand des gebogenen Dachs festhalten und hatte für einen Moment Furcht, wieder abzurutschen.
Er überwand dieses Hindernis trotz der Feuchtigkeit, die die Kühle der Nacht auf das Dach gelegt hatte. Und er atmete auf, als er bäuchlings oben lag.
Einfach würde es nicht werden, die Balance zu halten. Im Kino sah das immer gut aus, aber in Wirklichkeit mußte man schon sehr aufpassen und um das Gleichgewicht kämpfen, wenn der Zug fuhr.
So wartete der Inspektor. Er hatte die bestmöglichste Stellung ausgesucht. Breitbeinig und breitarmig lag er da, so konnten ihn auch leichte Erschütterungen nicht mehr vom Zug stoßen.
Noch fuhren sie nicht. Er konzentrierte sich auf die außen aufklingenden Geräusche. Hörte Worte, vernahm auch Schritte, eine Tür schlug zu, und dieses Geräusch hatte für den Inspektor etwas Endgültiges an sich.
Noch ein paar Sekunden mußte er warten.
Dann war es soweit.
Der Zug fuhr an. Und zwar rückwärts. Auch der auf dem Dach liegende Suko wurde zunächst durchgeschüttelt, er erholte sich aber bald wieder.
Der Chinese fragte sich natürlich, wo die Reise enden würde. Er konnte sich ein Ziel nicht vorstellen und glaubte auch nicht daran, daß die Wölfe mit ihren Geiseln wieder den Weg zurückfahren würden, den sie gekommen waren. Es hatte sich einfach zu viel verändert. Außerdem neigte sich die Nacht dem Ende zu. Am Tage konnten die Bestien
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