0373 - Das Schiff der Bestien
noch gebraucht? Die beiden Botschafter bestimmt, die anderen jedoch nicht.
Das sah ich klar und realistisch. Es hatte keinen Sinn, sich etwas vorzumachen.
Die zweite Bestie trat zur Seite, so daß ich über die Schwelle in das vorn liegende Abteil gehen konnte. Da sah ich auch die restlichen Bestien.
Sie kümmerten sich um die Personen, die aus ihrer Bewußtlosigkeit erwacht waren.
Fünf waren es.
Drei Männer und zwei Frauen. Der Lokführer befand sich mittlerweile auch dabei.
Eine Frau war von einem Werwolf gepackt worden. Eine dunkelhaarige Person mit einer Wunde an der Stirn. In ihren Augen las ich die Angst. Die Kostümjacke war zum Teil zerrissen.
Auch die Bluse hatte ein wenig abbekommen.
Die Tür stand offen.
Ich roch es nicht nur, ich hörte es auch. Es war das Rauschen des Wassers, wenn es gegen die beiden Uferhälften schlug. Ein so typisches Geräusch, das den gesamten Lauf der Themse begleitete.
Ich mußte aussteigen.
Als ich nach unten sprang, auf einem angedeuteten Bahnsteig landete und zur Seite trat, folgte mir jemand wie ein Schatten. Es war Gerald Ascot, der seine Pranke in meinen Kragen schlug und mich so festhielt. Jetzt hätte ich wieder die Beretta ziehen, herumfahren und feuern können.
Ich ließ es bleiben, da ich die anderen Menschen nicht in Gefahr bringen wollte.
Sie verließen der Reihe nach den Zug. Streng bewacht von den haarigen Bestien, die keinen Schritt von ihrer Seite wichen und sie sogar noch festhielten.
Zuletzt verließen die beiden Botschafter den Zug. Der Russe schwankte leicht. Er hatte sich bei seinem englischen Kollegen eingehakt. Möglicherweise hatte er dem Wodka doch zu stark zugesprochen. Diese verdammte Situation konnte man auch nur leicht angetörnt ertragen, sonst wurde es wirklich grausam.
Auf diesem provisorischen Bahnsteig blieben wir stehen. Ich hielt nach Suko Ausschau, sah ihn leider oder zum Glück nicht. Zudem hütete ich mich, einen Blick in Richtung Wagendach zu werfen. Ich wollte die Werwölfe nicht noch auf Ideen bringen.
Wir alle waren versammelt, und gemeinsam wurden wir in die Richtung gedrückt, in die wir zu gehen haben.
Das Ziel lag in meinem Blick.
Es war das Flußufer, besser ein breiter Kai mit einer Anlegestelle für Schiffe.
Im Monat März holte man die Ausflugsboote wieder hervor. Sie wurden durchgecheckt, frisch gestrichen und für die neue Saison vorbereitet, die im April begann.
Solche Schiffe sah ich. Wir standen aber noch zu weit entfernt, so daß nur mehr die hellen Aufbauten über die Kaimauer hinwegschauten. War eines dieser Boote vielleicht unser Ziel?
Es lag durchaus im Bereich des Möglichen und wäre auch nicht schlecht gewesen, denn wer hätte die beiden entführten Botschafter schon auf einem noch nicht fahrbereiten Ausflugsboot vermutet?
Kaum jemand. Selbst die größten Trickser vom Geheimdienst nicht. Der Bahnsteig führte direkt auf eine Sperre zu, die das Bahngelände von den Kais trennte. Die Sperre war zwar verschlossen, ein Hindernis bedeutete sie aber nicht.
Wir waren die einzigen Personen. Der Wind frischte nahe am Wasser immer auf. Kalt fuhr er gegen uns, ich spürte ihn auf der Haut, hörte das Rauschen des Wassers und mußte als einer der ersten die Sperre überklettern. Wir ließen den Zug zurück.
Er war zu einem Stück schrecklicher Vergangenheit geworden, die Zukunft lag dicht vor uns, eben das Schiff.
Hinter mir hörte ich die leisen Stimmen der Gefangenen. Auch die Frauen hielten sich gut. Keine von ihnen weinte, ein jeder trug sein Schicksal mit Fassung.
Und ich dachte an meine Waffen. Irgendwann mußte es einfach eine Möglichkeit geben, sie einzusetzen. Zu lange durfte ich nicht mehr warten. Allmählich bekam ich das Gefühl, daß es keine günstige Gelegenheit mehr geben würde.
Ich schämte zurück, ohne mein Schrittempo zu vermindern. Was ich zu sehen bekam, war nicht gerade ermutigend. Drei Werwölfe hatten die Menschen in ihre Mitte genommen. Wenn sich eine der Geiseln falschbewegte, würde sie sofort getötet.
Ich konnte das Risiko nicht eingehen. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiterhin auf eine günstige Gelegenheit zu hoffen oder sie zu suchen.
Wir schritten quer über den Kai. Bis auf uns war es menschenleer.
Vor uns dümpelten die Ausflugsboote. Sie lagen mit dem Bug gegen die Strömung. Zwischen zwei von ihnen befand sich jedesmal ein Steg, über den die Passagiere die Schiffe betreten konnten.
Ich zählte sie schnell.
Es waren acht weiß gestrichene Boote
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