0374 - Ein Mörder rechnet zweimal ab
wollte, daß mein Klient versucht habe, einen Killer zu finden. Ich traf Mr. Tresoro gestern abend bei meinem Bummel durch die Lokale. Rein zufällig. Sonst habe ich nichts mit ihm zu tun. Jetzt bin ich nur hier, um mich noch einmal von dem Gesagten zu überzeugen, denn schließlich muß ich ja wissen, ob ich es verantworten kann, meinen Klienten weiterhin…«
»Es reicht«, sagte ich. »Sie sollen kein Plädoyer in eigener Sache halten. Niemand kann Ihnen verbieten, Dominik Tresoro aufzusuchen.«
Der Detektiv lächelte erleichtert. »Ich wußte, daß Sie keine voreiligen Schlüsse ziehen, Mr. Cotton.«
Ich blickte den Rothaarigen an. »Erzählen Sie mir bitte genau, was vorgestern abend in der ›Grünen Lady‹ passiert ist.«
»Ich saß an einem Tisch und aß ein Steak. Da kam der weißhaarige Kerl und setzte sich neben mich. Er fragte, ob ich Lust hätte, mir mit ’nem leichten Job tausend Bucks zu verdienen. Natürlich hatte ich Lust. Ich sagte es ihm. Er klappte seine Brieftasche auf und zeigte mir den Schein. Dann erklärte der Kerl, daß es darum ginge, jemanden umzubringen. Da sagte ich, daß ich gerade erst aus dem Knast gekommen sei und keine Lust hätte, jetzt auf dem elektrischen Stuhl zu landen, er solle sich zum Teufel scheren. Darauf stand er auf und ging hinaus.«
»Wissen Sie, wie der Weißhaarige heißt?«
Tresoro schüttelte den Kopf.
»Sie haben es ihm nicht gesagt?« meine Frage galt dem Detektiv.
»Ich habe nur von .meinem Klienten gesprochen.«
»Hat der Weißhaarige angedeutet, wie sich der Mordauftrag gestalten soll, Tresoro? Hat er Ihnen einen Hinweis auf das Opfer gegeben?«
»Weder das eine noch das andere.«
»Hat er nicht gesagt, daß es eine leichte Sache sei?«
»Ja, das hat er. Er meinte, es sei kein Risiko dabei. Noch niemals wäre ein Mord so leicht gewesen.«
»Was? Noch niemals wäre ein Mord so leicht gewesen?«
Tresoro biß sich plötzlich hart auf die Lippen. Für die Dauer von ein paar Atemzügen verkrampfte sich sein Gesicht. Es sah aus, als ärgere er sich darüber, daß er bereits zuviel verraten hätte.
»Er hat also gesagt, noch niemals wäre ein Mord so leicht gewesen. Stimmt das?«
»Ja, ich glaube. Vielleicht habe ich mich aber verhört. Ich könnte es nicht beschwören.«
Ich zog mein Taschentuch hervor und wischte mir übers Gesicht. In dem Raum herrschte eine fast unerträgliche Hitze.
»Wenn Sie dem Mann mal wieder über den Weg laufen sollten, dann kümmern Sie sich nicht um ihn.«
Der ehemalige Zuchthäusler erwiderte nichts.
Ich verließ Wilsons Pension, ging zum Jaguar, stieg ein und wartete. Die Pension behielt ich im Auge.
Es vergingen etwa drei Minuten. Dann öffnete sich die Tür, und Frank Zwillingers athletische Figur tauchte auf. Er spähte die Straße hinauf und hinab, bemerkte natürlich meinen Jaguar, wandte sich in entgegengesetzte Richtung und stiefelte davon.
Ich verfolgte ihn mit Blicken, bis er um die Ecke bog und in der Park Street verschwand.
Ich fuhr zum FBI-Gebäude zurück. Den Wagen ließ ich vor dem Haupteingang auf der 69. Straße stehen. Ich ging in mein Büro, riß die Fenster auf, griff nach einem Schnellhefter und fächelte damit die verbrauchte Luft hinaus.
Um 12 Uhr rief mich der Chef an.
»Ihre Kollegen, Jerry, haben ausgezeichnete Arbeit geleistet. Es ist ihnen gelungen, im Laufe eines Vormittags eine Menge Material über Jack Kovar zusammenzutragen. Bitte, kommen Sie in mein Office, Jerry. Wir wollen die Dinge mal Punkt für Punkt durchgehen.«
Ich ging zum Chefbüro und nahm vor Mr. Highs Schreibtisch Platz.
»Sechs Leute habe ich eingesetzt«, sagte der Chef. »Hören Sie sich mal das Ergebnis an.« Er griff zu einem Halbdutzend betippter Blätter. »Zunächst: Jack Kovar ist Redakteur bei der ›Tribune‹, gilt als sehr befähigt, verdient 1500 Dollar pro Monat, ist den Lesern jedoch namentlich kaum bekannt, weil er nur selten schreibt. Seine Fähigkeiten liegen mehr auf dem Gebiet der Organisation, der Werbung, des Umbruchs und so weiter. Er gilt als ausgezeichneter Kontaktmann. Immer, wenn neue Fäden geknüpft werden sollen, schickt man ihn vor.«
»Es ist also ziemlich unwahrscheinlich, daß er sich auf eigene Faust in die Unterwelt begibt und eine Reportage über die Schwierigkeiten, einen Mörder zu engagieren, schreibt.«
»Richtig. Man kann sogar noch weiter gehen und sagen, daß Kovar eine derartige Absicht bestimmt nicht verfolgt. Denn solche Reportagen werden nur gemacht, wenn vom
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