0374 - Ein Mörder rechnet zweimal ab
Zigarette an und dachte nach. Wer hatte eben angerufen? Kovar? Warum hatte der Anrufer sich nicht gemeldet? Es gab nur einen einleuchtenden Grund. Der Anrufer mußte meine Stimme erkannt haben.
Mrs. Kovar kam aus dem Schlafzimmer, sie hatte sich einen Morgenmantel übergezogen.
»Können Sie sich vorstellen, wohin Ihr Mann gegangen ist?« fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf.
»Sie wissen, daß ich ihn um neun abholen wollte. Er wußte das auch. Aber er ist noch während der Nacht verschwunden. Sie werden zugeben, daß dieses Verhalten verdächtig ist.«
Die Frau gab keine Antwort. Unter ihren Augen lagen tiefe blaue Schatten. Das Gesicht war müde und leer.
Nach einer Minute etwa sagte sie: »Ich muß mich jetzt um die Kinder kümmern, Mr. Cotton.«
»Bitte sehr. Ich warte noch auf einen Anruf.«
Er kam zehn Minuten später. Mr. High teilte mir mit, daß er telefonisch mit Max Hait gesprochen habe. Der Makler war sehr bestürzt, als er hörte, in welchem Verdacht Jack Kovar stand. Hait war damit einverstanden, zwei G-men in seinem Hause unterzubringen. Nach seinem Verhältnis zu Kovar befragt, hatte er erklärt, daß er sich mit seinem Neffen im allgemeinen gut vertrage. Jack Kovar war der Alleinerbe, da Hait unverheiratet und kinderlos war und sich mit seinen übrigen Verwandten offenbar nicht gut stand.
Ich besprach mit dem Chef die nächsten Schritte, die wir unternehmen wollten. Wir kamen überein, daß eine Großfahndung nach Jack Kovar noch nicht gerechtfertigt wäre. Denn außer einem Verdacht hatten wir nichts. Die gesetzliche Handhabe fehlte.
Wie ich inzwischen festgestellt hatte, war Kovar ohne seinen Wagen verschwunden.
Von Mrs. Kovar, die völlig apathisch war, ließ ich mir die Adresse von der Zwillingsschwester geben. Helen Filmark wohnte in der Park Avenue Nummer 1177. Die Frau war Mannequin bei einem bekannten New Yorker Modesalon.
***
Es war ein mächtiger, wettergrauei Steinkasten, der vermutlich um die Jahrhundertwende erbaut worden war. Helen Filmarks Apartment lag im vierten Stock auf der Straßenseite. Ich hatte Glück. Sie war zu Hause. Als sie mir öffnete, lächelte sie freundlich.
»Guten Tag, Miß Filmark«, sagte ich. »Hoffentlich störe ich nicht. Ich bin gekommen, um mit Ihnen über Mr. Kovar zu sprechen. Er ist seit heute nacht um eins verschwunden. Ihrer Schwester hat er zuvor ein Schlafmittel verabreicht.« Die schöne Frau blickte mich entsetzt an. »Jack ist verschwunden?«
»Es sieht so aus.«
Sie war völlig verstört. Dann besann sie sich und forderte mich zum Eintreten auf.
Das Apartment war modern und freundlich eingerichtet.
»Bitte, nehmen Sie Platz, Mr. Cotton.« Ich erzählte, was bei den Kovars vorgefallen war. »Zu Ihnen, Miß Filmark«, schloß ich, »bin ich gekommen, weil ich hoffe, daß Sie mir helfen können. Bei der Suche nach Jack Kovar.«
»Ich werde Ihnen nicht viel helfen können, Mr. Cotton. Ich weiß so wenig wie Sie, was Jack vorhat — ob er überhaupt etwas vorhat. Wenn er sich aus irgendeinem Grunde versteckt hält, dann kommt jedoch meiner Meinung nach nur die Jagdhütte in Frage.«
»Die Jagdhütte? Haben die Kovars eine Jagdhütte?«
»Etwa hundert Meilen von hier. In den Ramapo Mountains, nordwestlich von Darlington. Es ist eine kleine Jagdhütte, aus roh behauenen Stämmen gezimmert. Sie liegt in einem einsamen, kaum zugänglichen Tal. Die letzten paar hundert Yard muß man zu Fuß gehen, weil sich der Weg zu einem sehr schmalen Pfad verjüngt. Ein Wagen paßt dort nicht mehr durch. Das Tal ist bewaldet. Die Hütte steht' auf einer kleinen Lichtung.«
»Haben die Kovars die Hütte selbst gebaut?«
»Nein. Jack hat sie vor vier Jahren von einem Jagdaufseher gekauft. Er benutzt sie jedoch nur, um dort ungestört Ferien machen zu können.«
»Hundert Meilen. Ich nehme an, Luftlinie.«
»Ja.«
»Selbst wenn die Straßen sehr schlecht sind, kann ich es in drei Stunden mit meinem Jaguar schaffen. Aber allein finde ich die Hütte sicherlich nicht, oder nur nach stundenlangem Suchen. Heute ist Samstag. Ich nehme an, Sie haben frei. Wollen Sie einem G-man den Dienst versüßen und ihn in die Ramapo Berge begleiten?«
»Gern.«
***
Eine Stunde später zischten wir auf dem 17. US-Highway durch den Nachbarstaat New Jersey. Es war heiß. Ich hatte die Seitenscheiben heruntergekurbelt, und der Fahrtwind orgelte uns um die Ohren. Ich fuhr fast Spitzengeschwindigkeit und mußte mich konzentrieren.
Auf Helens Weisung verließ ich nach
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