0374 - Ein Mörder rechnet zweimal ab
verschwunden. Frank Zwillinger wurde beschattet. Aber er benahm sich so unverdächtig, daß die Überwachung nach vier Tagen eingestellt wurde. Ich nahm mir Louis Aguda vor. Aber dabei kam nicht viel Neues ans Licht. Der Penner gab jedoch zu, daß er zu Schilsky über jenes seltsame Angebot gesprochen hatte, das Kovar ihm, Aguda, an jenem Abend gemacht hatte. Von da aus hatte sich die Kunde wie ein Lauffeuer durch die Bowery ausgebreitet.
Was uns zu denken gab, war die Tatsache, daß Kovar so gut wie nichts mitgenommen hatte. Unsere Suche nach einem Taxifahrer, der ihn befördert haben könnte, blieb vergeblich. An den Bahnhöfen und auf dem Flugplatz erinnerte sich niemand an Kovar. Aber das besagte natürlich nicht, daß Kovar nicht eines dieser Verkehrsmittel benutzt haben konnte, um New York zu verlassen.
Außer der Tausend-Dollar-Note konnte Kovar nur ein bißchen Kleingeld bei sich haben.
Wir standen vor einem Rätsel, und die einzige Erklärung, die uns einfiel, war: Kovar mußte geisteskrank sein.
Versteht sich, daß wir inzwischen über die Vermißten-Polizei eine Fahndung angekurbelt hatten, die sich über alle US-Staaten erstreckte.
Als ich am Mittwochabend mit dem Schlüssel im Schloß meiner Wohnungstür herumstocherte, hörte ich schon das Telefon klingeln. Ich beeilte mich, daß ich an den Hörer kam. Der Anruf kam vom FBI-Gebäude. Und was man mir berichtete, ließ auch den letzten Alkoholnebel aus meinem Kopf davonflattern.
***
Tucson liegt im Süden von Arizona.
Als ich das Flugzeug verließ und auf die Gangway trat traf mich die Hitze wie ein Schlag. Aber in der Flughafenhalle war es angenehm kühl.
Vor dem Gebäude stand ein Dutzend Taxis. Ich stieg in das erste und sagte: »Grand Road.«
Der bananengelbe Fahrer nickte, strich sich über den schwarzen Schnurrbart und brauste los. Eine Viertelstunde später erreichten wir die Grand Road. An der Ecke zum Dodge Boulevard stieg ich aus und entlohnte den Fahrer.
Ich blickte mich um und sah das Gebäude. Es war sechsstöckig, modern und schien zu achtzig Prozent aus Stahl und Glas zu bestehen. Das FBI-Büro von Tucson lag im zweiten Stock.
Ich benutzte den Lift. Im zweiten Stock war es kühl. Ein schwacher Geruch von Desinfektionsmitteln lag in dem Gang, von dem mindestens zwanzig Türen abzweigten.
Die Tür mit der Nummer 34 war die richtige. Ihr oberes Drittel bestand aus Milchglas. Darauf glänzten die Worte »Federal Bureau of Investigation.«
Ich klopfte.
»Herein.« Es war eine frische Mädchenstimme.
Ich öffnete die Tür, trat in das kleine, sonnendurchflutete Büro und zog vor dem Girl, das hinter einem Schreibtisch saß, meinen Hut.
»Mein Name ist Cotton. Ich komme aus New York.«
»Sie sind angemeldet, Mr. Cotton. Augenblick bitte, ich sage Mr. Elsner Bescheid.«
Elsner war einer der zwölf G-men, die in Tucson Dienst taten. Das Girl nahm den Hörer eines weißen Telefons ans Ohr und sagte:
»Mr. Cotton ist eingetroffen.«
Dann stand sie auf, ging zu der Tür, die in den Nebenraum führte, und sagte: »Bitte, kommen Sie, Mr. Cotton!« und zog die Tür vor mir auf.
Elsner kam mir lächelnd entgegen. Er war in meinem Alter, sonnengebräunt und drahtig. Er sah ein bißchen wie der Captain einer Baseballmannschaft aus. Er begrüßte mich freundlich, legte mir die Unterlagen vor und ließ eisgekühlten Kaffee kommen.
Als die Schatten auf den Straßen länger wurden, verließen wir das FBI-Hauptquartier und gingen zu Fuß ein Stück den Dodge Boulevard hinauf. Es war immer noch warm. Aber die Wärme war jetzt gedämpfter und irgendwie behaglicher als die grelle Mittagsglut der schon fast mexikanischen Sonne.
Wir betraten ein großes Gebäude, Elsner sprach mit einem Mann im weißen Kittel. Wir wurden einen langen Gang entlang geführt. Dann ging es zwei Treppen hinunter. Hinter einer Stahltür war es empfindlich kalt. Der Raum war groß und enthielt rechts und links an den Wänden Kühlfächer mit großen Klapptüren. Aus einem der Fächer zog der Mann im weißen Kittel eine Bahre. Er schlug das Tuch zurück, und ich blickte in das Gesicht des Toten. Es war Jack Kovar.
Eine Daumenbreite oberhalb der Nasenwurzel hatte ihn die Kugel getroffen. Es war ein kleines häßliches schwarzes Loch. Es mußte eine Kugel von geringem Kaliber gewesen sein. Nach meiner Schätzung hatte der Mörder eine 22er Pistole benutzt.
Die Haut rund um die Einschußstelle war versengt. Es bestand kein Zweifel, daß der tödliche Schuß aus geringer
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