0378 - Aufstand der Henker
wie ein Rasiermesser. »Du wirst dorthin gehen, wohin ich dir zu gehen befehle.« Dorewsky tat einen Schritt' auf den Gang-Chef zu. Ihm fiel es schwer, Worte zu artikulieren. Nur die Hälfte seiner Sätze war verständlich.
»Ich bin doch nicht lebensmüde… begehe nicht Selbstmord. Ich… den Koffer. Dann die Bullen. Marc und Rey knallen mich auf der Stelle nieder.« Howell war an die merkwürdige Sprechweise seines Gorillas gewöhnt. Er verstand, was er meinte.
»Mach dir keine Sorgen, Stan. Die G-men werden für deinen Schutz sorgen.«
Dorewsky starrte Phil und mich aus seinen trüben Augen an.
»Die…«, stieß er hervor. »Die benutzen… Gelegenheit. Knallen mich gleich mit ab.«
David Howell schoß aus seinem Sessel hoch. Plötzlich waren die künstlich anerzogenen, steifen Bewegungen eines englischen Lords vergessen. Mit wenigen, schleichenden, pantherartigen Sätzen stand er vor Dorewsky, und eigentlich begriff ich in dieser Sekunde zum erstenmal, daß David Howell, dessen vornehmes Gehabe auf uns immer etwas lächerlich wirkte, als Gangster nicht weniger gefährlich war als alle anderen.
»Muß ich dir mal wieder klarmachen, wer hier die Befehle erteilt?«
Dorewsky zog den viereckigen Schädel zwischen die Schultern.
»Arbeite nicht für Bullen«, knurrte er.
Howell hob die Hand. Ein halbes Dutzend Ohrfeigen klatschten in das Gesicht des anderen.
Stan Dorewsky prallte einen Schritt zurück. Auf seiner Wange zeigte sich eine blutige Schramme von Howells Siegelring. Sein breiter Mund stand offen, und sein Atem ging keuchend. In den sonst so trüben Augen flackerte ein böses Licht. Unwillkürlich stemmte ich die Hände auf die Sessellehnen, um aufspringen zu können, falls es notwendig werden sollte.
Es wurde nicht notwendig. Howell legte die Hände in die Hüften.
»Hast du kapiert?« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung Tür. »Und jetzt ’raus!«
Noch fünf Sekunden lang stierte Dorewsky seinen Chef an, dann senkte er den Kopf, drehte sich auf dem Absatz um und schlurfte mit seinem plattfüßigen Bärengang zur Tür. Howell sah ihm nach und lächelte.
Gelassen nahm er wieder in seinem Sessel Platz.
»Bitte, entschuldigen Sie die Szene«, säuselte er vornehm.
»Radoc und Lickstead sind von ihren eigenen Henkern erschossen worden. Mir scheint, Howell, dir könnte eines Tages das gleiche Schicksal blühen.«
Er schnippte mit den Fingern.
»Sie reden Unsinn, G-man. Stan ist nur ein Knecht, dem von Zeit zu Zeit gezeigt werden muß, daß er einfach nicht genug Verstand besitzt, um über irgend etwas eine eigene Meinung zu haben. Radoc und Lickstead machten den Fehler, ihre Leute zu üppig werden zu lassen.«
»Immerhin besitzt Stan offensichtlich genug Verstand, um zu erkennen, daß er von Tyst und French zusammengeschossen wird, wenn sie erkennen, daß er sie in eine Falle gelockt hat.«
»Ich hoffe, Sie können das verhindern«, antwortete Howell in einer oberflächlichen Art, die deutlich zeigte, daß es ihm ziemlich gleichgültig war, ob wir es verhindern konnten oder nicht.
Wieder blickte er auf seine Armbanduhr, die mehr gekostet haben mochte, als Phil und ich zusammen in einem Monat verdienen.
»Noch zwanzig Minuten bis zu Tysts Anruf, falls er pünktlich ist«, stellte er fest. »Wollen Sie warten? Sie können das Gespräch mithören. Ich habe einen Apparat mit einem zweiten Hörer. Sie sehen, ich spiele mit offenen Karten.«
»Wir warten.«
Der Anruf kam erst eine Viertelstunde nach zwei Uhr.
Howell hob den Hörer ab, meldete sich und machte mir ein Zeichen, den zweiten Hörer zu nehmen.
Ich vernahm Tysts metallische Stimme:
»… dir überlegt, Dave?«
Howell spielte seine Rolle nicht schlecht.
»Was machst du, wenn ich ablehne?«
»Ich habe es dir gesagt, Dave! Wir blasen die Jagd auf dich an.«
Howell lachte dünn. »Ich kann mich an die Polizei wenden, Marc. Sie müßten meine Überwachung übernehmen, und ihr könntet euch mit den Cops und G-men herumschlagen. Nicht sehr angenehm für euch, wie?«
Tyst war um eine Antwort nicht verlegen.
»Nicht sehr angenehm für dich, Dave, bei jedem Schritt über Cops zu stolpern. Wie willst du deine Geschäfte in Gang halten, wenn die Bullen um dich herumschwirren wie Motten ums Licht?«
Ich grinste Howell an. Er schluckte und wechselte rasch das Thema.
»Okay, wenn ich euch mit dem versorge, was ihr braucht… was geschieht dann?«
»Das geht dich zwar nichts an, aber es ist wichtig für uns, mit einem bestimmten Mann
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