0378 - Aufstand der Henker
dem Wege geräumt hätte, aber er verschwieg, daß er Sie als Zeuge fürchten muß, Mr. G-man. Er sagte nur, daß er sich in vorübergehenden Schwierigkeiten befände, und er verlangte von mir Hilfe.«
»Hilfe in welcher Form?«
Howell suchte nach den passenden Worten, bevor er antwortete:
»Geld und bestimmte… hm… Ausrüstungsgegenstände.«
Er lächelte ein sparsames Lächeln. »Marc Tyst scheint mich für einen Waffenhändler zu halten. Er wünschte zwei Maschinenpistolen mit der entsprechenden Munition, und er fragte mich, ob ich auch Handgranaten besorgen könnte.«
»Ich bin überzeugt, daß Sie ihm das Spielzeug besorgen könnten, wenn Sie wollten, aber Sie haben abgelehnt, nicht wahr? Niemand drückt dem eigenen Totengräber den Spaten in die Hand.«
»Ich habe nicht abgelehnt«, antwortete der Gang-Chef. »Ich hielt es für richtiger, Tyst im unklaren zu lassen. Genauer gesagt — ich ließ ihn sogar in dem Glauben, ich hätte Angst vor ihm.«
»Er hat gedroht?«
»Für den Fall, daß ich nicht auf seine Wünsche einginge, versprach er mir das gleiche Schicksal wie Radoc und Lickstead.«
»Was wollen Sie unternehmen, um den Chefs Ihrer Konkurrenz-Gangs nicht nachgeschickt zu werden?«
»Ich könnte mich natürlich selbst schützen, aber in diesem Falle halte ich es für richtig, mit dem FBI zusammenzuarbeiten, trotz aller Differenzen, die zwischen Ihnen und mir bestehen. Als guter Staatsbürger möchte ich Ihnen helfen, zwei gefährliche Mörder zu fassen.«
Ich lachte auf, und ich denke, es war ein verdammt bitteres Lachen.
»Vielen Dank, Mr. Howell. Ihre Rechnung geht glatt auf Radoc und Lickstead sind tot, und wenn wir Ihnen nun noch Rey French und Marc Tyst aus dem Wege räumen, dann haben Sie freie Bahn. Dann steht Ihnen der Weg zum alleinigen Boß der New Yorker Unterwelt offen.«
Er blickte mich fast gelangweilt an. »Soll das heißen, daß Sie mir nicht helfen wollen, zwei Mörder zu fassen?«
»Natürlich werden wir ihnen helfen«, fauchte ich wütend. »Uns bleibt keine andere Wahl. Es ist unsere Pflicht, alles zu unternehmen, um zwei Mörder zu fangen, auch wenn wir damit einem dritten Ganoven erst recht in den Sattel helfen.«
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich entschließen könnten, höflicher mit mir zu reden«, lispelte er, und sein hochnäsiges Gesäusel reizte mich so, daß ich es in meiner Faust zucken fühlte.
»Haben Sie schon einen Plan?« knurrte ich.
»Der Plan ist sehr einfach.« Er zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf den unbeweglichen Dorewsky. »Stan wird einen Koffer, der angeblich die gewünschten Gegenstände und eine Dollarsumme enthält, zu einem Treffpunkt tragen. Diesen Treffpunkt werde ich mit Tyst bei seinem nächsten Anruf vereinbaren.«
Er blickte auf die vornehmschlichte Armbanduhr an seinem Handgelenk. »Tyst wollte gegen zwei Uhr wieder anrufen. Ich werde ihm sagen, ich könnte die Sachen erst heute abend beschaffen. Auf diese Weise gewinnen Sie genügend Zeit für Ihre Vorbereitungen.«
Ich blickte zu Dorewsky hinüber. Der Ausdruck seines verbeulten Gesichts veränderte sich nicht. Ich war nicht sicher, ob er die Bedeutung der Worte seines Chefs überhaupt erfaßt hatte. Stans Gehirn arbeitete mächtig langsam, und zeitweise schien es jegliche Tätigkeit eingestellt zu haben.
»An welchen Treffpunkt dachten Sie?« fragte ich Howell.
»Ich fürchte, die Wahl müssen wir Tyst überlassen. Sicherlich würde es seinen Verdacht erregen, wenn ich von mir aus einen bestimmten Platz vorschlüge. Ich denke, dem FBI bereitet es keine Schwierigkeiten, jede Stelle New Yorks so abzuriegeln, daß Tyst und French aus der Falle nicht mehr entwischen können.«
»Selbstverständlich. Aber was wird aus Dorewsky?«
David Howell zog die dünnen Augenbrauen hoch.
»Was meinen Sie? Was soll aus ihm werden?«
Bevor ich antworten konnte, knurrte Dorewsky mit einer Stimme, die so -rauh und holpernd war wie das Rumpeln eines Karren, der über schlechtes Pflaster gezogen wird:
»Laß mich aus der Sache ’raus, Dave!«
Howell wandte den Kopf.
***
»Was sagst du, Stan?«
Dorewsky hatte die verschränkten Arme gelöst. Sie baumelten an seinen Schultern wie die überlangen Arme eines Gorillas.
»Ich will mit der ganzen Geschichte nichts zu schaffen haben«, grunzte er. »Schlepp deinen Koffer selbst!«
Howell zog die Oberlippe von den Zähnen.
»Bist du übergeschnappt, mein Junge?« fragte er leise, aber mit einer Stimme, die so schneidend war
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