0378 - Mörder-Totem
Schwarze Magie, auch nicht in winzigen Spuren. Also hatte der Pfahl wohl in diesem Fall keine besondere Bedeutung. Es mochte Zufall sein, daß der Tote ausgerechnet hier gefunden worden war. Aber Zamorra hatte die Überprüfung vornehmen müssen. Er wollte sich nicht hinterher sagen müssen, einen Unterlassungsfehler begangen zu haben.
Als er zu Tendyke und den ordentlich, aber recht luftig bekleideten Mädchen zurückkehrte, näherte sich vom Pueblo her ein untersetzter Mann in abgewetzten Jeans und mit aufwendiger Perlenstickerei versehenem Hemd. Er trug einen flachen Strohhut, an dem eine Handvoll großer bunter Federn steckte. Etwa gleichzeitig kamen sie bei Tendyke und den anderen an.
Der Indianer verzog das Gesicht zur Andeutung eines Lächelns und hob die Hand zum Gruß. »Seid willkommen. Ich bin froh, daß du hier bist, um uns zu helfen, Robert. Mein Heim soll dein Heim sein, und das gilt auch für die, die du als deine Freunde mitgebracht hast.«
Für Zamorras Begriffe war diese Begrüßung außerordentlich herzlich. Er hatte Indianer schon weitaus zurückhaltender erlebt. Tendyke stellte ihn und die Mädchen vor. Whity Spear, der Pueblo-Häuptling, lächelte wieder. »Du bist gesegnet, Robert, zwei Frauen zugleich zu haben…«
»He, langsam, Bruder«, wehrte Tendyke ab. »Davon ist keine Rede. Wir sind gut befreundet, Partner.«
»Ja, so würde ich es auch sagen, wenn ich mich dem Gesetz beugen müßte«, grinste der Häuptling. Aber er wurde sofort wieder ernst.
»Ihr müßt uns helfen«, sagte er. »Heute nacht starb wirder einer von uns. Jede Nacht ein Opfer. Wir können uns ausrechnen, wann es unseren Puma-Clan nicht mehr gibt. Und wir können den Mörder nicht finden. Alekko hat sich gut versteckt. Es ist, als löste er sich in Luft auf, wenn man nach ihm sucht.«
»Wir finden ihn«, versprach Zamorra.
Der Häuptling sah ihn an und betrachtete das silberne, handtellergroße Amulett, das vor Zamorras Brust hing.
»Findet ihn, ehe er wieder mordet«, bat er. »Könnt ihr das?«
»Hoffentlich«, sagte Zamorra. »Ich verspreche nichts, aber wir versuchen es. Unter welchen Umständen sind die Opfer gestorben? Ich meine, befanden sie sich innerhalb ihrer Wohnungen im Pueblo, oder waren sie draußen?«
»Niemand weiß es«, sagte White Spear. »Ich nehme an, daß sie im Freien waren, denn kaum einer von uns wohnt allein, und seine Frau oder ihr Mann würde es doch bemerken, wenn der Mörder herein käme…«
»Es sind also Menschen beiderlei Geschlechts getötet worden?« fragte Tendyke.
»In der letzten Nacht starb Katzenblume, ein bildschönes, junges Mädchen«, sagte der Häuptling bitter. »Auch sie fanden wir am Totempfahl.«
»Warum immer am Pfahl?« fragte Zamorra. »Ich habe ihn eben untersucht. Es geht keine magische Kraft von ihm aus.«
»Niemand weiß es, und an Tamo Alekko kann es auch nicht liegen. Der Mörder hat keine engere Beziehung zum Totem als wir anderen auch.«
»Vielleicht ist es die Zugehörigkeit zum Puma-Clan, die ihn zwingt, die Opfer zum Totem zu bringen«, überlegte Zamorra. »Aber - verflixt, müssen wir das hier in der sengenden Sonne besprechen? Sie sagten vorhin, Ihr Heim sei auch unser Heim, Häuptling. Ich würde etwas Schatten vorziehen.«
»Selbstverständlich. Kommen Sie mit, Sir. Sie werden allerdings ein wenig klettern müssen; hoffentlich bekommt ihr weißer Anzug dabei keine Flecken.«
»Die lassen sich auswaschen«, grinste Zamorra.
Wenig später sah er zum ersten Mal in seinem Leben ein Pueblo von innen.
***
Zamorra erfuhr, daß die Hopi eine Untergruppe der Shoshones waren und die am westlichsten angesiedelten Pueblo-Indianer waren. Sie erarbeiteten ihren Lebensunterhalt durch Farmwirtschaft mit Mais, Bohnen, Kürbissen, Baumwolle und Obst, und betrieben nebenher noch wie in uralten Zeiten ein wenig Töpferei und Korbflechten. Die Hopi waren in mutterrechtlich regierten Clans organisiert, in denen Geheimbünde und die Schlangentänze, die auch diese Pueblo-Bewohner den Touristen vorführten, an der Tagesordnung waren.
»Etwas geht mir da nicht so recht in den Kopf«, sagte Zamorra. »Mutterrechtlich organisiert, und dann ein Mann als Häuptling?«
White Spear hob die Schultern.
»Ist das so unverständlich?« fragte er. »Nicht nur bei uns, sondern auch bei nahezu allen anderen Stämmen - gibt es den Häuptling und den Rat der Alten, aber keine wirklich wichtige Entscheidung wird getroffen, ohne daß vorher die Frauen befragt worden
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