Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
038 - Der Rächer

038 - Der Rächer

Titel: 038 - Der Rächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
Unkraut und Sträuchern. Wo einst die früheren, vornehmen Bewohner Kricket und Golf spielten, wuchsen jetzt Disteln und wilde Kamillen, Mike Brixan sah auf den ersten Blick, dass nur ein Teil des Hauses bewohnt war, denn nur in einem Flügel waren die Fensterscheiben unversehrt. Fast alle anderen waren zerbrochen oder mit Staub und Spinnweben bedeckt, so dass man hätte meinen können, sie seien mit Ölfarbe gestrichen.
    Er war belustigt und erstaunt, als er zum erstenmal die sonderbare Erscheinung Mr. Sampson Longvales sah, der aus seinem Haus trat, um die Gesellschaft zu begrüßen. Sein kahler Kopf leuchtete in der Nachmittagssonne. In seinen rehfarbenen Hosen, seiner Samtweste und dem altväterlichen Spazierstock sah er genauso aus, wie Gregory ihn beschrieben hatte.
    »Ich freue mich sehr, Sie bei mir zu sehen, Mr. Knebworth. Ich habe allerdings nur ein sehr bescheidenes Haus, aber ich entbiete Ihnen einen um so herzlicheren Willkommensgruß. In meinem kleinen Speisezimmer ist Tee serviert. Wollen Sie mir bitte die Mitglieder Ihrer Gesellschaft vorstellen?«
    Diese Höflichkeit und Würde einer früheren Zeit entzückten Mike Brixan, und er fühlte sich zu dem alten Herrn hingezogen, der in diese moderne Zeit einen Schimmer liebenswerter Vergangenheit hineintrug.
    »Ich möchte gern noch eine Szene aufnehmen, bevor das Licht zu schlecht wird, Mr. Longvale«, sagte der Direktor. »Wenn Sie nichts dagegen haben, dass der Tee schnell eingenommen wird, kann ich den Schauspielern noch eine Viertelstunde Zeit geben.« Er sah sich um. »Wo ist Foß?« fragte er. »Ich muss noch etwas an der einen Szene ändern.« »Mr. Foß wollte zu Fuß von Griff Towers nachkommen«, sagte einer der Leute. »Er blieb noch zurück, um mit Sir Gregory zu sprechen.«
    Jack Knebworth war wütend auf seinen saumseligen Dramaturgen. »Hoffentlich ist er nicht dort geblieben, um sich wieder Geld zu borgen«, sagte er ungehalten zu Mike. »Der Mensch wird mir noch meinen ganzen Kredit verderben, wenn ich ihm nicht auf die Finger sehe.«
    Anscheinend hatte er seine Abneigung gegen den neuen Statisten überwunden und fühlte, dass niemand sonst unter der ganzen Gesellschaft war, den er ins Vertrauen ziehen konnte, ohne die Disziplin zu untergraben. »Neigt er denn zum Schuldenmachen?« fragte Brixan.
    »Er hat niemals Geld und versucht sich immer etwas durch irgendwelche faulen Tricks zu verdienen. Dabei fällt er dann gewöhnlich herein und hat nachher weniger als zuvor. Wenn ein Mensch erst so anfängt, dann ist er nicht mehr weit vom Gefängnis entfernt. - Wollen Sie die Nacht auch hier bleiben? Ich glaube nicht, dass Sie hier schlafen können. Sie werden wahrscheinlich nach London zurückkehren?«
    »Heute Abend nicht«, sagte Mike ruhig. »Machen Sie sich aber meinetwegen keine Sorge. Ich möchte Ihnen ganz und gar keine Umstände machen.«
    »Kommen Sie, ich will Sie dem alten Herrn vorstellen«, sagte Knebworth leise. »Er ist ein sonderbarer Kauz, aber gutherzig wie ein Kind.«
    »Nach allem, was ich von ihm gesehen habe, gefällt er mir gut.«
    Als alle Mr. Longvale vorgestellt waren, sagte der alte Herr: »Ich fürchte, dass im Speisezimmer nicht genügend Platz ist. Deshalb habe ich eine kleine Tafel in meinem Studierzimmer decken lassen. Vielleicht nehmen Sie und Ihre Freunde den Tee dort ein.«
    »Oh, das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, Mr. Longvale. Habe ich Ihnen schon Mr. Brixan vorgestellt?«
    Der alte Mann nickte lächelnd.
    »Ich werde seinen Namen sowieso kaum behalten. Das ist eine ganz merkwürdige Schwäche, die sich schon bei meinem Urgroßonkel Charles zeigte. Als er seine Memoiren schrieb, brachte er alles durcheinander. Daher kommt es auch, dass man viele Erlebnisse, die er erzählte, später für erfunden hielt.« Er führte sie in einen schmalen Raum, der sich von der Vorder- bis zur Rückwand des Hauses ausdehnte. Dunkles Gebälk trug die Decke. Die Holztäfelung, die im Laufe der Zeit spiegelblank geworden war, schaute mindestens auf ein Alter von fünfhundert Jahren zurück. Hier hängen keine gekreuzten Schwerter über dem Kamin, dachte Mike Brixan und musste bei diesem Gedanken innerlich lächeln. Statt dessen sah er dort das Porträt eines schönen alten Herrn. Würde und Vornehmheit sprachen aus dem Gesicht und der anziehenden Erscheinung. Es lag etwas Grandioses in der Haltung dieses Mannes, das man am besten mit dem Wort »majestätisch« bezeichnen konnte.
    Longvale machte keine Bemerkung über das

Weitere Kostenlose Bücher