038 - Verbotene Sehnsucht
gefesselt.
Sam hielt sich zurück, wartete in sicherer Entfernung ab und wollte dann bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zuschlagen. Emeline saß mit ihrer Freundin Miss Fleming beisammen. Neben Emelines dunkler Schönheit verblasste ihre Freundin ein wenig, doch ihm war schon aufgefallen, dass ihrem scharfen Blick nicht eine seiner Bewegungen entging. Entweder hatte Emeline ihre Freundin eingeweiht, oder sie war selbst dahintergekommen. Aber da mochte Miss Fleming noch so ein guter Wachhund sein, er würde sie nicht zwischen sich und seine Beute kommen lassen.
Der bloße Gedanke ließ Sam gequält das Gesicht verziehen, und er musste sich abwenden. Noch nie hatte eine Frau bei ihm solch primitive, unbeherrschte Gefühle geweckt. Er merkte, wie er die Kontrolle über die Situation verlor - vielleicht längst alle Selbstbeherrschung verloren hatte und doch konnte er nicht anders. Er wollte sie. Ihre Zurückweisung fühlte sich an wie Eis, das einem zu lang auf die bloße Haut gedrückt wurde. Schmerzlich. Unerträglich. Sie hatte sich von ihm lieben lassen, hatte sich ihm hingegeben. Nun konnte sie sich ihm nicht einfach entziehen. Und das war nur das eine. Darunter tat sich eine Verletzung auf, die er sich kaum eingestehen wollte. Sie hatte ihn zutiefst verletzt, sowohl seinen Stolz als auch etwas seinem Wesen ganz Ursächliches. Eine Qual war es, diese Verletzung, eine Qual, der er ein Ende setzen musste.
Er brauchte sie.
„Gehst du nicht zum Kartenspiel?", fragte Rebecca neben ihm. Er hatte sie gar nicht kommen hören.
„Nein", sagte er abwesend.
„Dann solltest du aber zumindest aufhören, Lady Emeline anzustarren wie ein Hund, der nach einem leckeren Knochen lechzt."
„Tue ich das?"
„Ja, tust du", seufzte sie. „Fehlt nur noch, dass du gleich zu sabbern anfängst. Schön ist das nicht."
Er drehte sich zu ihr um und schaute sie fragend an. „Ist es so offensichtlich?"
„Für andere vielleicht nicht. Aber ich bin deine Schwester. Ich merke so etwas."
„Ja, das tust du." Er betrachtete sie nachdenklich. In ihrem gelben Kleid schien sie geradezu zu strahlen. Auf einmal ging
ihm auf, dass seine Schwester wohl eine der schönsten jungen Damen dieser Hausgesellschaft war. „Gefällt es dir hier eigentlich? Ich hatte ganz vergessen, dich zu fragen."
„Ja, doch. Es ist ... interessant." Sie schlug die Augen nieder, wich seinem Blick aus.
„Zuerst hatte ich Angst, dass niemand mit mir reden würde, aber dem ist nicht so.
Die anderen Damen sind sehr nett zu mir. Zumindest die meisten."
Er runzelte die Stirn. „Wer ist denn nicht nett zu dir?"
Ungeduldig winkte sie ab. „Niemand, nicht so wichtig. Mach dir deswegen keine Gedanken."
„Ich bin dein Bruder. Es ist praktisch meine Pflicht, mir deinetwegen Gedanken zu machen", versuchte er zu scherzen.
Doch seine Worte schienen nicht gut anzukommen, denn sie lächelte nicht, sondern betrachtete ihn nur mit fragendem Blick.
Er holte tief Luft und machte einen neuen Anlauf. „Mir ist aufgefallen, dass du häufig in Gesellschaft von Mr. Green warst."
„Ja ...", erwiderte Rebecca zögerlich und warf besagtem Gentleman einen verstohlenen Blick zu. Mr. Green saß drüben am Kartentisch.
Aber natürlich! Samuel kam sich wie ein Idiot vor. Rebecca hatte ihn gefragt, ob er nicht mitspielen wolle. Wahrscheinlich suchte sie nach einem Vorwand, in Mr. Greens Nähe zu sein. Lächelnd sah er sie an und reichte ihr seinen Arm. „Wollen wir Karten spielen gehen?"
Irritiert sah sie ihn an. „Ich dachte, du möchtest nicht spielen?"
„Vielleicht habe ich es mir ja anders überlegt."
Sie seufzte, als hätte er etwas unglaublich Dummes gesagt. „Samuel, du willst doch überhaupt nicht Karten spielen."
„Ja, aber ich dachte, du würdest spielen wollen", erwiderte er vorsichtig. Er kam sich vor, als suche er einen Pfad in dichtem Dickicht.
„Das wollte ich auch, aber nicht aus dem Grund, an den du denkst. Hast du Mr. Greens Lachen gehört?"
„Ja."
„Eben", sagte sie, als wäre die Sache damit geklärt. Sie verschränkte die Hände vor dem Bauch, als wappne sie sich für etwas. „Ich hörte, dass Mr. Craddock schon tot war, als ihr ihn befragen wolltet."
Argwöhnisch sah er sie an. „Stimmt."
„Das tut mir leid. Seine Witwe konnte euch vermutlich nicht weiterhelfen?"
„Nein. Wir werden mit unseren Ermittlungen warten müssen, bis wir wieder in London sind." Und dann würde er sich Thorn-ton vorknöpfen. Über Rebeccas Schulter sah
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