038 - Verbotene Sehnsucht
er, wie Emeline aufstand und aus der Bibliothek schlenderte.
Verdammt! „Entschuldige mich bitte."
„Ah, wahrscheinlich ist sie wieder geflüchtet", sagte Rebecca, ohne sich auch nur umzudrehen.
Er beugte sich über sie, streifte mit den Lippen ihre Schläfen und meinte: „Für eine kleine Schwester bekommst du ganz schön viel mit."
„Ja, ich dich auch", murmelte sie.
Verdutzt hielt er inne und sah sie an. Sie war jetzt eine erwachsene Frau, seine kleine Schwester, und er verstand sie nicht immer, aber natürlich liebte er sie.
Grinsend erwiderte er ihren besorgten Blick.
Und dann war er auch schon zur Tür hinaus und machte sich auf die Jagd.
Das hatte man davon, wenn man mit einem unkultivierten Kolonisten eine affaire de cœur unterhielt: Er verstand offensichtlich nicht, wann das Ganze vorbei war.
Nach einem kurzen Blick über die Schulter flüchtete Emeline in einen der schmalen, dunklen Gesindeflure. Obwohl nichts von dem verflixten Mann zu sehen war, spürte sie, dass er ihr auf den Fersen war. Jeder andere Gentleman - Gentleman, wohlgemerkt! - hätte längst begriffen, dass man ihm den Laufpass gegeben hatte.
Den ganzen Morgen war sie sorgsam darauf bedacht gewesen, ihn nicht anzuschauen, kein einziges Wort mit ihm zu wechseln. Sie hatte ihn geschnitten, als ob er gar nicht existiere, doch Samuel hatte einfach nicht aufgegeben. Das Schlimmste aber war, dass sie seine Beharrlichkeit in gewisser Weise erregend fand.
Was musste er sie begehren, um ihr derart nachzustellen! Das schmeichelte ihr natürlich.
Auf sehr enervierende Weise, versteht sich.
Emeline bog um eine Ecke und hatte längst keine Ahnung mehr, wo sie sich eigentlich befand, als auf einmal eine Hand aus dem Dunkel schoss und sie packte.
Emeline schrie auf. Es war Samuel, natürlich. Ehe sie sich's versah, hatte er sie hinter einen staubigen Vorhang gezerrt, hinter dem sich ein kleiner Alkoven befand, der allem Anschein nach als Vorratsraum diente - so genau konnte sie das nicht erkennen, aber an der Wand standen ein paar Fässer gestapelt. Ziemlich eng war es hier, weshalb sie sich dicht an ihn gedrängt fand, was sie abermals erschrocken aufschreien ließ.
„Schsch", murmelte er in höchst provozierender Manier an ihrem Haar, „nicht so laut."
„Mich hätte fast der Schlag getroffen", empörte sie sich. Nachdem es ohne erkennbare Wirkung geblieben war, sah sie davon ab, auf seine Brust einzuschlagen und ihn von sich stoßen zu wollen, ließ die Hände sinken und sah ihn finster an.
„Was soll das denn?"
„Ich wollte mit dir reden", sagte er leise. Seine Stimme klang eindringlich, ein wenig rau gar, und selbst durch alle sie trennenden Stoffschichten hindurch blieb ihr nicht verborgen, dass er recht erregt war. Geradezu gequält klang er. Eine kleine, keineswegs nette Stimme in ihr triumphierte. „Du hast es mir nicht gerade leicht gemacht", sagte er.
„Ja, weil ich nicht mit dir reden wollte", klärte sie ihn auf und wagte wider besseres Wissen einen erneuten Versuch, ihn von sich zu stoßen, aber er rührte sich nicht einen Deut von der Stelle.
„Du kratzbürstiges kleines Biest", sagte er.
„Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will auch nicht mit dir reden." Ihr Verdruss nahm Überhand, und sie hieb ihm doch noch einmal kräftig gegen die Brust. „Lass mich los!"
„Nein."
„Wir können so nicht weitermachen." Sie straffte das Kinn und sprach mit kalter, klarer Stimme. „Wir hatten ein paar vergnügliche Stunden, aber nun ist es vorbei."
„Das sehe ich anders."
„Es war nichts weiter als eine kleine Affäre auf dem Lande. Bald werden wir in die Stadt zurückkehren, und alles wird sein wie zuvor. Du wirst darüber hinwegkommen."
„Hast du damit oft Erfolg?" Ihre harschen Worte schienen ihn völlig kalt zu lassen.
Ja, plötzlich klang er geradezu belustigt.
„Womit?", fragte sie irritiert.
„Lassen andere Männer sich so von dir herumkommandieren?" Obwohl er leise sprach, klang seine Stimme ihr in dem schummerigen, beengten Alkoven laut in den Ohren. „Wahrscheinlich schon. Wenn deine spitze Zunge sie trifft, ziehen sie bestimmt den Schwanz ein, schleichen still davon und lecken ihre Wunden."
„Du bist unmöglich!"
„Und du bist ein kleines, verwöhntes Kind, das stets seinen Willen bekommen will."
„Bin ich nicht." Sie lehnte sich zurück und versuchte, im Dunkel sein Gesicht auszumachen. „Du weißt gar nichts über mich."
Auf einmal herrschte Schweigen.
Als er schließlich sprach,
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