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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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bin Lady Emelines Nachbar."

    Eine offizielle Einladung war das zwar nicht, aber der Lakai musste die Entschlossenheit in seinem Blick gesehen haben und zu dem Schluss gelangt sein, dass Widerstand nicht lohnte. „Jawohl, Sir", sagte er und hielt ihm die Tür auf.
    Kaum war Sam über die Schwelle getreten, spürte er die drohende Gefahr. In der Eingangshalle standen nur vereinzelt ein paar Dienstboten herum, aber auf der breit sich schwingenden Treppe drängten sich die Gäste. Zwischen angeregt plaudern-den Menschen hindurch bahnte er sich seinen Weg nach oben. Emelines Ballsaal befand sich im ersten Stock, und schon auf der Treppe war der Lärm zu hören, der nach draußen schallte. Mit jedem Schritt wurde es lauter, wurde die Luft wärmer und stickiger. Er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Mit Grauen erinnerte er sich des Westerton-Balls. Seit jenem Abend hatte er derlei beengende Räumlichkeiten gemieden, denn noch zu gut war ihm in Erinnerung, wie schmachvoll er damals seinen Dämonen erlegen war. Nicht hier, bat er inständig. Bitte nicht hier.
    Als er es endlich zum Eingang des Ballsaals geschafft hatte, ging sein Atem schnell und stoßweise, als wäre er viele, viele Meilen gerannt. Kurz erwog er, einfach kehrtzumachen. Emeline hatte ein Lichtermeer von Wachskerzen in den Kronleuchtern an der Decke anzünden lassen, das hundertfach von den verspiegelten Wänden zurückgeworfen wurde. Im ganzen Saal strahlte, glitzerte und funkelte es wie in einem verwunschenen Wunderland. In scharlachroten Seidendraperien waren rote und orangefarbene Blumen arrangiert. Schön sah es aus, sehr elegant, aber deshalb war er nicht gekommen. Emeline, seine Emeline, war irgendwo in diesem Saal, und er war gekommen, um sie in seine Arme zu schließen und nie mehr loszulassen.
    Vorsichtig atmete Sam durch den Mund und tauchte ein die Menge schwitzender, umherwirbelnder Menschen. Wie aus weiter Ferne meinte er Geigenspiel zu hören, doch über allem lagen lautes Gelächter und Geplapper, die ihn aus allen Richtungen anfielen. Ein Gentleman in Purpursamt drehte sich plötzlich um und prallte gegen Samuel. Blut und Geschrei, schreckensweit aufgerissene Augen in einem bleichen, blutüberströmten Gesicht. Er schloss die Augen und drängte sich ungestüm an dem Mann vorbei. Vor ihm tat sich die Menge auf, um den Tänzern Platz zu machen, die mit erhabener Anmut ausschritten. Hier blieb er stehen und rang keuchend nach Luft. Eine Matrone in gelber Seide beäugte ihn argwöhnisch und flüsterte hinter vorgehaltenem Fächer ihrer Begleiterin etwas zu. Sollte er doch zur Hölle fahren, dieser ganze überfütterte, überzüchtete, überdekorierte englische Adel. Wann hatten diese Leute jemals um ihr Leben fürchten müssen oder das Blut eines jungen Soldaten in ihr Gesicht spritzen spüren? Das ungläubige Staunen im Gesicht eines jungen Soldaten, dem eben der halbe Kopf weggeschossen worden war.
    Die Tanzenden hielten inne, nicht mehr außer Atem, als hätten sie die letzten fünf Minuten still auf einem dieser lächerlichen vergoldeten Stühle gesessen. Gelangweilt und blutleer sahen sie aus, allesamt, als sei es schon zu viel der Mühe, sich einfach nur aufrecht zu halten. Die Menge drängte sich dicht um ihn.
    Er musste die Augen schließen und all seine Beherrschung aufbringen, um nicht einfach wild auszuschlagen. Er versuchte tief durchzuatmen und sich Emelines Augen vorzustellen. Im Geiste sah er vor sich, wie sie ihn wütend anfunkelte, und das hätte ihm fast ein Lächeln entlockt.
    Als er die Augen wieder öffnete, schritt LordVale in die Mitte der nun fast verlassenen Tanzfläche. „Meine Freunde, liebe Gäste, dürfte ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten?"
    Vales lautes Rufen ging in der Menge unter. Dennoch senkte der Lärmpegel sich etwas, die Gespräche verstummten allmählich.
    „Meine Freunde, ich habe euch etwas mitzuteilen!"
    Ein paar junge Gentlemen drängten sich vor und verstellten Sam die Sicht.
    Milchgesichter, kaum alt genug, sich zu rasieren, dachte er verächtlich.
    „Freunde!", rief Vale erneut, und kurz sah Sam etwas Scharlachrotes aufblitzen.
    Sein Herz begann zu rasen. Er legte seine Hand auf eine der reich gepolsterten Schultern vor sich und wollte den jungen Geck bewegen, etwas beiseitezutreten.
    Das Milchgesicht drehte sich um und bedachte ihn mit drohendem Blick. Sam holte tief Luft und roch Schweiß. Männerschweiß. Sauren, stechenden Männerschweiß, den Geruch der Angst, den Gestank des Todes. Der

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