038 - Verbotene Sehnsucht
innen leuchten. Sie legte ihre behandschuhte Hand auf die seine. Er schloss seine Finger darum und zog sie zu sich auf den hell erleuchteten Gehsteig.
„Danke", sagte sie und wollte ihm ihre Hand entziehen.
Er konnte sich nicht von ihren dunklen Augen losreißen und wollte sie nicht gehen lassen. Letztlich gab er ihre Hand dann doch frei - ihm blieb keine andere Wahl.
„Gute Nacht, Mylady", sagte er und verbeugte sich.
Damit ging er in die Dunkelheit davon.
5. KAPITEL
Der Zauberer zwinkerte ihm zu, und schon fand Eisenherz sich im Schloss des Königs wieder. Er trug die Livree der königlichen Leibwache, und dort - keine zwei Schritte von ihm entfernt - saß der leibhaftige König auf einem goldenen Thron! Ihr könnt euch gewiss vorstellen, wie verwundert Eisenherz war. Gerade wollte er sein Erstaunen kundtun, als ihm die Worte des Zauberers wieder einfielen. Er durfte nicht sprechen, nicht einen einzigen Laut durfte er von sich geben, sonst würde er wieder in Lumpen sein, und die Prinzessin müsste sterben. Und so schloss Eisenherz den Mund wieder und schwor sich, dass kein Laut ihm über die Lippen käme - komme, was da wolle. Sein Schwur wurde schon bald auf die Probe gestellt, denn ehe er sich's versah, kamen sieben finstere Gesellen in den Thronsaal gestürmt und wollten den König töten. Eisenherz stürzte sich auf sie und schwang sein Schwert in alle Richtungen. Die anderen Wachen schrien wild durcheinander, und noch ehe sie ihre Schwerter gezückt hatten, lagen die sieben Meuchelmörder allesamt erschlagen auf dem Boden ...
Eisenherz
Samuel Hartley ist ein unglaublich impertinenter Mann", befand Emeline am Tag darauf. Es war später Vormittag, und sie saß mit Melisande Fleming im kleinen Salon, der ihr der liebste war. Die Wände waren mit einer Papiertapete bespannt, zwischen deren gelben und weißen Streifen in regelmäßigen Abständen feine rote Linien verliefen. Das Mobiliar war nicht so neu wie jenes im großen Salon, aber die Sitzmöbel waren weich gepolstert und mit Damast und Samt in behaglichen Rot-und Orangetönen bezogen. Der anheimelnde Raum verführte einen fast dazu, es sich katzengleich auf den Polstern gemütlich zu machen und wohlig zu schnurren. Natürlich würde Emeline sich niemals derart hemmungslos gehen lassen, zumal sie mit diesem Bedürfnis wahrscheinlich allein war. Weshalb sie und Melisande auch sehr aufrecht und anständig auf dem Sofa am Fenster saßen. Oder vielmehr: Melisande saß auf dem Sofa, während Emeline unablässig vor ihrer Freundin auf und ab ging, die seelenruhig ihren Tee trank.
„Impertinent", murmelte Emeline und rückte ein bequastetes Kissen auf dem Sofa zurecht.
„Das sagtest du bereits", meinte Melisande geduldig. „Gewiss nun das vierte Mal."
„Tatsächlich?", fragte Emeline überrascht. „Aber es stimmt ja auch. Er scheint nicht den blassesten Schimmer zu haben, was sich gehört - kürzlich erst hat er hier, in diesem Haus, einen Jig aufs Parkett gelegt! Und dann immer dieses feine, belustigte Lächeln um seine Lippen. Und er trägt Schuhe ohne Absätze."
„Skandalös", murmelte Melisande.
Emeline warf Melisande, die von Kindesbeinen an ihre beste Freundin war, einen irritierten Blick zu. Melsande saß da, wie sie immer dasaß: so, als wolle sie so wenig Platz wie nur irgend menschenmöglich für sich beanspruchen. Den Rücken hielt sie kerzengerade, die Arme fest an die Seiten gelegt, die Hände im Schoß gefaltet - so sie nicht gerade Tee trank - und die Füße artig nebeneinander auf dem Teppich.
Wahrscheinlich verspürte sie nie das Bedürfnis, sich in den Kissen zu fläzen, die sich so verführerisch auf dem feuerroten Sofa stapelten. Zudem - und dies hatte schon Anlass zu zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den Freundinnen geführt - trug Melisande immer Braun. Manchmal, wohl wahr, machte sie eine Ausnahme und trug stattdessen Grau, was aber wohl kaum als Verbesserung gelten konnte, oder? Heute beispielsweise hatte sie ein tadellos schlicht geschnittenes Kleid aus erdbraunem Stoff an, der wie Sackleinen aussah.
„Warum, um alles in der Welt, hast du dir ein Kleid aus Sackleinen schneidern lassen?", fragte Emeline gereizt.
Jede andere Dame würde nun pikiert an sich hinabsehen und sich entrüsten, dass es kein Sackleinen war. Nicht so Melisande. Sie griff nach der Kanne und goss sich Tee nach. „Weil es praktisch ist. Man sieht den Schmutz nicht so schnell darauf", erwiderte sie ruhig.
„Natürlich, es ist ja
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