0380 - Ich und der Poltergeist
wieder verschwand wie ein Spuk.
Die Offiziere zuckten zusammen. Sie waren ratlos, wollten schon nach George rufen, als die unheimlichen Vorgänge begannen…
***
Als wir die Bond Street erreichten, wiesen die Zeiger der Uhr nicht einmal auf Mitternacht. Wir waren einen guten Schnitt gefahren.
Suko hatte seine Maschine bei Sarah Goldwyn stehengelassen und sich in meinen Bentley gesetzt.
Während des Tages herrscht auf dieser sehr bekannten Londoner Straße ein sagenhafter Verkehr. In der Nacht ist es wesentlich ruhiger. Das bekamen auch wir zu spüren, denn wir fanden sogar vor dem Haus einen Parkplatz. Um den Eingang zu erreichen, brauchten wir nur einige Schritte zu gehen.
Ein kühler Wind wehte. Eigentlich war es für den Mai zu kalt, aber daran hatten sich die Menschen mittlerweile gewöhnt.
Wir blieben vor der Tür stehen. Daneben an der Hauswand entdeckten wir ein Messingschild mit schwarzen Lettern.
British Indian Club!
Suko ließ seine Blicke an der Fassade in die Höhe gleiten und schüttelte den Kopf.
»Was hast du?«
»Hier müßte mal jemand renovieren. Der alte Stuck und die Erker sehen so aus, als würden sie jeden Augenblick abfallen.«
»Für heute werden sie noch halten«, erwiderte ich voller Optimismus.
»Falls uns dein Poltergeist nicht über den Weg läuft.«
»Er ist nicht mein Geist.«
»Ich bin ihm noch nicht begegnet.«
»Freu dich!« Ich hatte mich vor die Tür gestellt und erkannte, daß sie in ihrem oberen Drittel eine Klappe besaß. Darunter befand sich eine Klingel. Der Knopf schimmerte hell. Ich drückte ihn mit dem Zeigefinger nach unten.
Trotz seines Alters schien das Haus sehr gut isoliert zu sein, denn wir vernahmen kein Echo. Möglicherweise war die Klingel auch abgestellt. Bevor wir zu anderen Maßnahmen griffen, versuchte ich es noch einmal, und diesmal hatten wir Glück.
Zwar mußten wir auch noch warten, aber die leisen Schritte deuteten darauf hin, da sich jemand der Tür näherte.
Plötzlich wurde die Klappe geöffnet. Da hinter der Tür auch Licht brannte, war das Gesicht sehr gut zu sehen, und ich mußte mir ein Lachen verbeißen, weil ich den Eindruck hatte, daß mich ein Pferd anschauen würde.
Es war kein Gaul, nur ein Mensch, der eine gewisse Ähnlichkeit mit diesem Tier aufwies.
Auch als seine hochnäsige Stimme aufklang, konnte ich mir nur mühsam ein Grinsen verbeißen. »Sie wünschen, Sir?«
»Ich möchte mit einem Ihrer Clubmitglieder sprechen.«
»Bedaure, Sir, das ist nicht möglich.«
»Aber die Gentlemen sind anwesend.«
»Ja, Sir. Sie wünschen keine Störung. Zudem ist es sehr spät. Man hat sich bereits zur Ruhe begeben. Falls Sie etwas von den Gentlemen wünschen, melden Sie sich rechtzeitig genug an. Ich werde dann versuchen, es zu arrangieren. Gute Nacht, Sir!«
Patsch!
Die Klappe war zu, der Affe tot, und wir standen da wie die begossenen Pudel.
»Hast du das gehört?« fragte ich meinen Freund.
»Bin ja nicht taub.«
»Der hat uns doch kalt abfahren lassen, ohne daß wir etwas dagegen unternehmen konnten.«
»Nicht uns, John, nur mich.«
»Danke.«
»Willst du noch mal…?«
»Aber wie.« Ich hatte die Antwort kaum gegeben, als ich abermals schellte. Diesmal brauchten wir nicht so lange warten. Nach relativ kurzer Zeit wurde die Klappe aufgezogen.
Wiederum schaute das Pferdegesicht hervor. Diesmal hatten sich die Augenbrauen drohend zusammengezogen, ohne jedoch den blasierten Ausdruck aus dem Gesicht wegschaffen zu können. »Ich habe Ihnen doch gesagt, Sir, daß es nicht möglich ist, die Gentlemen… ohhh …«
Nach diesem letzten leisen Aufschrei, mit dem er den Satz unterbrochen hatte, veränderte sich der Ausdruck in seinem Gesicht.
Er machte einer entsetzten Mimik Platz, denn der Butler und Türöffner schaute genau in die Mündung der Beretta, die ich gezogen hatte und deren Lauf fast seine Nase berührte.
»Ich an Ihrer Stelle würde nicht einmal mit den Augen klimpern«, sagte ich leise.
Er wurde immer bleicher. »Ist das… ist das ein Überfall?«
»Im Prinzip nicht. Wir möchten nur hineingehen. Hast du verstanden, du Komiker?«
»Ja, natürlich. Ich öffne sofort. Warten Sie!«
»Irrtum, Meister. Du läßt die Klappe offen und reichst mir den Türschlüssel nach draußen.«
Für einen Moment sah es so aus, als wollte er widersprechen.
Schließlich hob er seine eckigen Schultern und suchte in den Taschen seiner Kleidung nach dem Schlüssel.
Ich hätte normalerweise nicht zu einer solchen Methode
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