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0384 - Skylla, die Menschenschlange

0384 - Skylla, die Menschenschlange

Titel: 0384 - Skylla, die Menschenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sie sich eingestehen, daß sie noch nie so gute Tage verlebt hatte wie die letzten hier auf dem Schloß. Es ging ihr gut, zu gut.
    Mary Stallock mußte sich überwinden, um überhaupt aufzustehen. Fast drei Gläser Wein hatte sie geleert, und sie fühlte den leichten Schwindel, als sie vor dem Stuhl stehenblieb. Für einen Moment schloß sie die Augen, schon bald hatte sich ihr Kreislauf wieder umgestellt, und sie hörte das Rascheln der feinen Seide.
    Um der Marquesa einen Gefallen zu erweisen, hatte sie dieses Kleid angezogen. Es zeigte ein Tupfenmuster, wie man es aus den Anfängen des Jahrhunderts her kannte. Zudem schien es für sie gemacht zu sein. Es schmiegte sich eng an ihre Haut, und bei jeder Bewegung spürte sie die Kühle der Seide, wenn sie sich verschob oder über die Spitzen ihrer Brüste glitt, die deutlich hervortraten.
    Die Marquesa hatte darauf bestanden, daß Mary dieses Kleid anzog und möglichst wenig darunter. Das zwanzigjährige Girl aus London hatte darüber nur gelacht, war diesem Wunsch aber gernnachgekommen, obwohl ihr die Marquesa keinen Grund genannt hatte.
    Mary mochte die Marquesa, die ihr versprochen hatte, am nächsten Tag mit ihr nach Neapel zu fahren. So prächtig das Schloß auch war, raus mußte Mary einfach, denn bisher hatte die Adelige sie in den alten Mauern festgehalten, was Mary nicht einmal als so unangenehm empfand, da es für sie in diesem Bau viel zu entdecken gab.
    Zudem konnte sie sich innerhalb des Schloßgartens herrlich entspannen. Sie lag im Liegestuhl und schaute auf die Zweige der vollin Blüte stehenden Büsche und Bäume und beobachtete die sanften Bewegungen der Palmwedel im Wind.
    Sie schritt über die mit kleinen Steinen belegte Terrasse und stellte sich an die wuchtige Brüstung. Sie bestand aus großen Steinen und war, wie auch das Schloß, bereits einige Hundert Jahre alt. Von hier aus schaute sie in den Garten hinab, auch auf das Meer sowie die Dächer des kleinen Ortes, in dem die meisten Menschen vom Fischfang lebten, und wo die Zeit stehengeblieben war.
    Es brannten bereits einige Lichter. Sie schienen einen Gruß in die Höhe schicken zu wollen.
    An der Seite zum Schloß hin wuchs der Efeu besonders dicht. Er rahmte auch die Tür und das kleine Fenster im Mauerwerk ein, das keine Scheibe besaß.
    Dahinter war es dunkel, bis auf einen helleren Umriß, der sich als Gesicht herausstellte.
    Die Marquesa beobachtete das Mädchen. Sie schaute auf den gebeugten Rücken, und ihre Lippen hatten sich zu einem diabolischen Lächeln in die Breite gezogen, als sie sah, wie eng die Seide des Kleides den Körper umschmeichelte.
    Mary hätte nichts anzuziehen brauchen. Unter den brennenden Blicken der Marquesa schien sie nackt zu werden. Die alte Frau hob ihren rechten Arm. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte die Stahlklinge des Messers auf, als sie die Waffe auf die Fensterbank legte, die Lippen bewegte und unhörbare Worte sprach.
    Sie sollte die letzte sein. Die kleine Engländerin machte den Reigen der Sechs komplett.
    Nur ahnte Mary davon nichts. Das Mädchen aus London genoß den herrlichen Ausblick auf Meer, Stadt und Land und schaute auch in den Himmel, der immer dunkler wurde.
    Die Nacht würde kommen, etwas Kühlung bringen und die Wärme des Junitages ablösen.
    Aus den Bergen im Landesinnern strich der Wind und vereinigte sich mit dem kühleren Luftstrom über dem Golf. Er fuhr auch gegen die Mauern des Schlosses, wehte über die Terrasse, so daß Mary seine Kühle mitbekam und fröstelte.
    Wenn sie noch im Freien sitzenbleiben wollte, mußte sie sich etwas überziehen.
    Schritte schreckten sie auf. Sie stieß sogar einen leisen Schrei aus, als sie herumfuhr. Ihr Blick fiel nicht auf die Marquesa, sondern auf den stummen Diener, der neben dem Tisch stand und damit begann, die leeren Schalen des Desserts abzuräumen. Für das Mädchen hatte er keinen Blick, und Mary gestand sich ein, daß der Diener, der Bonzo gerufen wurde, ihr Furcht einflößte. Sein Gesicht zeigte Spuren von Härte, die ihr nicht gefielen. Es waren tiefe Falten, die sich in die Hautgegraben hatten und wie Gräben wirkten. Bonzo trug auch am Abend eine dunkle Brille, und diese Gläser verstärkten den unheimlichen Gesichtsausdruck.
    Mary wandte der Brüstung jetzt den Rücken zu, während sie den Diener beobachtete. Die klobigen Hände wollten eigentlich zu einem Mann seines Berufs nicht passen. Wenn er abräumte und nach den Schalen griff, gerieten sie jedesmal in den Schein

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