0386 - Götzentanz im Märchenpark
hätten ihre Waffen ziehen können, niemand tat es. Jeder wartete auf eine Reaktion des anderen.
Andere Fahrgäste verließen bereits den Wagen. Nur mehr Suko und Kamikaze saßen.
»Hier, ihr beiden, raus!« rief einer der Männer.
Kamikaze schaute ihn an.
Da wurde der Mann blaß. Noch nie in seinem Leben hatte er in so grausame Augen geschaut. »Schon gut«, sagte er, »schon gut.«
Suko machte den Anfang. Er schoß plötzlich hoch, zog seine Waffe und richtete die Berettamündung auf Kamikaze. »Und jetzt du!« sagte er. Er hatte sich so hingestellt, daß die Beretta von den meisten der Zuschauer nicht gesehen werden konnte.
»Steck sie weg!« zischte Kamikaze.
»Nein.«
»Gut, dann bist du daran schuld, wenn Baby de Valois stirbt…«
***
Der Inspektor zögerte. Hatte Kamikaze geblufft oder die Wahrheit gesagt? Er wußte es nicht, und in den Augen des Killers konnte er nichts darüber lesen.
»Nun?«
Suko zögerte noch. »Wieso bin ich daran schuld?«
Kamikaze ging einen Schritt zur Seite. Suko folgte ihm. Die Wagen konnten endlich weiterrollen. Beide standen dicht an der Barriere. Einige Besucher schauten sie an, sagten aber nichts und griffen auch nicht ein.
»Ich muß in einem bestimmten Rhythmus zu ihr. Wenn ich nicht erscheine und eine Uhrzeit verlängere, wird die Bombe, die sich vor ihr befindet, hochgehen und sie zerreißen. Kannst du das verantworten?«
War es nur ein Bluff?
Darüber dachte Suko nach. Kamikaze half ihm nicht, der Inspektor mußte sich selbst entscheiden.
»Was ist jetzt, Gelber?«
»Weshalb solltet ihr der Frau noch eine Bombe vor die Füße gelegt haben?«
»Weil wir uns absichern mußten!«
Suko wurde schwankend. Die Entscheidung fiel ihm nicht leicht.
Irgend etwas mußte geschehen. Sie konnten hier nicht für alle Ewigkeiten stehen und warten.
»Du kannst gehen«, sagte der Chinese. »Aber ich bin dabei!«
Kamikazes Gesicht blieb ausdruckslos. »Wie du meinst, Chink. Gern nehme ich dich nicht mit, aber mir bleibt keine andere Wahl.«
Er schielte auf die Waffe.
»Das stimmt.« Suko war trotzdem beunruhigt. Ihm gefiel es überhaupt nicht, daß Kamikaze so rasch auf seinen Vorschlag eingegangen war. Irgendeinen Trumpf schien er in der Hinterhand zu haben, um welchen es sich allerdings handelte, wußte Suko nicht.
Über die mit Blut beschmierten Lippen des Killers glitt ein kaltes Lächeln. »Was ist nun? Gehen wir? Die Zeit drängt. Oder willst du schuld sein, wenn die Frau stirbt?«
»Nein.«
Kamikaze nickte. Wortlos drehte er sich um und nahm den schmalen Pfad, der zum Hauptweg führte. Die Blicke der Aufsichtspersonen begleiteten sie. Suko hatte die Pistole weggesteckt.
Allerdings hielt er sie und seine Hand in der rechten Jackentasche vergraben, hatte die Waffe gekantet, so daß die Mündung auch beim Gehen auf den Rücken des Killers wies. Suko konnte sich nicht helfen, aber er hatte das unbestimmte Gefühl, in eine Falle zu laufen…
***
Baby de Valois war wieder allein mit der Angst und der verdammten Hoffnungslosigkeit. Nur eines hatte sich verändert. Das Licht brannte noch. Akim Samaran hatte es nicht für nötig befunden, es auszuschalten. Seine Gefangene sollte erkennen können, in welch einer aussichtslosen Lage sie sich befand.
Hilfe konnte sie nicht erwarten, und es gab auch keine Werkzeuge in ihrer Reichweite, mit deren Hilfe sie sich hätte befreien können.
Nur durch die Kettenschlüssel konnte sie freikommen.
Und die besaßen Samaran und dieser widerliche Killer mit dem Pferdeschwanz.
Abermals verstrich Zeit. Wenn sie den Kopf drehte, konnte sie auf die abgestellten Kulissenteile schauen. Es waren gemalte Landschaftsfragmente, aber sehr echt aussehend. Wenn jemand in einem dieser Züge vorbeifuhr, glaubte er sich innerhalb einer anderen Welt zu befinden.
Einige der abgestellten Kulissen waren mit Decken verhangen.
Aus welchem Grund dies geschehen war, wußte die Gefangene nicht. Sie wunderte sich nur, daß eine der Decken plötzlich in Bewegung geriet, obwohl kein Luftzug durch den Raum strich.
Es war auch der reine Zufall gewesen, daß sie gerade dorthin geschaut hatte.
Sie reagierte.
Trotz der Gefangenschaft war sie nicht in eine Lethargie verfallen.
Das Gegenteil war eingetreten. Ihre aufs Äußerste angespannten Nervenseile meldeten sich, und sie dachte daran, daß einiges nicht mit rechten Dingen zugehen konnte.
Wieso konnte sich die Decke bewegen? Lauerte zwischen ihr und der abgestellten Kulissenwand jemand?
Vielleicht
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