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039 - Der Griff aus dem Nichts

039 - Der Griff aus dem Nichts

Titel: 039 - Der Griff aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Universal International. In zehn Minuten sind wir da.“
     

     
    Es dauerte nur etwas mehr als fünf Minuten, bis Ben Latimer den Lieferwagen vor einem Gittertor anhielt, über dem ein Schild mit der leuchtend roten Aufschrift Future Pictures prangte. „Hineinfahren kann ich Sie leider nicht, Mr. Hunter“, bedauerte Latimer. „Für die Studiowachhunde bin ich so etwas wie das rote Tuch für den Stier.“
    „Danke, Mr. Latimer. Sie haben mir einen großen Gefallen getan“, sagte Dorian und schüttelte dem Alten die Hand. „Und wenn Sie Ihr Angebot, sich umzuhören, aufrechterhalten wollen, soll das nicht zu Ihrem Schaden sein. Sie erreichen mich jederzeit in Beverly Hills, Mount Baldy Drive 823.“
    „Ich lasse von mir hören, Mr. Hunter.“
    Während Dorian auf die Portiersloge zuging, hörte er hinter sich den klapprigen Lieferwagen davonrattern. Man wollte Dorian nicht so ohne weiteres auf das Studiogelände lassen, aber als er seinen Namen nannte, durfte er nach einer telefonischen Rücksprache passieren. Er bekam eine hübsche Begleiterin in einem roten Jackenkleid mit auf den Weg, die ihn zu jenem Aufnahmestudio führte, in dem Jeff Parkers Stab gerade mit den Probeaufnahmen beschäftigt war.
    „Was ist, Mr. Hunter?“ fragte das Mädchen besorgt, als er plötzlich vor dem Eingang abrupt stehen blieb.
    „Nichts“, sagte Dorian zerstreut und starrte auf den schwarzen Lincoln, der neben dem Portal parkte. Für ihn gab es keinen Zweifel, daß es derselbe Wagen war, der ihn auf der Straße zum Carmelita-Sanatorium beinahe überfahren hatte.
    Dorothy Malone war nahe daran, schlappzumachen. Sie war froh, wenn sie die Probeaufnahmen hinter sich gebracht hatte, und hoffte aus ganzem Herzen, daß sie Mist wurden. Dann würde Pietrucci seine Einstellung ändern und die Rolle des Roland einem normal gewachsenen Mann überlassen müssen. Es war eine Zumutung, die Szenen mit diesem verwachsenen Gnom Roul Schwartz zu drehen. Sie hatte im Grunde genommen nichts gegen ihn, er konnte ja schließlich nichts für sein Aussehen und er bemühte sich auch, ihr gegenüber nett zu sein und während der Aufnahmen auf ihr Spiel einzugehen. Es rührte sie fast, wie sehr er darauf bedacht war, ihr alles recht zu machen. Aber sie konnte einfach nicht aus ihrer Haut heraus. Roul erinnerte sie an das fötusartige Monstrum, von dem sie seit einigen Tagen in ihrer Villa heimgesucht wurde.
    Als sie mit Roul die Tischszene drehte, sah sie plötzlich das Monstrum aus ihrem Schlafzimmer vor sich sitzen. Sie hatte gegen ihre aufsteigende Hysterie angekämpft, aber dennoch mußte die Szene mehrmals wiederholt werden, bis Pietrucci beim achten Mal endlich zufrieden gestellt war.
    Ach, wie sie doch diese pseudorealistische Filmmasche haßte! Warum hatte Parker nicht einen Regisseur aus Hollywood nehmen können, einen Profi, der sein Handwerk verstand und keinen Wert auf solche Mätzchen legte? Sie empfand es fast als pervers, die Bettszene mit Roul Schwartz zu drehen. Aber sie wollte ein Comeback als Charakterdarstellerin. Und der Weg zu neuem Ruhm führte über Jeff Parker. Und sie hatte ihm versprochen, Roul Schwartz zu akzeptieren und ihr Bestes zu geben. Jetzt mußte sie zu ihrem Wort stehen.
    Luigi Pietrucci bestand darauf, die Bettszene sofort abzudrehen. Es war alles vorbereitet. Die Garderobiere eilte heran und hängte ihr den Bademantel um die nackten Schultern. Dorothy war froh, daß man nicht von ihr verlangte, nackt zu agieren, und ihr ein Neglige zugestanden hatte. Aber man war erst bei den Probeaufnahmen, und wie sie den Italiener kannte, würde er später noch um jeden Fetzen Stoff mit ihr feilschen.
    Sie legte ihren Mantel ab und legte sich auf die Liege. Die Beleuchter ließen ein enttäuschtes Gemurmel hören. Pietrucci gab ihr Anweisungen, wie sie sich auf dem Lager zu strecken hatte.
    „Nicht so wie ein kaltes Steak. Dorothy, Sie sind in Erwartung Ihres Geliebten. Jede Faser Ihres Körpers sehnt sich nach seiner Umarmung.“
    Mit dem Geliebten war natürlich der verwachsene Gnom gemeint. Pervers!
    Endlich lag sie so, wie der Regisseur es wollte. Die Scheinwerfer gingen an.
    „Achtung, Aufnahme!“
    Die Klappe fiel zum ersten Mal.
    „Roland!“
    Roul erschien watschelnd auf der Szene.
    Pietrucci brach ab. Er erklärte ihr, daß sie nicht so tun dürfe, als rufe sie ihren Schoßhund.
    „Es muß wie Schmelz von Ihrer Zunge kommen, Dorothy. Roooland! Capito?“
    Erste Wiederholung.
    Der verwachsene Gnom kam an ihr Bett.

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