039 - Der schwarze Abt
Schwester zu sprechen, Mr. Gine?« erklang hinter ihnen eine Stimme.
Mit einem Fluch fuhr Arthur Gine herum. Geräuschlos hatte der Bürovorsteher das Zimmer betreten. Ob er die letzten Worte gehört hatte oder nicht, war seinem Gesicht nicht anzumerken.
8
Leslie Gine hatte zu Hause allerlei Pflichten. Wenn ihr Bruder auch kein allzu großes Haus führte, gab es doch öfters exquisite Dinners oder gelegentlich einen Ball, und im Laufe des Winters bewirtete Arthur, dessen Ehrgeiz es schmeichelte, Master der Grafschaftsmeute zu sein, die prominenten Jagdreiter der Gegend. Bei all diesen Gelegenheiten repräsentierte seine Schwester und leitete auch sonst den Haushalt, was nicht immer leicht war, da Arthur zwar das Beste auf seinem Tisch verlangte, mit Geld jedoch knauserig war.
Den Entschluß, nach London zu fahren, hatte Leslie heute morgen ganz plötzlich gefaßt. Es behagte ihr irgendwie nicht, den Lunch allein einnehmen zu müssen. Einen Augenblick erwog sie, nach Fossaway zu gehen, erinnerte sich aber, daß Dick immer am Mittwoch seine Pächter aufsuchte. Einen Lunch allein mit ihrem Verlobten? Dann lieber noch ganz einsam! Also in die Stadt - rasch kleidete sie sich an, der Gärtner holte den kleinen Zweisitzer aus der Garage, und zehn Minuten später flitzte sie zur Bahnstation. Sie hatte Zeit im Überfluß, würde wahrscheinlich eine halbe Stunde auf den Zug warten müssen.
Kurz vor der Gutsgrenze sah sie in etwa zweihundert Meter Entfernung eine bekannte Gestalt querfeldein wandern. Ihr Herz klopfte schneller. Ein Hohlweg nahm ihr die Sicht, doch als sie herauskam, sah sie, daß sie sich nicht getäuscht hatte. Sie stoppte.
Dick Alford öffnete ein Gatter, trat hinaus und winkte ihr zu. Aber zu ihrer Verblüffung wäre er wortlos weitergegangen, wenn sie ihn nicht angerufen hätte.
»Schlechter Laune, Dick?«
»Stimmt. Etwas gibt's, was ich wie die Pest hasse -wenn nämlich unsere Farmen in kleine Landsitze für die Städter zerstückelt werden. Ich verkaufte vergangene Woche die Red Farm an Mr. Leonard, in der Meinung, daß der alte -«, er verschluckte einen derben Ausdruck - »hm, Gentleman seinen Besitz abrunden wolle, obgleich mir schleierhaft war, warum er gerade auf den ärmsten Boden verfiel.«
»Und was tat der alte - hm, Gentleman?« neckte sie.
»Er hat sie weiterveräußert, obwohl ein solches Geschäft zu seiner Gültigkeit meiner Zustimmung bedarf, an irgendeinen Schnüffler aus London übrigens, der schon den ganzen Sommer über ein kleines Wochenendhäuschen hier in der Nähe bewohnte.«
»Etwa am Ravensrill?« fragte sie interessiert.
»Ja, ja, das ist der Bursche. Ich hielt ihn für einen vorübergehenden Sommergast, statt dessen stellt sich jetzt heraus, daß er die Farm kaufte, um dort so einen Kasten mit Erkern und Türmchen bauen zu lassen. Und bestimmt legt er auch gleich noch einen künstlichen Teich und einen Rosengarten an!«
»Warum sollte er nicht? Sie sagen ja selbst, daß es der ärmste Boden in unserer Gegend sei, und wenn er schon unbrauchbar für die Landwirtschaft ist, kann er doch wenigstens schön aussehen. Ich liebe künstliche Teiche und Rosengärten!«
Trotz seines Ärgers mußte er lachen.
»In dem Fall werden Sie wohl bei Mr. Gilders Einweihungsfeier nicht fehlen?«
Sie stutzte.
»Wie heißt der Mann?«
»Mr. Gilder - vermutlich ein neureicher Städter. Konnte er sich nicht anderswo ankaufen? Was Leonard betrifft, so habe ich ihm schon gesagt, daß ich seinem Begräbnis fernbleiben werde!«
»Dick, Sie sollten sich schämen! Der arme alte Mann! -Kennen Sie seinen Vornamen?«
»Wessen? Leonards?«
»Mr. Gilders natürlich!«
»Der heißt Fabrian. Komischer Name!«
Ob Arthur von diesem Unternehmen seines Angestellten etwas wußte? Für den Moment hielt sie es für ratsam, das Thema zu wechseln.
»Dick, wenn Sie nett und schwägerlich sein wollen, dann kommen Sie mit zum Bahnhof und nehmen meinen Wagen in die Garage zurück!«
Er stand unentschlossen da, und in ihr begann es beim Gedanken an eine Ablehnung schon zu kochen.
»Na ja«, sagte er endlich, »zuweilen muß die Pflicht mit dem Vergnügen verquickt werden. Aber lassen Sie mich fahren - Frauen am Steuer sind mir nicht geheuer!«
»Sie sind ungezogen!« Sie rückte zur Seite. »Wie geht es Harry?«
»Gut. Er probiert gerade ein neues Patentmittel aus. Sind Sie jemals - verzeihen Sie die indiskrete Frage - in seinem Schlafzimmer gewesen?«
Sie schüttelte den Kopf, während es in ihren
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