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039 - Der schwarze Abt

039 - Der schwarze Abt

Titel: 039 - Der schwarze Abt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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grauen Augen lustig aufblitzte.
    »Dort stehen achthundertfünfzig verschiedene Allheilmittel. Einmal in jedem Vierteljahr findet ein großes Aufräumen statt, bei dem der ganze Bestand hinausfliegt. Augenblicklich braut er einen Trank für seine Nerven.«
    »Armer Harry!« murmelte sie sanft.
    Sie fand es seltsam, daß Dick nie über die Zeit sprach, wenn sie Herrin auf Fossaway sein würde. Jetzt zum Beispiel, wäre es nicht ganz natürlich gewesen, wenn er gesagt hätte: Nach der Hochzeit werden Sie ihn hoffentlich von diesem Unsinn kurieren? - Aber dann war sie auch wieder froh über seine Zurückhaltung.
    Sie durchfuhren ein Wäldchen, herbstlich gelb, braun, purpurrot. Gleich darauf langten sie beim Bahnhof an.
    »Haben Sie wieder Besuch vom Schwarzen Abt gehabt?« erkundigte sich Leslie auf dem Bahnsteig.
    »Nein. Die Polizei stellte gestern abend Nachforschungen an, und so wird es wohl Schluß mit den Besuchen sein. Unerklärlich, wie Harry sich von diesem Spuk ins Bockshorn jagen läßt! Sobald es heißt, der Abt gehe um, traut er sich nicht mehr hinaus.«
    »Und Sie, Dick?«
    »Wenn ich ein Gespenst mit meinen eigenen Augen sehe, dann will ich daran glauben. Bis dahin - nein.«
    Als der Zug aus der Station fuhr, streckte sie den Kopf aus dem Fenster und winkte ihm zu. Stocksteif stand er immer noch an der gleichen Stelle und starrte dem entschwindenden Wagen nach.
    Leslie fröstelte.

9
    So seltsam dies sein mochte, noch nie hatte Leslie Gine bisher das Büro ihres Bruders in Holborn betreten. Und heute tat sie es nur eines prosaischen Mißgeschicks wegen. Sie hatte das Willow-Haus ohne einen Penny in der Tasche verlassen und bemerkte es erst, als der Bahnbeamte ins Abteil trat und sie aus ihren Träumereien riß. Weder Geld noch Billett! Sie gab ihm ihre Karte und nahm in London ein Taxi.
    Im Wartezimmer ihres Bruders trat ihr ein stattlicher Herr mit ergrautem Haar und energischem, nicht unsympathischem Gesicht entgegen, in dem sie den einsamen Angler erkannte, den sie in diesem Sommer so oft am Ufer des Ravensrill bemerkt hatte. Das also war Mr. Gilder, den Arthur häufig als tüchtigen Angestellten erwähnte. Sie hatte nie Neugierde verspürt, ihn kennenzulernen. Ein Bürovorsteher! Jetzt mußte sie sich eingestehen, daß er durchaus nicht dem üblichen Typ entsprach. Mächtige Schultern, ein viereckiges Kinn, zusammengepreßte Lippen, durchdringende graue Augen unter buschigen Brauen erweckten den Eindruck von Energie und Kraft.
    »Miss Gine, nicht wahr? Die Ähnlichkeit mit Ihrem Bruder ist unverkennbar!«
    Mit dieser Begrüßung versetzte er ihr einen kleinen Schock, denn Arthurs gutes Aussehen war von einer Art, die weder ihre Bewunderung noch ihren Neid erregte.
    »Er ist im Moment beschäftigt. Nehmen Sie bitte einen Augenblick Platz, ich werde ihn gleich wissen lassen, daß Sie hier sind.«
    Unwillkürlich kam ihr eine oft in Romanen gelesene Wendung in den Sinn - verzehrender Blick! Gilder starrte sie allerdings nicht direkt an, es war vielmehr die Konzentration, die durchbohrende Intensität seiner hellgrauen Augen, was ihr Unbehagen verursachte. Mit raschem Blick vermerkte sie, welch peinliche Sorgfalt er auf sein Äußeres verwandte. Hatte Arthurs Vorliebe für Eleganz auch seinen Stab angesteckt?
    »Ich hörte, daß Sie sich in unserer Nähe niederlassen wollen, Mr. Gilder«, bemerkte sie.
    »Oh - ja, allerdings«, gab er, unangenehm überrascht, zu. »Ich - ich habe eine Vorliebe für die Gegend.«
    »Nett für Arthur, Sie als Nachbar zu haben. Vermutlich ging die Anregung für diesen Kauf auch von ihm aus?«
    Mit nervöser Geste zupfte er an einem nicht vorhandenen Schnurrbart.
    »Das gerade nicht - er weiß noch gar nichts von dem Kauf. Ich will jetzt sehen, ob Ihr Bruder frei ist ...«
    Vor der Tür des Privatbüros rang er einige Sekunden um Haltung, bis er die Klinke niederdrückte und eintrat. Die Worte, die er dann zu hören bekam, ließen ihn von neuem wie angewurzelt stehenbleiben.

10
    »Meine Schwester?« Arthur Gine blickte von Gilder zu Mary Wenner. »Kommen Sie später wieder«, sagte er gedämpft. »Gilder, lassen Sie Miss Wenner durch den Nebenausgang hinaus!«
    Als er sie durch den Korridor führte, fragte der Bürovorsteher kurz:
    »Wo wohnen Sie?«
    Es lag so viel Autorität in seiner Stimme, daß Mary Wenner ohne zu überlegen antwortete: »Cranston Mansion Nummer 73. - Warum?«
    »Weil ich mit Ihnen sprechen muß. Kann ich Sie abends aufsuchen?«
    Miss Wenner schreckte

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