039 - Vor der Tür stand Frankenstein
unten.
Die Leiter rutschte automatisch tiefer. Von seinem erhöhten Standpunkt aus
überblickte er die Dinge, die sich abspielten. Von zwei Seiten attackierte man
ihn. Ein Maschinengewehr begann zu rattern. Der Wächter an dem abgestellten Lkw
griff in den Kampf ein. Er war dem PSA-Agenten am nächsten. Larry erkannte die
tödliche Gefahr. Er schwebte noch fünf Meter über dem Boden. Unter ihm die
scharfkantigen, rostigen Wracks, dazwischen wie kleine Inseln die Wege, mit
trockenem, armseligem Gras bewachsene Flächen. Er gab sich einen Schwung, stieß
sich ab und ließ sich fallen. Ein Kugelhagel spritzte über ihn hinweg. Im
Fallen drückte er die Pistole ab. Er traf den Schützen mitten in die Brust. Der
Chinese taumelte und seine Waffe bohrte sich neben ihm in den körnigen Sand.
Larry federte ab und rollte sich auf die Seite. Er hatte den Sprung genau
berechnet. Der Fahrer des Lastwagens startete den Motor. Die kostbare Fracht im
Innern musste in Sicherheit gebracht werden. Er wusste nicht, dass die Tür
hinten weit offenstand.
Flink schnellte der PSA-Agent zur Seite, als der Lkw auf ihn zuschoss. Um
Haaresbreite verfehlten ihn die Vorderräder. Der Fahrer bekam das Gefährt nicht
mehr unter Kontrolle. Mit Getöse knallte der Wagen mit der Kühlerhaube in einen
Berg von rostigen Karosserien und Maschinenteilen und blieb dann stehen.
X-RAY-3 sprang auf die Beine, zerrte den Chinesen hinter dem Steuer hervor und
setzte ihn mit einem geübten Aikido-Drehgriff außer Gefecht.
Zwischen den restlichen Polizisten und den schießgeübten chinesischen Agenten
kam es zu einem kurzen, erbitterten Kampf. Über den Boden robbend näherte sich
Larry der Stelle. Genau zwischen den beiden kämpfenden Parteien hielt sich das
Ungeheuer verborgen. Plötzlich sprang der Entstellte geduckt aus seinem
riskanten Versteck und versuchte, die andere Seite des Kanisterstapels zu
erreichen.
Eine Kugel traf ihn mitten im Lauf. Er wirbelte herum und schrie wie von
Sinnen, dass seine Stimme sogar den Schusswechsel übertönte. Und dann tat er
etwas in seiner Todesangst, was Larry niemals mehr vergaß. Er riss die
Karosserie eines Autos in die Höhe – mit beinahe übermenschlicher Kraft, zu der
ein normaler Sterblicher nie imstande gewesen wäre. Sekundenlang stand er so
auf dem Berg der Wracks, mit angstverzerrtem, wildem Gesicht, beide Arme
erhoben, wobei der linke wulstartige Armstumpf das Heck der Karosserie
abstützte. Mit einem fürchterlichen Brüllen stieß der tödlich Verletzte das
Wrack von sich, ehe ihm zwei, drei Schüsse den Brustkorb aufrissen. Der Koloss
stürzte mit gellendem Todesschrei in den Berg der scharfkantigen Bleche und
Kanister. Das von ihm weggeschleuderte Wrack fiel genau auf die beiden
chinesischen Agenten, die keine zehn Schritte von ihm entfernt hinter einem
alten, umgekippten Lastwagen in Stellung gegangen waren. Der eine wurde
zermalmt, der andere versuchte noch, sich zu retten. Doch seine Beine waren
eingeklemmt. Während er schreiend zu Boden stürzte, löste sich eine Serie von
Schüssen aus einer Waffe. Die Kugeln schlugen in Larry Brents Nähe ein und
bohrten sich in den Tank des kleinen Lkw, in dem der betäubte Jean Dumont lag.
Eine Stichflamme schoss in den Nachthimmel. Das Feuer griff sofort auf die
umliegenden Kanister über, in denen noch Öl- und Benzinreste waren. Ein
knisterndes Feuerwerk tanzender Funken und durch die Luft segelnder,
fingerlanger Flammen beherrschte die Szene.
Larry übersah mit einem Blick die Situation. Gehetzt lief er über den Weg
und ergriff die andere Seite der aufgeschichteten Wracks. Einige Autos standen
in hellen Flammen. Das Meer aus Rauch, Qualm und Feuer breitete sich rasend
schnell aus.
Der Amerikaner wich zurück. Die Polizisten auf der anderen Seite der
Feuerwand mussten zusehen, dass sie sich in Sicherheit brachten. Das Gerüst des
Aufbaus bestand nur noch aus glühenden Metallgestängen. Hinter den Flammen
erkannte Larry die Umrisse eines verunstalteten Menschen: Jean Dumont.
X-RAY-3 rannte los.
Die Hitze um ihn herum wurde unerträglich. Immer mehr Autos fingen Feuer,
immer häufiger erfolgte eine heftige Explosion und erschütterte die Luft.
Entsetzt sah Larry in einem Wrack an seiner Seite eine schwache Bewegung
und registrierte die beiden Männer auf den Sitzen. Benommen versuchte sich
Kommissar Lucell aufzurichten, doch ihm fehlte die Kraft. Der PSA-Agent
handelte schnell. Er zerrte die beiden Freunde nach draußen. Maurice Lucell kam
wieder zu
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