0390 - Lockvogel 1 spielt falsch
erschienen die beiden in der Tür. Ich starrte auf Felice. Ihr Gesicht war blass, es wirkte wie eine unterbelichtete Fotografie, die nur die Konturen erkennen ließ.
Der Killer hielt sie mit brutalem Griff an sieh gepresst. In der Rechten hielt er seine Maschinenpistole — eine italienische Beretta.
Die Waffe war entsichert, der kurze Lauf war Felice in die Seite gepresst. Sein Zeigefinger spannte sich um den Abzug.
Auf seinem Gesicht lag ein verzerrtes Grinsen.
»Jetzt kannst du mich erschießen, G-man«, sagte er. »Aber umsonst kriegst du’s nicht - denk daran!«
Ich ließ die Waffe sinken. Einen Augenblick war ich versucht gewesen, ihm die Maschinenpistole aus der Hand zu schießen. Ich war sicher, dass ich einen Treffer hätte anbringen können — aber ich kannte diese Berettas. Das waren höllische Dinger, die schon losgingen, wenn man sie scharf ansah.
Er schob das Mädchen vor sich her, den Gang hinunter zum Lift, drückte auf den Knopf…
»Auf Begleitung kann ich verzichten«, grinste er.
Der Lift kam. Der Killer schob Felice hinein. Mit einem Tritt beförderte er den Fahrstuhlführer nach draußen. Dann schlossen sich die Teakholztüren. Die Leuchtpunkte wanderten auf der Skala nach unten.
Zwei Sekunden später hing ich am Telefon. Noch hatten wir eine Chance. Unten wartete der Kollege von Fred mit einem neutralen Chevy. Er musste die Verfolgung auf nehmen.
Noch waren wir nicht aus dem Rennen geworfen.
***
An den Ereignissen der folgenden Stunde war ich nicht beteiligt. Deshalb will ich den Bericht wiedergeben, der für die Akten des FBI-Chicago verfasst wurde. Erwähnt sei vorweg, dass die Einzelheiten aus Indizien zusammengestellt werden mussten, denn der Hauptbeteiligte, FBI-Agent Dick Miller, konnte ihn nicht mehr selbst verfassen.
Unten in der Hotelhalle hatte sich eine Schar aufgeregter Menschen versammelt, Hotelgäste und Personal, die die Schüsse gehört hatten. Als der Killeir mit Felice unten erschien, rief er den Leuten zu, sie sollten in Deckung gehen, sonst würde er schießen. Daraufhin brach eine Panik aus.
Der Killer gelangte, ohne behelligt zu werden, in die Tiefgarage. Dort bestieg er einen schwarzen Cadillac mit New Yorker Nummer. Wie sich später herausstellte, gehörte der Wagen Bellison. Es wird vermutet, dass der Killer den Wagenschlüssel in Bellisons Apartment gefunden hatte. Bellison selbst war mit einem Taxi in die Stadt gefahren.
Mit hoher Geschwindigkeit jagte der Wagen über die Rampe und auf den Parkplatz. Dort bemerkte der G-man Dick Miller den Verbrecher und nahm die Verfolgung auf.
Etwa um dieselbe Zeit hatte ich eine Telefonverbindung mit dem FBI-Hauptquartier hergestellt. Von dort aus wurde sofort eine Funkvermittlung zu Miller besorgt.
Miller wurde informiert, dass der Gangster ein Mädchen als Geisel bei sich hatte. Er wurde angewiesen, alles zu unterlassen, was das Mädchen gefährden konnte und gleichzeitig zu versuchen, den Wagen nicht aus den Augen zu verlieren.
Miller bestätigte diesen Auftrag. Er berichtete, dass sie mit hoher Geschwindigkeit über die Michigan Avenue brausten und er etwa zweihundert Yards Abstand hielt.
Die FBI-Zentrale schaltete die City Police ein. Alle verfügbaren neutralen Fahrzeuge wurden in die Verfolgung eingeschaltet.
Um 8.52 Uhr wurde Miller über Funk gerufen und aufgefordert, eine Standortmeldung an alle durchzugeben. Aber FBI-Agent Miller antwortete nicht mehr…
Er konnte nicht mehr antworten. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits tot.
***
Wir fanden ihn eine halbe Stunde später. Eine halbe Meile östlich vom Hotel biegt die Avenue in Richtung Gary vom Seeufer ab. Geradeaus, am Ufer des Michigan entlang, verläuft eine Baustelle.
Hier entsteht ein neuer Parkway, der teilweise schon fertiggestellt ist.
Der Cadillac hatte die Absperrung durchbrochen und war hier entlang gefahren.
Miller war ihm gefolgt. Die Gegend war einsam, die Bauarbeiten fanden ein ganzes Ende entfernt statt.
Es war nicht leicht zu rekonstruieren, was geschehen war, denn wir fanden keine Zeugen.
Millers Wagen war von Geschossen förmlich zersiebt worden. Er war ins Schleudern gekommen und über die noch ungesicherte Straßenböschung in den See gerast.
So fanden wir ihn. Nur das Heck des Wagens ragte aus dem flachen Wasser. Eine schillernde Öllache hatte sich darum herum gebildet.
Wir stoppten und rannten nach unten, aber es war klar, dass hier jede Hilfe zu spät kam.
Phils Gesicht war kreidebleich.
»Den Burschen kriegen
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