0390 - Lockvogel 1 spielt falsch
»Ich verspreche Ihnen, dass ich bald wieder draußen bin. An dieser Geschichte werden Sie ersticken.«
Der Doppelsinn seiner Worte sollte mir erst später klar werden…
***
Die American Eagle wurde in den Hafen zurückgebracht. Ein Trupp Spezialisten machte sich dort daran, das Schiff wirklich auseinanderzunehmen. Lawrence wurde in das FBI-Gefängnis gebracht. Am Nachmittag sollte er dem Richter vorgeführt werden.
Im Hauptquartier des FBI Chicago besprachen wir die nächsten Schritte.
»Wir haben sieben Stunden Zeit, bis Newport entlassen wird«, stellte ich fest. »Das ist sehr wenig. Dass Lawrence ein Geständnis ablegt, ist unwahrscheinlich. Dabei wäre das der einzige Weg, um Newports Beteiligung an den Verbrechen nachzuweisen.« Ich zog das Aktenstück mit den Unterlagen heran, die man auf meinen Wunsch besorgt hatte. »Hieraus 30 ergibt sich, dass Lawrence im letzten Jahr drei Besuche in Scranton gemacht hat. Dabei dürften sie ihre Pläne entwickelt haben.«
»Die Gespräche fanden doch unter Aufsicht statt«, meinte Phil, den unvermeidlichen Becher mit heißem Kaffee in der Hand.
»Vielleicht war die Kontrolle nicht scharf, denn Newport wurde ja sowieso bald entlassen. Bellison hat sich also Newports Geschäft angeeignet. Was das ist, wissen wir noch nicht, vielleicht Rauschgift. Newport will sich natürlich an Bellison rächen. Zu diesem Zweck wird der Killer, über den wir auch noch nichts Näheres wissen, engagiert. Aber mit der Beseitigung Bellisons ist es noch nicht getan. Wenn ein Mann nach fünf Jahren wieder eine Organisation übernehmen will, muss er wissen, was inzwischen geschehen ist. Bellison hat bestimmt einiges geändert — wenn Newport gleich mit Erfolg einsteigen will, muss er sich da auskennen.«
»Zu diesem Zweck wird Felice engagiert!«
»Genau das vermute ich! Und da Newport sitzt, braucht er einen zuverlässigen Mann, der alles für ihn arrangiert. Dieser Mann ist Lawrence. Vermutlich wird er hoch bezahlt.«
»Warum wartet Newport nicht ab, bis er frei ist, und nimmt die Dinge dann selbst in die Hand?«, wandte Phil ein.
Ich hob die Schultern.
»Keine Ahnung — ich kann es mir nur so vorstellen, dass er verhindern will, dass Bellison Gegenmaßnahmen ergreift. Bellison ist schließlich nicht dumm, er weiß auch, was ihm blüht. Aber er geht davon aus, dass Newport seine Maßnahmen erst organisiert, wenn er frei ist. Bis dahin fühlt er sich sicher. Dass Newport so schnell zuschlagen wird, ahnt Bellison natürlich nicht.«
»Vielleicht weiß er es inzwischen!«
»Das glaube ich nicht. Wir haben ja nur Felice informiert und die wird es ihm kaum mitgeteilt haben. Sie hätte auch keine Gelegenheit dazu gehabt. Und sonst? Vielleicht liest Bellison von dem Mord an Harris in den Zeitungen aber er wird nie auf die Idee kommen, dass das etwas mit ihm zu tun hat.«
»Er wird aber stutzig werden, wenn er erfährt, was im Marberry passiert ist.«
»Ja, wenn er es erfährt. Jedenfalls sollten wir herausfinden, wo er steckt. Ich bin überzeugt davon, dass der Killer seine Absicht noch nicht auf gegeben hat. Er wird versuchen, Bellison umzubringen. Wenn wir uns an Bellison halten, kriegen wir automatisch wieder Kontakt mit dem Killer.«
»Und Felice«, ergänzte Phil.
Fred Halsey platzte in das Zimmer, ein Fernschreiben in der Hand.
»Endlich ein Erfolg«, triumphierte er. »Eben ist eine Personenbeschreibung von dem Mörder durchgekommen.«
Er legte das Blatt auf den Tisch.
»Der Mann heißt John Houston«, erklärte er. »Wurde am 1. 6. 1920 in Saunas, Kalifornien geboren. An seinem 21. Geburtstag wurde er wegen Mordes in San Francisco zum Tode verurteilt, ein Jahr später begnadigt und nach Alcatraz gebracht. Dort saß er zehn Jahre ab — dann gelang ihm die Flucht!«
Ich hob ungläubig die Brauen.
»Flucht aus Alcatraz? Da muss ein fantasiefreudiger Sheriff zu viel Kriminalromane gelesen haben.«
»Doch, es ist schon so«, bestätigte Fred. »Deshalb existierten ja nirgendwo Unterlagen über den Burschen. Man hielt ihn für tot. Er gehörte zu einer Gruppe von drei Mann, denen der Ausbruch gelungen war. Alle drei waren seitdem verschollen. Das ist auch ganz natürlich, denn vor der Insel Alcatraz gibt es eine starke Meeresströmung, die man nicht durchschwimmen kann, ohne nach Japan zu kommen. Deshalb nahm man damals an, die Gruppe sei ertrunken oder Beute von Haifischen geworden. Die Akten wurden geschlossen und wanderten ins Archiv. Als jetzt das Foto von Houston
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