0393 - Die Schwelle zum Nichts
plötzlich, mitten unter der Arbeit, sämtliche fünftausend Männer verschwinden können?" fragte der Erste Offizier.
Der Kommandant nickte ernst.
„Genau das bedeutet es, John!"
Sanda fuhr sich durch das kurzgeschnittene Haar und knurrte: „Und was können wir tun?"
Bontainer zuckte die Schultern und hielt sich an den Kanten des Pultes fest.
„Weder du noch ich können helfen. Alle unsere Hyperphysiker und jeder andere, der glaubt, eine gute Idee zu haben, sind drüben in der CREST. Wir können nur eines tun ..."
Sanda stieß ein kurzes, verzweifeltes Lachen aus.
„Warten, nicht wahr?"
„Ja. Warten. Sonst nichts."
Sie warteten genau zwanzig Stunden, bis etwas geschah. Aber dann war es nicht die Rettung der fünftausend Terraner vor dem Verschwinden im fünfdimensionalen Raum, sondern etwas anderes.
*
Am elften Juli dieses Jahres, in den ersten Stunden dieses Tages, kamen nacheinander weitere Schiffe aus dem Linearraum. Eine riesige Flotte war hierherverlegt worden.
Dreitausend Schiffe insgesamt umgaben das Doppelgestirn und die wartenden Raumschiffe mit einem Schutzwall in Kugelform. Das Sonnensystem war vollkommen abgeriegelt.
In der EX-8703 ging das Leben seinen normalen Gang.
Abgesehen davon, daß die Wissenschaftler, von deren Einsatz man sich etwas versprechen konnte, ununterbrochen in zwei Schichten zwischen dem Explorer und dem Flaggschiff hin und her flogen.
Diese Eigenschaften teilten sie mit den anderen Einsatzkommandos. Innerhalb der anderen Schiffe bildeten sich Arbeitsgruppen heraus, die das Phänomen untersuchten und auszurechnen versuchten, wann alles zu Ende sein würde. Bontainer ließ den Explorer wieder auf Hochglanz bringen, leitete die Aufräumungsarbeiten ein und hielt sich ständig innerhalb des Schiffes auf. Mit einigen seiner Leute stand er in mehr oder weniger ununterbrochener Funkverbindung.
Er wollte sicher sein, daß er von einer Änderung der Verhältnisse als einer der ersten unterrichtet werden würde.
John Sanda saß an seinem Platz, hatte die Checkliste neben sich aufgeschlagen und testete sämtliche Funktionen des Schiffsantriebes durch. Auch der Explorer, wie auch die anderen Schiffe dieses metallenen Planetensystems, bewegte sich mit minimalster, praktisch nicht mehr feststellbarer Abdrift der roten Doppelsonne zu. Da aber dadurch die Abstände zu den anderen Schiffen nicht verändert wurden, war ein Gegensteuern unsinnig und unterblieb.
Wie nicht anders erwartet, funktionierten sämtliche Steuerleitungen, und ein Probestart mit simulierten Werten war unnötig.
Mitten in die Arbeiten kam Bontainer.
„Du hier?" fragte er, anscheinend überrascht.
„Wo sonst?" fragte Sanda. „Hast du eigentlich während der letzten Tage unseren diebischen Freund gesehen?"
Bontainer lachte kurz und zündete sich eine Zigarette an.
„Nein. Gesehen habe ich ihn schon seit geraumer Zeit nicht. Aber die Verlustmeldungen häufen sich."
Sanda schaltete virtuos die einzelnen Sektoren seines Steuerpultes aus und drehte dann schwungvoll seinen Kontursessel herum. Er bremste den Schwung mit den Sohlen der Stiefel ab und sah Bontainer mit schiefgelegtem Kopf und großen, fragenden Augen an.
„Das kann nur eines bedeuten, Bonnie !"
Vivier lockerte seine Dienstwaffe. „Wieder einmal hast du recht", sagte der Explorerkommandant und ging langsam zum Schott. Sanda folgte ihm auf den Fersen, und keine dreißig Meter weiter, in dem breiten Korridor, stieß der Mausbiber zu ihnen. Die Männer stiegen vom Laufband herunter und blieben stehen. Der Ilt trug keinen Kampfanzug mehr, und sein Nagezahn blitzte im Licht der Korridorlampen.
„Wohin geht ihr?" fragte er.
John Sanda wußte, daß Gucky seine Gedanken feststellen konnte und mußte belustigt grinsen, als er sich vorstellte, Gucky mit dem Lourener zusammenzubringen.
„Wir machen eine Razzia!" sagte er.
Gucky tat so, als verstände er nichts.
„Razzia? Was sucht ihr?"
Er schloß sich den zwei Männern an, die zielstrebig den Weg zur Kabine des diebischen Loureners einschlugen.
Sanda erklärte: Wir haben einen reizenden Freund an Bord. Er leidet nur an dem unwiderstehlichen Zwang, kleinere glänzende Gegenstände an sich zu nehmen. Besonders dann, wenn sie nicht ihm gehören und lüsker glänzen."
„Lüsker?" fragte Gucky.
Sie waren nur noch drei Meter von der Kabinentür des Gefühlsorters entfernt.
„Lüsker, ja. Das ist ein Kunstwort das Oomph geprägt hat. Es kann alles bedeuten."
„Ich verstehe",
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