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0395 - Luzifers Paradies

0395 - Luzifers Paradies

Titel: 0395 - Luzifers Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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montiert…«
    »Der muß aus dem Süden kommen«, vermutete Nicole. »Wie wär es, wenn du jetzt etwas konzentrierter fahren würdest? Oder soll ich doch das Lenkrad übernehmen?«
    »Mit deinen vier Glas Wein bestimmt nicht«, stellte Zamorra fest.
    Wenig später verließen sie Bozen in östlicher Richtung auf der Dolomitenstraße, die von Bozen aus gut hundertvierzig Kilometer weit über wilde Serpentinenstrecken, haarsträubende Steigungen und Gefälle bis zum über 3200 Meter hohen Monte Cristallo, noch ein Stück hinter Cortiona d’Ampezzo führte. Aber so weit hatten sie es bei weitem nicht. Vigo war nur eine gute halbe Stunde entfernt.
    Es war bereits dunkel geworden. Vom Rosengarten sahen sie nichts mehr, und auch die Raben entdeckten sie nicht, die über dem Paß ihre Kreise zogen, und die Schatten, die durch die Berge huschten…
    Es war alles völlig ruhig und normal…
    ***
    Alles andere als normal war es auf der Leitner-Hofstätte.
    Gleich zu viert waren sie aufgetaucht, die Riesen, jeder von ihnen doppelt mannsgroß, und sie langten sofort zu. Eine Faust flog heran, traf den ahnungslosen Anton Grundl und schleuderte ihn über den Hof gegen seinen Wagen. Zwei Riesen packten Sibylle rechts und links bei den Armen, rissen sie hoch, daß sie den Boden unter den Füßen verlor, und der dritte hielt ihr mit seiner gewaltigen, stinkenden Pranke den Mund zu und verhinderte, daß sie aufschrie.
    Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie trat um sich, wand sich im Griff der Riesen, aber die ließen nicht locker. Mit Bärenkräften hielten sie Sibylle fest und begannen zu laufen, das Mädchen zwischen ihnen. Den Zaun, der eineinhalb Meter hoch die Hofstätte einfriedete, übersprangen sie fast aus dem Stand. Rasender Schmerz durchzuckte Sibylle, die bei diesem Sprung glaubte, zwischen den stählernen Fäusten der Riesen auseinander gerissen zu werden, weil sie ihre Bewegungen nicht aufeinander abstimmten.
    Der vierte blieb noch ein paar Sekunden auf der Hofstätte zurück, paßte auf, ob niemand sie verfolgte, und schließlich wandte auch er sich ab und sprintete hinter den drei anderen her.
    Sie hetzten durch die Nacht davon, den Hang hinauf und über Stock und Stein. Sibylle schaffte es, ihre Zähne in die Hand vor ihrem Gesicht zu graben, und der Riese röhrte dumpf auf. Aber er wagte es nicht, sie mit einem Faustschlag für den schmerzhaften Biß zu erschlagen.
    Die beiden, die Sibylle immer noch in der Luft hielten, stoppten nicht einmal ihren Lauf, als einer davon ihnen sie mit der freien Hand packte, herumwirbelte, und der zweite konnte ihren Arm kaum schnell genug loslassen, als der erste sie sich über die Schulter hebelte wie einen halbvollen Mehlsack. Sie schrie wieder auf, weil ihr fast der Arm aus dem Schultergelenk gerissen wurde, und trommelte mit den Fäusten auf den sie tragenden Riesen ein.
    Den störte das überhaupt nicht.
    Aber schreien konnte sie jetzt, und sie rief um Hilfe, was ihre Lungen hergaben.
    Trotzdem ahnte sie, daß keine Hilfe mehr kommen konnte. Bis jemand in der Hofstätte darauf aufmerksam wurde, was hier passiert war, waren sie schon buchstäblich über alle Berge. Die Riesen entwickelten trotz des ansteigenden Berghanges das Tempo eines Autos.
    Unten an der Straße, die Sibylle ein paarmal sehen konnte, war Licht. Scheinwerferlicht. Da kam ein Wagen von Welschnofen oder Bozen die Paßstraße herauf und fuhr in Richtung Vigo, Pozza und Campitello. Eines von unzähligen, die jeden Tag hier entlang fuhren. Zu bestimmten Zeiten herrschte reger Verkehr, weil die andere Straße, die über Tiers ging, noch schlechter ausgebaut war und noch viel gemeinere Steigungs- und Gefällstrecken aufwies.
    Und dann war von der Straße schon nichts mehr zu sehen, und die Bergwelt nahm sie auf. Das Funkeln der Sterne am Nachthimmel empfand Sibylle Leitner nur noch als boshafte Ironie…
    ***
    Anton Grundl starrte entsetzt hinter den davonstürmenden Riesen her. Er traute seinen Augen nicht, aber seine schmerzenden Rippen verrieten ihm ebenso wie die blutige Schramme am Hinterkopf, daß er einen Schlag erhalten hatte, als habe ihn ein Pferd getreten. Er konnte kaum atmen und fürchtete, daß seine Rippen von dem Fausthieb eingedrückt worden waren, und dann war er nach seinem unfreiwilligen Blitzflug mit dem Hinterkopf gegen den Dachholm seines Wagens geschlagen. Vor ihm drehte sich alles, und er dachte an Mäuse, Riesen und an Sibylle, die sich in den Klauen dieser unheimlichen Giganten

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