0397 - Der Fluch des Inka
unter der scharfen Schneide.
»Sind Sie wahnsinnig?« schrie Jorgensen entsetzt auf, der seine vorherige Ruhe jäh verloren hatte. Die Pfeife fiel ihm aus dem Mund; er achtete nicht darauf. Er sprang vor, um Nicole zurückzureißen.
Aber es war schon zu spät.
Sie hatte die bemalte und bestickte Hülle bereits von oben bis unten mit einem langen, kraftvollen Ruck aufgeschnitten…
***
Einige Zeit vorher waren die beiden aus der Ruine flüchtenden Huaqueros, die den toten José mit sich schleppten, mit ihren Komplizen zusammengetroffen.
Sie unterhielten ein kleines Lager, das sich gar nicht weit von dem Camp der Wissenschaftler befand. Jacáo hatte dafür gesorgt, daß es angelegt wurde. Clever, wie er war, hatte er dafür den größten Teil des Weges benutzt, den die Wissenschaftler in den Dschungel gerodet hatten, als sie zur Ruine vorstießen. Erst einen halben Kilometer vorher zweigte der »Privatweg« der Grabräuber ab. Er war gut mit Buschwerk getarnt. Nicht einmal Rob Tendyke hatte ihn gefunden. Er hatte jeden Jeep der von ihm verfolgten Huaqueros erst aufgespürt, als der sich bereits auf dem richtigen Weg befand. Wo sich die Tarnung der Abzweigung mit ihrem Gewirr aus Lianen und Buschwerk befand, hatte er beim besten Willen nicht erkennen können.
Das Lager der Huaqueros war entschieden kleiner als die künstliche Lichtung, die die Archäologen sich geschaffen hatten. Es war gerade noch Platz für den Jeep, ein kleines Lagerfeuer und drei Zelte. Mehr brauchten sie nicht; mehr Platz zu schaffen, wäre auch Vergeudung von Kräften gewesen.
Jetzt, nachdem José tot war, waren sie nur noch zu viert. Manuel, Cuataxi, Pepe und Juantaro. Sie begruben José sofort; in diesem Klima setzte der Verwesungsprozeß rasch ein. Währenddessen erzählten Manuel und Pepe von dem Zwischenfall.
Der Americano war vor ihren Augen spurlos verschwunden, und im Verschwinden hatte er José erschossen…
»Was tun wir jetzt?« fragte Pepe schließlich. »Verschwinden wir? Geben wir auf?«
»Nein«, sagte Cuataxi hart, der Quachua-Blut in seinen Adern hatte.
»Dafür sind diese Jagdgründe zu ergiebig. Wir blieben hier.«
»Aber wir sind jetzt nur noch zu viert.«
»Dann brauchen wir auch nur durch vier zu teilen«, sagte Cuataxi entschlossen.
»Jacáo hatte zwar die besten Kontakte zu den Händlern, aber das kriegen wir auch noch allein hin.«
»Die Wissenschaftler werden sich uns energischer denn je entgegenstellen.«
»Ihr Leibwächter, den sie sich geholt haben, hat sich in Nichts aufgelöst. Sie sind Forscher, keine Krieger. Wenn uns einer von ihnen in die Quere kommt…« Cuataxi grinste und machte mit der linken Hand die Geste des Halsdurchschneidens. »Wir haben Opfer genug bringen müssen. Ich will jetzt endlich den Lohn unserer Angst sehen. Wir holen uns, was wir brauchen. Hier draußen fragt keiner nach diesen Wissenschaftlern. Oben in den Bergen oder im Land zwischen der Küste und den Anden wäre das anders. Dort gibt es überall Polizei. Hier nicht.«
Die anderen sahen ihn teilweise bestürzt an.
»Du meinst, wir sollten sie ermorden?«
Cuataxi erhob sich. »Ich habe es satt«, sagte er. »Jacáo und Jorge sind auf geheimnisvolle Weise verschwunden, einer von uns in Iquitos in Haft. Wann er freikommt, wissen nur die Götter. José ist tot. Por dios, wir sind auf die Hälfte geschrumpft! Ich habe es satt bis zur Halskrause! Wir holen uns, was wir wollen, jetzt mit Gewalt. Die Wissenschaftler sind in Angst. Ich glaube, sie verschwinden auch reihenweise. Sie sind viel weniger als zu Anfang, und ich wüßte nicht, daß einige von ihnen nach Iquitos gefahren sind.«
»Ich bin kein Mörder«, warf Juantaro ein. »Ich mache da nicht mit.«
»Dann«, sagte Cuataxi gleichmütig, »teilen wir durch drei.«
Erschrocken sah Juantaro ihn an. Dann wechselte sein Blick zu den beiden anderen. Manuel und Pepe zuckten mit den Schultern. Sie machten Cuataxi die neue Anführerschaft nicht streitig.
Ohnehin ging es um Profit. Egal wie…
Juantaro nickte. »Gut, ich mache mit«, sagte er gepreßt.
»Dann kommt. Wir holen uns noch in dieser Nacht, was wir brauchen. Morgen werden wir reich sein«, sagte Cuataxi.
***
Sie erreichten das Camp in dem Moment, als Trevor und die Studentin zum Aufbruch rüsteten. Sie beobachteten das bereits merklich ausgedünnte Camp. Die Archäologen machten einen solchen Lärm, daß dabei kaum jemand schlafen konnte und also auch keinen Grund hatte, sich in den Zelten aufzuhalten. Das,
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