04 - Die Tote im Klosterbrunnen
Sorgen um Eure Sicherheit gemacht. Ich fürchtete, Ihr könntet in den Aufstand verwickelt worden sein.«
»Was gibt’s darüber Neues? Was ist passiert?« fragte Fidelma mit banger Ungeduld.
»Ich bin mit Schwester Comnat nach Ros Ailithir gesegelt. Nur etwa eine halbe Tagesreise von hier entfernt trafen wir, wie es der Zufall wollte, auf ein Kriegsschiff der Loígde. Der Kapitän, ein guter Bekannter, entschloß sich, unverzüglich Gulbans Kupferminen anzusteuern. Wir setzten unsere Reise fort und begaben uns in Ros Ailithir auf schnellstem Wege zu Abt Broce und Bran Finn. Dieser wiederum versetzte seinen Stamm sofort in Alarmbereitschaft und schickte Boten zu Euerm Bruder nach Cashel. Außerdem stellte er mir ein Kriegsschiff als Geleitschutz zur Verfügung, und wir kehrten mit dem Brehon hierher zurück, so schnell wir konnten. Schwester Comnat bestand darauf, ebenfalls mitzukommen.«
»Haben die Aufständischen Cashel denn schon angegriffen?« unterbrach Eadulf, der wußte, wieviel Sorgen sich Fidelma um ihren Bruder machte.
»Das wissen wir nicht«, erwiderte Ross. »Beccan hat den Auftrag, Adnár und alle, die Gulban unterstützen, einzusperren. Er wird die Abtei beschützen, bis er neue Anweisungen von Bran Finn erhält. Sobald wir erfahren, wie es um Cashel steht, kann Beccan über die Morde in der Abtei zu Gericht sitzen.«
Fidelma überlegte.
»Das ist ganz in meinem Sinne«, stimmte sie zu. »Tatsächlich ist die Verzögerung sogar von Vorteil, denn ich möchte noch einige Dinge klären, bevor ich in dem Fall die Anklage vorbringe. Aber sind wir hier denn sicher vor Gulbans Männern?«
Ross deutete wortlos auf das Kriegsschiff, das unter der Flagge von Cashel in der Meerenge vor Anker lag.
»Keine schlechte Garantie«, brummte Eadulf. Dann wurden seine Augen schmal. »Hier kommt Adnár, der hiesige Häuptling, um sich mit dem Brehon bekannt zu machen.«
Vom Kai vor Dún Boí legte ein Boot ab und überquerte die Bucht. Im Heck war die schwarzhaarige Gestalt des bó-aire zu erkennen.
»Ich glaube, ich würde gern mit auf Eure barc kommen und noch einmal mit Schwester Comnat sprechen, Ross«, sagte Fidelma, der ein erneutes Zusammentreffen mit Adnár im Augenblick nicht sehr gelegen kam.
Ross half Fidelma ohne Zögern in sein Boot, und zusammen mit Eadulf fuhren sie los, bevor Adnárs Gefährt am Kai anlegte.
Schwester Comnat saß in der Kajüte. Sie wirkte etwas abgespannt, schien jedoch bei wesentlich besserer Gesundheit zu sein als beim letzten Mal, da Fidelma sie gesehen hatte.
»Ist alles in Ordnung?« fragte sie sofort, kaum daß Fidelma und Eadulf die Kajüte betreten hatten.
»Wahrscheinlich erfahren wir das erst in ein bis zwei Tagen, Schwester«, erwiderte Fidelma. »Jedenfalls können wir die Liste der Todesfälle in der Abtei um einen Namen ergänzen – Torcán von den Uí Fidgenti.«
»Der Sohn von Eoganán? Er war in der Abtei?« fragte die Bibliothekarin besorgt.
Fidelma nahm auf der Koje Platz und bedeutete Comnat, sich wieder zu setzen.
»Ihr habt erzählt, daß Ihr beobachten konntet, wie er Gulbans Männer trainierte, bevor Ihr zusammen mit Schwester Almu gefangengenommen wurdet?«
»Ja.«
»Und Bruder Eadulf hat in ihm den jungen Häuptling wiedererkannt, der in den Kupferminen das Kommando hatte.«
»Ja, dort war er auch.«
»Schwester Comnat, Ihr seid doch sehr gebildet – sagt, kennt Ihr die Bedeutung des Namens Torcán?«
Schwester Comnat war sprachlos.
»Was hat das damit zu tun?«
»Bitte.«
»Na schön, laßt mich überlegen … wahrscheinlich handelt es sich um eine Ableitung von torce , einem wilden Eber.«
»Habt Ihr nicht erwähnt, daß Schwester Almu vor ihrer Flucht etwas zu Euch sagte, worauf Ihr Euch keinen Reim machen konntet?«
»Ja, sie sagte …« Comnat verstummte, als sie den Zusammenhang begriff. »Vielleicht habe ich ihre Bemerkung auch falsch verstanden. Almu sagte etwas über einen wilden Eber, zumindest glaube ich das … Wollt Ihr behaupten, daß Torcán ihr zur Flucht verhalf und sie dann ermordete? Aber warum? Das ergibt doch gar keinen Sinn.«
»Ihr habt auch erwähnt, daß Almu mit Síomha befreundet war, richtig?«
»Sehr sogar.«
»Falls Almu die Abtei wohlbehalten erreicht hätte, wäre es für sie doch naheliegend gewesen, zuallererst Schwester Síomha aufzusuchen, vielleicht sogar noch, bevor sie mit Äbtissin Draigen gesprochen hätte, nicht wahr?«
»Möglich.«
»Versetzt Euch mit mir noch einmal zurück an jenen
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