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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Gästehaus zu bringen«, bat sie Adnár. »Man hat ihm einen heftigen Schlag versetzt. Er braucht Umschläge mit Heilkräutern und vor allem Ruhe. Dann, Adnár, können wir reden.«
     
    Später an jenem Vormittag führten Fidelma und Eadulf eine kleine Gruppe zu der unterirdischen Höhle: Äbtissin Draigen, ihren Bruder, den sie mit einstudierter Kälte geflissentlich übersah, und Schwester Brónach. Alle drei identifizierten die grauenvollen Überreste von Schwester Almu und Schwester Síomha. Dann steckten zwei Nonnen die Köpfe in einen Beutel und brachten sie unter Anleitung von Schwester Brónach zum Friedhof, wo sie bei den dazugehörigen Leichen begraben werden sollten.
    Draigen starrte voller Hochmut auf Torcáns Leichnam herab, der noch so dalag, wie er hingestürzt war.
    »Vielleicht kann Euer Gefährte«, sagte die Äbtissin und deutete auf Eadulf, der sich mittlerweile weitgehend erholt hatte, »Adnár helfen, den Toten wegzuschaffen. Er hat auf dem Abteigelände nichts zu suchen.«
    »Selbstverständlich, Mutter Oberin«, stimmte Eadulf, der die Feindseligkeit in Draigens Stimme nicht bemerkte, bereitwillig zu. Doch Fidelma hielt ihn zurück. Stirnrunzelnd beugte sie sich noch einmal über den Toten und betastete sein Wams, unter dem ihr scharfes Auge eine Ausbuchtung entdeckt hatte. »Interessant«, murmelte sie und zog mehrere Pergamentseiten darunter hervor. Im Licht der Laterne waren die rotbraunen Schlammflecken darauf deutlich zu erkennen.
    »Nun?« fragte Äbtissin Draigen erwartungsvoll.
    Schweigend faltete Fidelma die Blätter zusammen und steckte sie in ihre crumena . Dann lächelte sie die Äbtissin an.
    »Jetzt kann der Leichnam fortgebracht werden. Aber vielleicht sollte Adnár besser nach Torcáns Gefolgsleuten schicken, um ihn wegschaffen zu lassen? Eine solche Aufgabe ist doch für einen bó-aire und ein Mitglied der Geistlichkeit ausgesprochen unschicklich.«
    Die Äbtissin schnaubte verärgert und wandte sich mit der Bemerkung: »Wie Ihr wünscht. Hauptsache, er kommt hier weg« zum Gehen. Dann war sie verschwunden. Adnár zuckte die Achseln.
    »Ich werde tun, was Ihr gesagt habt, und Torcáns Gefolgsleute herschicken, damit sie seinen Leichnam bergen.«
    Da Fidelma nicht antwortete, verließ auch er den subterraneus.
    Später, als Fidelma in ihrer Kammer im Gästehaus Eadulf gegenübersaß, strich sie die Pergamentseiten glatt, die sie bei Torcáns Leichnam gefunden hatte.
    »Was sind das für Blätter?« fragte der sächsische Mönch und beugte sich vor. »Es hat der Äbtissin gar nicht gefallen, daß Ihr sie darüber im Unklaren gelassen habt.«
    Fidelma hatte sie sofort erkannt.
    Es handelte sich um die fehlenden Seiten aus dem Buch Teagasg Rí , aus dem biographischen Anhang zu Cormac Mac Arts philosophischen Anleitungen. Sie blätterte sie rasch durch und fand ihre Vermutung bestätigt: Da stand sie, die Geschichte von Cormac und dem goldenen Kalb. Es ging um die Rache des Priesters vom Kult des goldenen Kalbes und darum, wie er Cormac angeblich getötet hatte, indem er dafür sorgte, daß drei Lachsgräten in des Königs Hals steckenblieben.
    »Nach dieser niederträchtigen Tat«, las Fidelma laut weiter, »setzte sich der gottlose Priester zur Ruhe und nahm das sagenhafte Götzenbild mit, das so viel wert war wie alle Ehrenpreise der Könige von Éireann zusammen, den des Oberkönigs mit eingeschlossen. Er kehrte in seine Heimat an der äußersten Spitze des Königreiches zurück, an den Ort der Drei Lachse, und versteckte das goldene Kalb dort in den urzeitlichen Höhlen, um den Zeitpunkt abzuwarten, da der Neue Glaube besiegt werden konnte. Und noch viele Generationen danach trugen alle Priester vom Kult des goldenen Kalbes, die auf den Tag der Abrechnung warteten, den Namen Dedelchú.«
    Eadulf runzelte die Stirn.
    »Der Wachhund von Dedel? Den habt Ihr doch schon mal erwähnt?«
    Fidelma lächelte.
    »Der Wachhund des Kalbes. Ich habe in Longarads Wörterbuch nachgeschlagen: Dedel ist ein altes Wort, das heute kaum noch gebräuchlich ist, und es bezeichnet ausdrücklich das Kalb einer Kuh.«
    »Ach, habe ich nicht gesagt, daß die Höhlenmalerei eher einem Kalb gleicht als einem Hund?« bemerkte Eadulf stolz.
    Fidelma unterdrückte einen mißmutigen Seufzer.
     
    Am nächsten Tag hörte Fidelma Trompetenstöße von Adnárs Festung. Sie trat aus dem Gästehaus und blickte über die Meerenge. Zwei Schiffe liefen in den geschützten Hafen ein. Ross’ barc erkannte sie

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