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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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verengten sich, als sie sich Bruder Febal direkt zuwandte.
    »Vielleicht seid Ihr so gut und drückt Euch etwas deutlicher aus, Bruder?«
    Verblüfft riß Bruder Febal den Kopf hoch und blickte nervös zu Olcán und Adnár. Dann setzte er seinen maskenhaften Gesichtsausdruck wieder auf.
    »Sua cuique sunt vitia« , rezitierte er.
    »In der Tat, wir alle haben unsere Laster«, pflichtete ihm Fidelma bei, »aber vielleicht erzählt Ihr uns, welches aus Eurer Sicht die Laster der Äbtissin sind?«
    »Ich glaube, wir alle wissen, was Bruder Febal meint«, unterbrach Adnár sie gereizt, als ärgere er sich über ihre Begriffsstutzigkeit. »Also, wenn in der Abtei der Leichnam einer jungen Frau gefunden würde und ich die Untersuchung durchzuführen hätte, ich würde den Täter innerhalb der Abtei suchen, und als Tatmotiv käme ausschließlich primitive, pervertierte Leidenschaft in Betracht.«
    Schwester Fidelma lehnte sich zurück und musterte Adnár neugierig.
    »Habt Ihr mich zu Euch eingeladen, um mir das zu sagen?«
    Adnár nickte bestätigend.
    »Ursprünglich habe ich Euch eingeladen, um dagegen zu protestieren, daß die Kirche jemanden aus ihren eigenen Reihen geschickt hat, um den Fall aufzuklären, und das auch noch auf Ersuchen der Hauptverdächtigen. Ich dachte, Ihr wäret gekommen, um die Äbtissin zu entlasten.«
    »Und jetzt habt Ihr Eure Meinung geändert?« Fidelma war die sorgfältige Wortwahl des bó-aire nicht entgangen.
    Adnár warf einen unbehaglichen Blick zu Olcán hinüber.
    »Olcán hat mir von Euerm ausgezeichneten Ruf berichtet und mir versichert, daß Ihr das Vertrauen des Oberkönigs sowie von Königen und Prinzen anderer Länder genießt. Ich bin deshalb einverstanden, den Fall in Euren Händen zu lassen, und vertraue darauf, daß Ihr niemanden deckt, den anzuklagen sich geziemte.«
    Fidelma musterte ihr Gegenüber eingehend und bemühte sich, ihre Überraschung zu verbergen. Daß eine derartige Beschuldigung gegen das Oberhaupt einer religiösen Gemeinschaft vorgebracht wurde, war eine schwerwiegende Angelegenheit.
    »Laßt mich eines klarstellen, Adnár«, sagte sie langsam und deutlich. »Ihr behauptet in aller Öffentlichkeit, daß Äbtissin Draigen für den Mord an diesem jungen Mädchen verantwortlich ist und daß sie ihn beging, um ihre sexuellen Neigungen zu verschleiern?«
    Adnár setzte gerade zu einer Antwort an, als Olcán sich einmischte.
    »Nein, ich glaube nicht, daß Adnár eine offizielle Anklage vorbringt. Er weist nur darauf hin, daß die Richtung, die Eure Nachforschungen nehmen sollten, auf der Hand liegt. In dieser Gegend scheint weit und breit bekannt zu sein, daß Äbtissin Draigen eine Vorliebe für attraktive junge Nonnen hat und sie zum Eintritt in ihre Abtei ermuntert. Das ist jedoch nur allgemeines Gerede. Jetzt wurde dort der Leichnam einer jungen Frau gefunden. Meiner Meinung nach will Adnár Euch lediglich darauf hinweisen, daß Ihr gut daran tut, zu untersuchen, ob innerhalb der Abteimauern unstatthafte Dinge geschehen sind.«
    Fidelma musterte den jungen Mann. Er schien mit aufrichtiger Überzeugung und Offenheit zu sprechen, war aber auch klug genug, Adnár von einem gefährlichen Weg abzubringen, auf dem er wegen Verleumdung der Äbtissin juristisch belangt werden konnte. Bruder Febal machte den Eindruck, als ginge ihn die ganze Angelegenheit nichts an, und aß in aller Ruhe weiter. Olcán schien es lediglich darum zu gehen, sie über die ganze Tragweite der Situation zu informieren.
    Fidelma seufzte.
    »Na schön. Die Unterhaltung bleibt unter uns«, erklärte sie sich schließlich einverstanden. »Ich werde jeder Spur nachgehen, die zu dem Schuldigen führen könnte, und zwar ohne Rücksicht auf Amt und Stellung der Verdächtigen.«
    Erleichtert lehnte Olcán sich zurück.
    »Das ist alles, worum es Euch geht, nicht wahr, Adnár?«
    Der Häuptling nickte.
    »Ich bin sicher, Ihr werdet hier in der Gegend jede Menge Leute finden, die unsere Ansichten über Äbtissin Draigen teilen. Bruder Febal spricht als ein Mann der Kirche. Er ist äußerst beunruhigt wegen der Geschichten, die ihm über die Äbtissin zu Ohren kommen, und um den guten Ruf des Christentums besorgt.«
    Fidelma sah den Mönch scharf an.
    »Kursieren denn viele Geschichten?«
    »Einige«, bestätigte Bruder Febal.
    »Und gibt es Beweise?«
    Bruder Febal hob gleichgültig die Schultern.
    »Es kursieren einige Geschichten«, wiederholte er. »Valeat quantum valere potest.«
    Das war ein

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