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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Gemeinschaft blickte verärgert auf und verzog das Gesicht, als sie Fidelma erkannte.
    »Ich habe mich schon gefragt, wann Ihr endlich kommen würdet«, begrüßte sie die dálaigh gereizt.
    Fidelma war sprachlos, und das geschah nicht sehr oft. Unwillkürlich weiteten sich ihre Augen.
    Schwester Síomha rückte eine kleine Kupferschale zurecht, die oben auf dem dampfenden Bronzebecken schwamm. Dann erst richtete sie sich auf und drehte sich um.
    Erneut fiel es Fidelma nicht leicht, dieses engelhafte, herzförmige Gesicht mit der verantwortungsvollen Stellung und den Aufgaben einer rechtaire in Einklang zu bringen. Sie musterte Síomha eingehend und bemerkte ihre großen bernsteinfarbenen Augen. Die Lippen waren voll, und hie und da lugte eine Strähne braunen Haares unter ihrer Kopfbedeckung hervor. Ihre Sommersprossen und die großen Augen wirkten entwaffnend und unschuldig. Dennoch funkelte etwas tief in diesen Bernsteinaugen, ein Ausdruck, den Fidelma nur mit Mühe deuten konnte – rastloser, alles verzehrender Haß.
    Fidelma zog die Augenbrauen zusammen und versuchte, ihren Ärger von vorhin wieder zu spüren.
    »Wir sind übereingekommen, uns zur Mittagszeit im Gästehaus zu treffen«, begann sie, doch zu ihrer Überraschung schüttelte die junge Schwester entschieden den Kopf.
    »Wir sind nicht übereingekommen«, entgegnete sie schroff. »Ihr habt mir befohlen, mittags dort zu sein, und seid dann fortgegangen, bevor ich antworten konnte.«
    Fidelma war perplex. Das war zweifellos eine mögliche Lesart ihres Wortwechsels. Man durfte jedoch die arrogante Anmaßung nicht vergessen, die das junge Mädchen von Anfang an an den Tag legte und die Fidelma zu ihrer Reaktion veranlaßt hatte, um ihrer Unverschämtheit und Respektlosigkeit zu begegnen. Doch offensichtlich hatte sie daraus keinerlei Schlußfolgerungen gezogen und Fidelma völlig falsch verstanden.
    »Habt Ihr eigentlich begriffen, Schwester Síomha, daß ich eine Bevollmächtigte der Gerichtsbarkeit bin und über gewisse Rechte verfüge? Ich habe Euch als Zeugin vorgeladen, und wer meiner Vorladung nicht Folge leistet, wird nach dem Gesetz mit einer Geldbuße bestraft.«
    Schwester Síomha schnaubte hochmütig.
    »Ich interessiere mich nicht für Euer Gesetz. Ich bin Verwalterin dieser Abtei, und meine Aufgaben hier erfordern meine gesamte Aufmerksamkeit. In erster Linie bin ich meiner Äbtissin verpflichtet und den Regeln meiner Gemeinschaft.«
    Fidelma schluckte sichtbar.
    Sie wußte nicht genau, ob die junge Schwester sie aus Naivität behinderte oder ob sie einfach halsstarrig war.
    »Dann habt Ihr noch viel zu lernen«, erwiderte sie schließlich schneidend. »Ihr werdet die Geldbuße zahlen, die ich festlege, und um sicherzustellen, daß Ihr meinen Anordnungen in Zukunft Folge leistet, soll dies in Anwesenheit von Äbtissin Draigen geschehen. Jetzt werdet Ihr mir erst einmal berichten, wie es kam, daß Ihr bei Schwester Brónach ward und mit ihr zusammen den Leichnam aus dem Brunnen geborgen habt.«
    Schwester Síomha öffnete den Mund, als wolle sie mit Fidelma streiten, doch sie besann sich eines Besseren. Sie ging zu einem Stuhl und ließ sich darauf nieder. Ihre Bewegungen hatten wenig mit denen einer Nonne gemein: keine ruhige Ausgeglichenheit, kein bescheidenes Händefalten, keine beschauliche Ergebenheit. Ihr Körper strotzte nur so vor Aggression und Arroganz.
    Der Stuhl war die einzige Sitzgelegenheit im Zimmer, und Fidelma blieb nichts anderes übrig, als vor dem sitzenden Mädchen stehenzubleiben. Sie blickte sich rasch um. Auch dieser Raum hatte vier Fenster, doch waren sie größer als in den unteren Stockwerken. An einer Wand waren Holzscheite und Zweige aufgestapelt, gegenüber befand sich die steinerne Feuerstelle, deren Rauch durch das Westfenster entwich. Wenn der Wind umschlug, wurde der Qualm wohl manchmal auch in den Raum hineingeweht, denn es roch durchdringend nach Holzfeuer. Das einzige andere Möbelstück im Zimmer war ein kleiner Tisch mit Schreibtafeln und mehreren graib , metallenen Schreibgriffeln, darauf. Vor dem Nordfenster stand ein großer, kupferner Gong mit einem Stock.
    Über eine Leiter in einer anderen Ecke gelangte man auf das Flachdach des Turmes, auf dem sich, wie sie wußte, das Gestell mit der großen bronzenen Glocke befand. Jeweils pünktlich zur Stunde der Andacht und des Gebetes stieg eine Schwester hinauf und läutete sie.
    All dies erfaßte Fidelma mit einem kurzen Blick. Dann wandte sie sich wieder

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