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04_Es ist was Faul

04_Es ist was Faul

Titel: 04_Es ist was Faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Sie
    kriegen Ihren Mann bald zurück. Darf ich Ihnen noch etwas
    sagen, was vielleicht nützlich ist?«
    »Ja, natürlich.«
    »Lassen Sie Smudger nicht im Angriff spielen. In der Verteidigung ist er besser, besonders wenn Biffo ihn unterstützt. Und
    wenn ihr gewinnen wollt, müsst ihr von Anfang an offensiv
    spielen.«
    »Danke«, sagte ich langsam. »Sehr liebenswürdig von Ihnen.«
    Ich umarmte sie zum Abschied, und meine Mutter folgte –
    etwas zögerlich – meinem Beispiel, obwohl sie wahrscheinlich
    immer noch dachte, dass Emma ein Techtelmechtel mit meinem Vater gehabt hatte. Einen Augenblick später löste sich
    Emma in Luft auf.
    »Tja«, sagte meine Mutter und wischte sich die Hände an der
    Schürze ab. »Jetzt ist sie weg. Ich bin froh, dass sie ihren Ehemann wieder hat.«
    »Ja«, sagte ich etwas zaghaft und ging Hamlet suchen. Er saß
    draußen auf der Bank im Rosengarten und war tief in Gedanken versunken.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich und setzte mich neben ihn.
    »Sagen Sie ehrlich, Miss Next. Bin ich ein Zauderer?«
    »Nein – eigentlich nicht.«
    »Seien Sie bitte ganz ehrlich!«
    »Na ja, ein bisschen zaudern Sie schon.«
    Hamlet stöhnte und verbarg sein Gesicht in den Händen.
    »Oh, welch ein Tropf und Bauernlump ich bin! Ein Sklave
    dieses Stücks mit so viel Widersprüchen, dass die Gelehrten
    Bände schreiben, um mich zu erklären. Erst liebe ich Ophelia,
    dann bin ich grausam zu ihr. Mal bin ich ein erwachsener
    Mann, mal ein bockiger Knabe, mal ein melancholischer Einzelgänger, mal ein Witzbold. Ich kann mich nicht entschließen,
    ob ich ein Philosoph oder ein störrischer Teenager bin, ein
    Dichter oder ein Mörder, ein Mann der Tat oder ein zaudernder Feigling. Vielleicht bin ich verrückt, vielleicht tue ich aber
    auch nur so. Mein Vater war offensichtlich ein kriegslüsternes
    Scheusal. War es da wirklich so schlimm, dass ihn Claudius
    umgebracht hat? Habe ich tatsächlich einen Geist gesehen? Wie
    lange war ich in England? Wie alt bin ich überhaupt? Ich habe
    sechzehn verschiedene Hamlet-Filme gesehen, drei Cartoons
    gelesen, fünf verschiedene Inszenierungen angeschaut und
    außerdem noch ein Hörspiel gehört. Alles, von Sir Laurence
    Olivier bis zu Gibson, Barrymore und William Shatner.«
    »Ja, und?«
    »Sie sind alle verschieden.«
    Verzweifelt griff er nach seinem Totenschädel und musterte
    ihn, ehe er fortfuhr. »Können Sie sich eigentlich vorstellen, was
    für ein Stress das ist, wenn man das größte Rätsel der Dramenwelt ist?«
    »Es muss ganz unerträglich sein.«
    »Genau. Es wäre natürlich noch schlimmer, wenn mich jemand tatsächlich erklärt hätte – aber davon sind sie ja weit
    entfernt. Wissen Sie, wie viele Bücher es über mich gibt?«
    »Hunderte?«
    »Tausende! Und voller Verleumdungen! Am schlimmsten ist
    diese Ödipus-Sache. Der Gutenachtkuss für meine Mutter wird
    länger und länger. Wenn ich diesem Freud je begegne, kriegt er
    eins auf die Nase. Mein Stück ist totale Scheiße. Vier Akte lang
    wird bloß geredet, und es passiert überhaupt nichts. Man fragt
    sich, warum die Leute sich so etwas ansehen.«
    Seine Schultern sackten herunter, und er schien leise zu
    schluchzen. Ich tätschelte seinen Rücken. »Wir sehen uns das
    Stück doch gerade deshalb an, weil Sie so kompliziert sind!«,
    sagte ich. »Sie sind eine wahrhaft tragische Figur, die alles
    hinterfragt, alle Schande des Lebens und jeden Betrug. Wenn
    wir bloß action sehen wollten, würden wir uns Karate-Filme
    ansehen.«
    Er schüttelte traurig den Kopf.
    »Ich wünschte, Sie hätten recht. Aber so geht es nicht weiter,
    Horatio.«
    »Ich bin Thursday.«
    »In Ordnung. Es muss was geschehen. Ich brauche einen
    Konfliktberater.«
    Das klang gar nicht gut.
    »Einen Konfliktberater? Sind Sie sicher, dass das eine gute
    Idee ist?«
    »Vielleicht kann ich auf diese Weise den Streit mit meinem
    Onkel beilegen – und mit diesem Schwachkopf Laertes. Und
    wenn nicht, dann stech ich sie einfach ab.«
    Ich dachte einen Augenblick nach. Ein zu allem entschlossener, draufgängerischer Hamlet war vielleicht nicht optimal, aber
    da es im Augenblick gar kein Stück gab, wohin ich ihn hätte
    zurückschicken können, verschaffte mir der Konfliktberater
    vielleicht ein paar Tage Zeit. Ich beschloss, mich erst einmal
    nicht einzumischen.
    »Wann reden Sie denn mit Ihrem Berater?«
    Er zuckte die Achseln. »Morgen. Oder vielleicht übermorgen.
    Wissen Sie, Konfliktberater sind viel beschäftigte

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