04_Es ist was Faul
da
gewesen?«
»Nein.«
»Reizende Gegend. Dort habe ich meinen Mann kennen gelernt. Trafford – so heißt er – war gerade mit seinen Trägern in
der Vorgeschichte zu Bradshaw auf Großwildjagd (Collins 1878,
vier Shilling Sixpence, illustriert) unterwegs. Er kämpfte sich
mühsam durchs Dickicht, rutschte aus und fiel acht Meter tief
in eine darunter liegende Schlucht, wo ich gerade ein Bad
nahm.«
Sie nahm Friday in ihre langen, haarigen Arme, was ihn zu
einem fröhlichen Kichern veranlasste.
»Na ja, ich war natürlich schrecklich verlegen. Ich meine, ich
stand da splitterfasernackt unter dem Wasserfall, aber Trafford
– und das werde ich nie vergessen – entschuldigte sich höflich
und drehte sich um, damit ich in die Büsche flitzen und mir
etwas anziehen konnte. Ich bin wieder zurückgegangen und
habe ihn gefragt, ob ich ihm vielleicht den Rückweg in die
Zivilisation zeigen soll – Afrika war damals noch ziemlich
unerforscht, wissen Sie –, und so kamen wir ins Gespräch. Nun
ja, eins führte zum anderen, und ehe ich wusste, wie mir geschah, lud er mich ein, mit ihm essen zu gehen. Seitdem sind
wir immer zusammen gewesen. Klingt das albern?«
»Nein«, sagte Emma. »Das klingt sehr romantisch.« Sie dachte offenbar daran, wie mitleidslos die Presse über sie hergezogen
war, als sie mit Lord Nelson liiert war.
»Gut«, sagte ich und klatschte laut in die Hände. »Ich bin
dann um drei wieder da. Geh bitte nicht raus, Melanie, und
wenn es klingelt, lass Hamlet oder Emma an die Tür gehen.
Okay?«
»Klar«, sagte Mel. »Nicht rausgehen, nicht an die Tür gehen.
Ganz einfach.«
»Und hängt euch nicht an die Lampen und Vorhänge. Das
halten die Dinger nicht aus.«
»Soll das heißen, ich wäre zu fett?«
»Aber nein«, sagte ich. »Die Dinge in der wirklichen Welt
sind bloß … etwas anders. In der Schüssel ist jede Menge Obst,
und im Kühlschrank sind frische Bananen. Okay.«
»Null Problemo. Ich hoffe, du hast einen schönen Tag.«
Ich fuhr in die Stadt und betrat, nachdem ich mehreren Journalisten ausgewichen war, die sich immer noch für mich interessierten, das SpecOps-Gebäude. Erst jetzt fiel mir auf, dass es
frisch gestrichen war. Das Mauve war etwas freundlicher, aber
nicht sehr.
»Agent Next?«, fragte mich ein junger, sehr eifriger SO-14Mann mit frisch gestärktem Kampfanzug, kugelsicherer Weste,
Springerstiefeln und umgehängter Maschinenpistole.
»Ja?«
Er salutierte. »Mein Name ist Major Drabb, SO-14. Soviel ich
weiß, sind Sie zu unserer Einheit versetzt worden, um weitere
schädliche Schriften aus Dänemark aufzuspüren.«
Sein Übereifer ließ mich frösteln. Zu seiner Entschuldigung
wird man wohl sagen können, dass er genauso eifrig gewesen
wäre, wenn es darum gegangen wäre, Hochwasseropfer zu
retten. Er befolgte einfach kritiklos seine Befehle. Männer wie er
hatten freilich auch schon sehr viel Schlimmeres angerichtet, als
dänische Literatur zu vernichten. Glücklicherweise war ich gut
vorbereitet.
»Schön, Sie zu sehen, Major. Ich habe einen Tipp gekriegt,
dass unter dieser Adresse ein paar Exemplare der verbotenen
Bücher zu finden sein könnten.«
Ich gab ihm einen Zettel, den er eifrig studierte.
»Die Albert-Schweitzer-Gedächtnis-Bibliothek? Die werden
wir uns gleich vornehmen.« Er salutierte erneut, drehte sich auf
dem Hacken um und verschwand.
Ich ging ins LiteraTech-Büro hinauf, wo ich Bowden dabei
überraschte, wie er Tanja Blixens Erzählungssammlungen in
einen Karton packte.
»Hallo!«, sagte er und verschnürte den Karton mit einer kräftigen Schnur. »Wie geht's immer so?«
»Ganz gut. Ich arbeite wieder.«
Bowden lächelte, legte Schere und Bindfaden weg und schüttelte meine Hand. »Das ist eine gute Nachricht. Haben Sie
schon das Neueste gehört? Jetzt steht auch Daphne Farquitt auf
der Liste der verbotenen Bücher.«
»Aber … Farquitt ist doch gar keine Dänin!«
»Der Name ihres Vaters war angeblich Farquittsen, und das
ist für Kaine und seine Idioten offenbar dänisch genug.«
Das war eine interessante Entwicklung. Farquitts Bücher waren ziemlich entsetzlich, aber verbrennen ging denn doch etwas
weit.
»Haben Sie sich schon überlegt, wie wir all diese verbotenen
Bücher aus England rausschmuggeln können?«, fragte Bowden
und klebte einen Karton mit zwei Dutzend jenseits von Afrika
zu. »Wenn jetzt noch Farquitt dazukommt, brauchen wir bestimmt hundert Lastwagen.«
»Ich denke
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