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04_Es ist was Faul

04_Es ist was Faul

Titel: 04_Es ist was Faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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später
    fielen zwei Kanonenkugeln harmlos vor uns ins Wasser. Sie
    flogen keineswegs so schnell, wie ich gedacht hatte – man
    konnte sie de facto von weitem kommen sehen.
    »Und was sollen wir jetzt machen?«, fragte ich. »Sämtliche
    Scharfschützen auf den französischen Schiffen beseitigen, damit
    sie Nelson nichts tun können?«
    »Nein, wir würden niemals alle erwischen. Nein, wir müssen
    ein bisschen tricksen. Aber jetzt noch nicht. Es ist wie immer
    eine Frage des richtigen Zeitpunkts.«
    Wir warteten also geduldig auf dem Hauptdeck, während die
    Seeschlacht in Gang kam. Innerhalb weniger Minuten hatten
    sieben oder acht französische Schiffe das Feuer auf Nelsons
    Flaggschiff eröffnet. Die Kugeln zerfetzten die Segel und rissen
    die Takelage herunter. Eine schnitt einen Mann auf dem Achterdeck in zwei Teile, und eine andere landete in einer Gruppe
    Seesoldaten, die sich daraufhin hastig auflöste. Währenddessen
    marschierten der zierliche Admiral, sein Kapitän und ein kleines Gefolge ruhelos auf dem Achterdeck hin und her. Der
    Rauch der Kanonen hüllte uns ein, die Hitze des Mündungsfeuers erwärmte unsere Gesichter, und das Getöse war fast unerträglich. Das Steuerruder wurde zerschossen, und während die
    Schlacht ihren Verlauf nahm, bewegten wir uns ständig auf dem
    Deck hin und her. Da mein Vater praktisch jede Einzelheit des
    Gefechts auswendig kannte, waren wir dabei stets auf der sicheren Seite. Wenn eine Kanonenkugel vorbeiflog, wichen wir aus,
    wenn ein schweres Stück Holz aus der Takelage fiel, befanden
    wir uns auf der anderen Seite, und wenn Musketenkugeln ins
    Holz schlugen, hatten wir die betreffende Stelle gerade verlassen.
    »Du scheinst die Schlacht gut zu kennen«, brüllte ich, um das
    Getöse zu übertönen.
    »Das ist auch kein Wunder!«, brüllte mein Vater zurück.
    »Ich war ja schon mehr als sechzigmal hier.«
    Die feindlichen Schiffe waren sich jetzt sehr nahe, und als die
    Victory hinter dem Bucentaure vorbeifuhr, konnte ich die
    Gesichter der Bediensteten im Salon sehen. Eine donnernde
    Breitseite kam aus unseren Kanonen, das Heck des feindlichen
    Flaggschiffs wurde zerrissen, und die englischen Kugeln fegten
    durch die ganze Länge des gegnerischen Geschützdecks. Während unsere Kanoniere neu luden, entstand ein Augenblick der
    Stille, und ich hörte die Schreie der verwundeten und sterbenden Seeleute. Ich hatte den Krieg auf der Krim miterlebt, aber
    nie solche Szenen. Nahkämpfe wie diese machten aus Menschen in wenigen Sekunden blutige Fetzen, und das Schicksal
    der Überlebenden wurde durch die bittere Gewissheit verschlimmert, dass die medizinische Versorgung, die ihnen zuteil
    wurde, nur höchst brutal und oberflächlich sein würde.
    Ich fiel fast zu Boden, als die Victory mit einem weiteren
    französischen Schiff kollidierte, das unmittelbar hinter dem
    Bucentaure fuhr. Zum ersten Mal wurde mir klar, wie nahe sich
    die gegnerischen Schiffe in solchen früheren Seeschlachten
    waren. Es ging nicht um eine Kabellänge – die Bordwände
    stießen direkt aneinander. Der Pulverdampf ließ mich husten,
    und das Pfeifen der Musketenkugeln in meiner Nähe machte
    mir bewusst, wie real die Gefahr war. Es gab eine weitere ohrenbetäubende Erschütterung, als die Kanonen der Victory
    sprachen, und das französische Schiff schien im Wasser zu
    zittern. Mein Vater lehnte sich etwas zurück, um einen großen
    Metallsplitter zwischen uns hindurchzulassen, dann reichte er
    mir einen Feldstecher.
    »Dad?« Verblüfft sah ich zu, wie er in die Tasche griff und
    eine Zwille herauszog. Er hob eine bleierne Musketenkugel vom
    Deck auf, legte sie in die Schleuder, spannte die Gummibänder
    und zielte auf Nelson.
    »Siehst du den französischen Scharfschützen in der Takelage
    der Redoutable ? Er steht auf der vordersten Plattform.«
    »Ja.«
    »Sobald er den Finger auf den Abzug seiner Muskete legt,
    zählst du bis zwei und sagst: Feuer.«
    Ich starrte in die französische Takelage hinauf, entdeckte den
    Scharfschützen und behielt ihn im Auge. Er war nicht mehr als
    fünfzig Fuß von Nelson entfernt. Es war ein sehr einfacher
    Schuss. Ich sah, wie er zielte und sein Finger am Abzug sich –
    »Feuer!«
    Die Kugel löste sich aus der Schleuder und traf Nelson
    schmerzhaft ans Knie. Er knickte ein und fiel seitlich aufs Deck,
    während der Schuss des Franzosen sich harmlos ins Deck
    bohrte, statt Nelson zu töten.
    Captain Hardy befahl seinen Männern, Nelson nach unten
    zu

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