04 Im Bann der Nacht
Abnutzung schäbig geworden war. Es hingen ein paar gestickte Bilder an den Wänden und karierte Vorhänge an den Fenstern, aber nichts konnte die Feuchtigkeit verdecken, die selbst das Dach allmählich verrotten ließ, oder die Mäuseplage, die den Dachboden heimgesucht hatte. Außerdem lag ein unangenehmer Geruch nach grüner Minze so durchdringend in der Luft, als sei die alte Dame, die Morgana im Garten hinter dem Haus vergraben hatte, süchtig nach Kaugummi gewesen. Das einzig Positive an dieser Bruchbude war, dass sie abgeschieden und so weit von Chicago entfernt lag, dass Morgana in Ruhe ihre Suche fortsetzen konnte, ohne von anderen wahrgenommen zu werden.
Auf dem Bett im oberen Schlafzimmer liegend, versuchte sie den Staub und den feuchten Schimmel zu ignorieren, die in der Luft lagen. Momentan war sie viel zu erschöpft, um sich um ihre heruntergekommene Unterkunft zu kümmern. Bei den Göttern, sie war sogar zu erschöpft, um die schwere Steppdecke fortzuschieben, die Modron über ihrem nackten Körper ausgebreitet hatte. Ihre Kräfte waren die der Natur, nicht die des Feenvolkes, und ein Portal zu beschwören, das nicht nur groß genug für sie selbst, sondern auch für die alte Hexe war, hatte sie vollkommen ausgelaugt. Es würde Tage dauern, bis sie ihre gesamte Kraft zurückerlangt hätte. Doch selbst in diesem Zustand war sie immer noch imstande, die meisten Wesen im Handumdrehen zu töten. Den warmen Tee mit Honig trinkend, der ihr half, den anhaltenden Schmerz zu lindern, sah Morgana zu, wie Modron ins Zimmer schlurfte.
Der Seherin klebten die Haarbüschel am Schädel, und sie trug eines der formlosen Kleider, die der alten Frau gehört hatten, die das Bauernhaus ihr Eigen genannt hatte -
nun, zumindest, bis Morgana ihr das armselige Leben entzogen hatte. Nicht einmal das Bad, das die Hexe auf Morganas Beharren hin genommen hatte, hatte ihr ihre Widerwärtigkeit nehmen können.
»Der Dämon trifft ein«, krächzte die Frau, die blinden Augen direkt auf Morgana gerichtet.
»Gut. Bringe ihn zu mir.«
Modron hob eine knotige Hand. »Du bist noch zu schwach. Du solltest noch warten.«
Morgana zischte über die scheltenden Worte. Die Hexe hatte geschimpft und gejammert, seit Morgana den Adar-Dämon beschworen hatte. »Ich gab dir einen Befehl, Hexe!«, fuhr sie sie an. »Bring mir den Jäger!«
Die Seherin blieb grimmig in der Türöffnung stehen, und ihr hässliches Gesicht trug einen harten Ausdruck vor Missfallen. »Wir bräuchten den Adar nicht, wenn du nicht die Elfe getötet hättest.«
Morgana warf die Teetasse nach der nervtötenden Hexe. Sie zersplitterte an der Tür, da Modron dem Geschoss mühelos auswich. Ihr gackerndes Lachen hallte durch den Raum.
Morgana war nicht sehr glücklich gewesen, als ihr Zauber enthüllt hatte, dass Sybil in einem verhexten Raum gefangen gehalten wurde. Es gab keine Möglichkeit, sie aufzuspüren und zurückzuholen, ohne sich einem inakzeptablen Risiko auszusetzen. Sie hatte keine andere Wahl gehabt, als die Elfe zu töten.
»Ich sagte dir bereits, du dumme Hündin, ich konnte das Risiko nicht eingehen, dass sie mein Interesse an dem Menschen aufdeckte!«
»Du weißt nicht einmal, ob diejenige, die du suchst, Sybil gefangen nahm.«
»Das ist nun aber auch nicht mehr von Bedeutung, oder?«
»O nein.« Die Hexe schüttelte den Kopf, und ihre Strähnen schwebten auf unheimliche Weise um ihr faltiges Gesicht. »Und nun verfügst du über nichts weiter als einen Leichnam, den du nicht befragen und nicht finden kannst.«
Morgana lehnte sich gegen die Kissen und weigerte sich, sich weiter provozieren zu lassen. Sie musste wieder zu Kräften kommen. Bis dahin war sie viel zu verwundbar. »Ich verfüge über etwas Besseres als das. Wenn Sybil von derjenigen gefangen genommen wurde, die das befleckte Blut meines Bruders in sich trägt, dann wird ihr Leichnam mich genau dorthin bringen, wohin ich will.« Ein schwacher Glockenton hallte durch das Haus und machte sie darauf aufmerksam, dass etwas die magische Barriere durchquert hatte, die sie um das Grundstück gezogen hatte. Morgana kniff warnend die Augen zusammen. »Geh, begrüße den Adar, und halte deine Zunge im Zaum! Sonst könnte ich dem Dämon vielleicht erlauben, sich seine Belohnung aus deinem Fleisch zu holen.«
Wütend wandte sich Modron um und stieg die Stufen hinunter. Ein Adar-Dämon forderte stets das Blut der Person, die seine Dienste wünschte. Das und eine große Menge Gold.
Einige Minuten
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