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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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was?« St. James stellte seine Teetasse auf die Kommode. Er nahm den Umschlag und drehte ihn nachdenklich in den Händen.
    »Ich brauchte nicht einmal anzurufen«, fuhr Cotter fort.
    »Hodge erkannte sie sofort, als ich sie ihm zeigte. Er hat sie anscheinend im Lauf der Jahre oft genug gewählt.«
    »Haben Sie trotzdem angerufen, um sicher zu sein?«
    »O ja. Es ist eindeutig Dr. Trenarrows Nummer. Und er weiß, daß wir kommen.«
    »Hat Tommy sich gemeldet?«
    »Daze sagte, er hätte von Pendeen aus angerufen.« Cotter schüttelte den Kopf. »Aber gefunden hat er nichts.« - St. James runzelte die Stirn. Noch vor Morgengrauen war er mit sechs Männern von den umliegenden Höfen aufgebrochen, um die Küste von St. Ives bis Penzance nach einer Spur seines Bruders abzusuchen. Sie waren in zwei Booten unterwegs. Das eine war von Penzance ausgelaufen, das andere von St. Ives. Die Boote waren klein und wendig genug, um sich relativ nahe an die felsige Küste heranwagen zu können, und schnell genug, um eine wenigstens oberflächliche Suche innerhalb relativ kurzer Zeit bewältigen zu können. Doch wenn diese Fahndung ohne Erfolg blieb, würde vom Land aus weitergesucht werden müssen. Das würde Tage in Anspruch nehmen, und ein solches Unternehmen konnte, ob es Lynley nun paßte oder nicht, unmöglich ohne Beteiligung der Polizei durchgeführt werden.
    »Dieses ganze verflixte Wochenende hat mich geschafft«, bemerkte Cotter, während er St. James' Teetasse auf das Tablett auf dem Nachttisch stellte. »Ich bin wirklich froh, daß Deb nach London zurückgefahren ist. Gut, daß sie aus dem allen hier raus ist.«
    Er schien auf eine Erwiderung von St. James zu hoffen, die eine Weiterführung des Gesprächs ermöglichen würde.
    Aber St. James hatte keinerlei Absicht, ihm den Gefallen zu tun.
    Cotter schüttelte St. James' Morgenrock aus und hängte ihn in den Schrank. Dann rückte er noch einmal die Schuhe gerade, die sowieso schon in Reih und Glied standen. Er schob mehrere hölzerne Kleiderbügel krachend zusammen und drückte die Schlösser des Koffers zu, der auf dem obersten Bord lag. Schließlich hielt er es nicht mehr aus. »Was soll aus dem Kind werden?« platzte er heraus. »Die stehen sich doch hier alle so fern. Kein bißchen Nähe. Ganz anders als bei Ihnen. Ganz anders als in Ihrer Familie. Ja, gut, sie sind reich, sie schwimmen im Geld, aber Geld hat Deb noch nie interessiert. Das wissen wir beide. Wir wissen doch, was dem Kind wichtig ist.«
    Schönheit, Gelächter, Nachdenklichkeit, die Farben des Himmels, ein plötzlicher Einfall, der Anblick eines Schwans. Er hatte es immer gewußt. Und er mußte es vergessen.
    Seine Zimmertür wurde aufgestoßen, Gelegenheit, dem Gespräch mit Cotter zu entrinnen. Sidney trat ein, doch die offenstehende Schranktür versperrte Cotter die Sicht, und er merkte nicht, daß er und St. James nicht mehr allein waren.
    »Sie können mir nicht weismachen, daß es Sie kalt läßt«, erklärte Cotter mit Nachdruck. »Ich seh's Ihnen doch an. Ich hab' immer gewußt, was in Ihnen vorgeht, ganz gleich, was Sie behaupten.«
    »Störe ich?« fragte Sidney.
    Cotter schlug die Schranktür zu. Er blickte von St. James zu seiner Schwester, dann wieder zu St. James.
    »Ich kümmere mich um den Wagen«, sagte er abrupt, entschuldigte sich und ging.
    »Was war denn das?«
    »Nichts.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »Du wirst es mir wohl glauben müssen.«
    »Ach, so ist das.«
    Sie blieb an der Tür stehen, die Hand auf dem Knauf. St. James betrachtete sie mit Sorge. Sie sah krank aus und wirkte immer noch wie benommen. Die dunklen Ringe unter ihren Augen ließen ihr Gesicht noch bleicher erscheinen, und die Augen selbst wirkten stumpf und leer. Sie trug einen ausgebleichten Leinenrock und einen übergroßen Pulli darüber. Ihr Haar war unordentlich.
    »Ich fahre jetzt«, sagte sie. »Daze bringt mich zur Bahn.«
    Was am vergangenen Abend vernünftig geschienen hatte, kam ihm jetzt unmöglich vor. »Bleib doch lieber, Sid. Ich kann dich später selbst nach Hause bringen.«
    »Es ist am besten so. Ich möchte wirklich weg. Es ist besser so.«
    »Aber am Bahnhof in London wird es sicher ...«
    »Ich nehme ein Taxi nach Hause. Mach dir keine Sorgen.«
    St. James sah, wie ihr Gesicht sich verkrampfte, als litte sie Schmerzen. »Ich höre, daß Peter verschwunden ist«, sagte sie.
    »Ja.« St. James erzählte ihr, was sich seit dem vergangenen Morgen, als er sie in ihr Zimmer gebracht hatte,

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