04 - Mein ist die Rache
St. James sah ihnen nach, bis sie von der Dunkelheit verschluckt wurden, dann drehte er um und kämpfte sich durch Sturm und Regen zum Wagen zurück. Der Schlamm an seinen Schuhen machte jeden Schritt beschwerlich, und er war außer Atem, als er den Rover wieder erreicht hatte. Seine rechte Seite schmerzte. Er zog die Wagentür auf und ließ sich auf den Sitz fallen. Drinnen schlüpfte er aus dem schlecht sitzenden Ölmantel und dem nassen Pullover. Er schüttelte sich das Regenwasser aus dem Haar. Er schlotterte vor Kälte, wünschte, er hätte trockene Kleider mitgebracht, und dachte über das nach, was der Fischer gesagt hatte. Im ersten Moment hatte er geglaubt, nicht richtig gehört zu haben. Nase nach Nordosten auf den Felsen. Das mußte ein Irrtum sein. Aber ein Fischer aus Cornwall brachte die Himmelsrichtungen nicht durcheinander. Somit war das Boot entweder gar nicht die Daze, oder aber sie mußten ihre Theorien neu überdenken.
Fast dreißig Minuten vergingen, ehe Lynley und Mark zurückkehrten. Der Fischer folgte ihnen. Die Köpfe gegen Wind und Regen eingezogen, blieben sie einen Moment neben dem Austin stehen und sprachen miteinander. Der Fischer gestikulierte mit weit ausholenden Bewegungen. Lynley nickte einmal, sah kurz nach Südwesten hinüber und rannte dann nach einem letzten Kommentar durch Schlamm und Gras zu seinem Wagen zurück. Mark Penellin folgte ihm. Sie verstauten ihre Sachen im Kofferraum und warfen sich dann in den Wagen. Sie waren beide klatschnaß.
»Sie ist nur noch ein Wrack«, berichtete Lynley keuchend.
»In einer Stunde wird nichts mehr von ihr übrig sein.«
»Es ist die Daze?«
»Eindeutig.«
Vor ihnen heulte der Motor des Austin auf. Der Wagen stieß zurück, wendete und fuhr davon, Lynley starrte durch die von Regen überschwemmte Windschutzscheibe in die Dunkelheit.
»Hast du irgend etwas erfahren?«
»Nur wenig. Sie sahen das Boot gegen Abend hereinkommen. Anscheinend wollte der Narr zwischen den Felsen hindurch in die Bucht, um das Boot dann mit der Winde aus dem Hochwasser herausziehen zu lassen.«
»Hat jemand gesehen, wie es die Felsen rammte?«
»An der Ankerwinde auf der Helling arbeiteten fünf Männer. Als sie sahen, was geschah, trommelten sie eine Mannschaft zusammen, um zu helfen. Sie sind schließlich alle Fischer. Die lassen keinen im Stich, ohne wenigstens einen Versuch zu machen, ihm zu helfen. Aber als sie endlich klare Sicht auf das Boot bekamen, war kein Mensch an Deck.«
»Wie ist das möglich?« St. James bedauerte die impulsive Frage sofort.
»Bei solchem Wetter wird man leicht über Bord gespült«, sagte Mark. »Wenn man nicht vorsichtig ist, wenn man sich nicht anseilt, wenn man keine Erfahrung hat -«
»Peter hat Erfahrung«, unterbrach Lynley.
»In Panik handelt man kopflos, Tommy«, sagte St. James.
Lynley antwortete nicht gleich. Er blickte an St. James vorbei durch das Seitenfenster und sah zu dem von Regen durchweichten Pfad hinaus, der zur Bucht hinunterführte. Wasser tropfte aus seinem Haar und rann ihm über die Stirn. Er wischte es weg.
»Er kann unter Deck gegangen sein«, sagte er. »Vielleicht ist er immer noch unten. Sie könnten beide dort sein.«
Unhaltbar war diese Vermutung nicht, dachte St. James, und sie war recht gut vereinbar mit der Position, in der die Daze auf dem Riff festsaß. Wenn Peter unter Drogen gestanden hatte, als er sich entschlossen hatte, mit dem Boot hinauszufahren - und das schien ziemlich sicher in Anbetracht der Tatsache, daß er trotz des kommenden Sturms ausgelaufen war -, so war er vernünftiger Überlegungen nicht fähig gewesen.
Der Entschluß, das Boot zu nehmen, konnte aber auch ein letzter Akt hoffnungsloser Verzweiflung gewesen sein. Wenn Peter hatte fliehen müssen, um Fragen nach Mick Cambrey und Justin Brooke aus dem Weg zu gehen, war ihm vielleicht eine Flucht aufs offene Meer hinaus als sicherste Möglichkeit erschienen.
Doch die Position des Boots sprach gegen die Fluchttheorie.
Lynley startete den Motor. »Ich sehe, daß ich morgen eine Suchmannschaft zusammenbekomme«, sagte er. »Wir müssen alles versuchen, um sie zu finden.«
Daze Asherton kam in den Nordwest-Korridor, als sie gerade ihre tropfnassen Ölmäntel und Pullover an die Garderobehaken hängten. Zunächst sagten sie kein Wort. Sie stand nur da, eine Hand mit der Fläche nach außen zwischen den Brüsten, als könnte sie so den erwarteten Schlag abwehren. Mit der anderen Hand hielt sie den breiten Schal
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