04 - Mein ist die Rache
zeigen.«
»Haben Sie Aufzeichnungen gefunden?« fragte St. James.
Cambrey schüttelte den Kopf. »Aber ich hab's jetzt raus.«
St. James öffnete die Wagentür, und Cambrey stieg ein. Er nickte Cotter zu, als St. James ihn mit ihm bekanntmachte.
»Sie wissen schon, die Zahlen auf dem Zettel, den ich gefunden habe? In seinem Schreibtisch. Seit Samstag hab' ich mir den Kopf darüber zerbrochen. Jetzt weiß ich, was sie zu bedeuten haben.«
Cotter blieb unten im Pub und schwatzte bei einem Bier freundlich mit Mrs. Swann, während St. James Harry Cambrey in das Redaktionsbüro hinauf folgte.
An diesem Morgen war die gesamte Mannschaft des Spokesman an der Arbeit. Alle Lichter brannten, und in drei der vier kleinen Büros hackten Leute auf ihren Schreibmaschinen oder hingen am Telefon. Ein langhaariger junger Mann betrachtete eine Serie Fotografien, während ein anderer dabei war, das Layout für die nächste Ausgabe zu machen. Er kaute auf einer Pfeife, die nicht brannte, und klopfte mit einem Bleistift unablässig in schnellem Stakkato gegen einen Plastikbecher voller Heftklammern. An der Schreibmaschine auf dem Tisch neben Mick Cambreys Schreibtisch saß eine junge Frau und tippte. Sie hatte weiches, dunkles Haar und - das sah St. James, als sie aufblickte - kluge Augen. Eine sehr attraktive Frau. Julianna Vendale, dachte St. James und fragte sich, ob und wie sich ihre Stellung bei der Zeitung nach Mick Cambreys Tod geändert hatte.
Harry Cambrey ging ihm voraus in eines der kleinen Büros. Es war spärlich eingerichtet, und die Art der Wanddekoration verriet, daß dies sein Zimmer war und hier auch während seiner Krankheit nichts verändert worden war. Es zeugte davon, daß Mick Cambrey, die Wünsche seines Vaters einmal außer acht gelassen, niemals die Absicht gehabt hatte, dessen Zimmer oder Posten zu übernehmen. Vergilbte Zeitungsausschnitte in einfachen Holzrahmen erinnerten an die Reportagen, auf die der alte Mann mit dem größten Stolz zurückblickte: über einen verhängnisvollen Rettungsversuch auf hoher See, bei dem zwanzig der Retter ertrunken waren; über einen Unfall, bei dem einer der Fischer aus dem Dorf verstümmelt worden war; über die Rettung eines Kindes aus einem Grubenschacht; über eine Schlägerei in Penzance. Auch die dazugehörenden Fotografien waren aufgehängt.
Auf einem alten Schreibtisch lag aufgeschlagen die letzte Ausgabe des Spokesman. Micks Leitartikel über den Waffenschmuggel nach Nordirland war rot eingekreist. An der Wand gegenüber dem Schreibtisch hing eine Karte Großbritanniens. Zu ihr führte Harry Cambrey St. James.
»Unentwegt sind mir diese Zahlen durch den Kopf gegangen«, sagte er. »Mick war in solchen Dingen sehr systematisch. Er hätte den Zettel nicht aufgehoben, wenn er nicht wichtig gewesen wäre.« Er zog eine Packung Zigaretten aus der Brusttasche seines Hemdes und zündete sich eine an, ehe er zu sprechen fortfuhr. »Ich hab' noch nicht alles gelöst, aber ich bin auf dem Weg.«
St. James sah, daß Cambrey neben die Karte einen kleinen Zettel geklebt hatte. Auf ihn hatte er den rätselhaften Text übertragen, den er auf dem Stück Papier im Schreibtisch seines Sohnes gefunden hatte. »27500-M1 Beschaffung/ Transport« und darunter »275000-M6 Finanzierung«. Auf der Karte hatte er zwei Autoschnell straßen mit rotem Filzstift markiert, die M1, die von London aus nach Norden führte, und die M6, die unterhalb von Leicester nordwestlich zur Irischen See führte.
»Schauen Sie es sich an«, sagte Cambrey. »Die M1 und die M6 treffen südlich von Leicester zusammen. Die M1 geht nur bis Leeds, aber die M6 führt weiter. Sie endet in Carlisle. Bei Solway Firth.«
St. James richtete stumm den Blick auf die Karte. Cambreys Stimme verriet Erregung, als er zu sprechen fortfuhr.
»Sehen Sie sich die Karte an, Mann. Schauen Sie genau hin. Über die M6 kommt man nach Liverpool, stimmt's? Und nach Preston und Morecambe Bay. Und jeder dieser Orte ...«
»... hat Zugang zur Irischen See«, schloß St. James.
Cambrey holte die Zeitung. Die Zigarette zwischen seinen Lippen wippte auf und nieder, während er sprach. »Er wußte, daß da Leute Waffen für die IRA schmuggelten.«
»Wie kann er auf eine solche Sache gestoßen sein?«
»Zufall war's bestimmt nicht.« Cambrey nahm die Zigarette aus dem Mund, zupfte sich eine Faser Tabak von der Zunge und schwenkte die Zeitung, um seine Worte zu unterstreichen. »Mein Sohn hat nichts dem Zufall überlassen. Er war
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