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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dem einer Londoner Prostituierten. Aber diese Erleichterung hielt nur kurz an, und sie verwandelte sich schnell in Unbehagen und schließlich Mitleid, als Trenarrow sich vor Augen hielt, was für ein Leben Mick Cambrey geführt haben mußte.
    »Aber nein, natürlich habe ich davon nichts gewußt«, antwortete er auf St. James' Frage. »Etwas Derartiges mußte er völlig für sich behalten. Wenn er sich in einem Dorf wie Nanrunnel jemandem anvertraut hätte, hätte das sein Tod ...« Er brach abrupt ab. St. James konnte sich vorstellen, in welche Richtung seine Gedanken gingen. Und was er dachte, lag durchaus im Bereich des Möglichen.
    »Wir wissen jetzt, daß Mick mit Islington-London zu tun hatte«, fuhr St. James fort. »Wußten Sie übrigens, daß Justin Brooke dort beschäftigt war?«
    »Bei Islington? Nein, keine Ahnung.«
    »Es würde mich interessieren, ob Micks Kontaktaufnahme mit der Firma eine Folge Ihres Gesprächs mit ihm war.«
    Im Hintergrund hörte er Porzellan klirren. Es dauerte einen Moment, ehe Trenarrow ihm antwortete. »Das kann schon sein. Er wollte einen Bericht über die Krebsforschung bringen. Ich habe von meiner Arbeit erzählt. Sicherlich habe ich auch erwähnt, wie das bei Islington abläuft, und da wäre natürlich die Rede auch auf Islington-London gekommen.«
    »Auch auf Oncomet?«
    Wieder trat eine Pause ein. »Oncomet? Sie wissen ...« Papier raschelte. Der Wecker einer Armbanduhr begann zu piepsen. Wurde schnell abgestellt. »Verflixt! Einen Augenblick.« Ein Schluck Tee. »Ja, es wird wohl zur Sprache gekommen sein. Soweit ich mich erinnere, sprachen wir über eine ganze Reihe neuer Behandlungsmethoden und Medikamente. Und dazu gehört Oncomet natürlich auch. Sicherlich habe ich es erwähnt.«
    »Sie wußten also von Oncomet, als Mick damals das Interview mit Ihnen machte?«
    »Jeder bei Islington wußte von Oncomet. Burys Baby wurde es allgemein genannt. Weil es im Labor in Bury St. Edmonds entwickelt worden war.«
    »Was können Sie mir darüber sagen?«
    »Es ist ein Anti-Onkogen. Es unterbindet die DNA-Reproduktion. Sie kennen ja das Wesen des Krebses, wuchernde Zellen, die die Eigenart des Muttergewebes verlieren und sich immer weiter ausbreiten. Ein Anti-Onkogen bereitet dem ein Ende.«
    »Und die Nebenwirkungen eines solchen Anti-Onkogens?«
    »Tja, das ist das Problem, nicht wahr? Bei der Chemotherapie gibt es immer Nebenwirkungen. Haarausfall, Übelkeit, Gewichtsverlust, Erbrechen, Fieber.«
    »Aber das sind alles die üblichen Nebenwirkungen, nicht wahr?«
    »Üblich, aber dennoch äußerst unangenehm. Häufig gefährlich. Glauben Sie mir, Mr. St. James, wenn jemand ein Medikament ohne Nebenwirkungen entwickeln könnte, würde die gesamte wissenschaftliche Welt vor Bewunderung den Hut ziehen.«
    »Könnte so ein Onkogen nicht auch noch schlimmere Nebenwirkungen haben?«
    »Woran denken Sie? Nierendysfunktion? Organversagen? Etwas in dieser Richtung?«
    »Vielleicht Schlimmeres. Mißbildungen zum Beispiel.«
    »Jede Form der Chemotherapie ist teratogen. Man würde sie bei einer Schwangeren niemals anwenden.«
    »Etwas anderes dann?« St. James erwog die Möglichkeiten.
    »Etwas, das die Keimzellen schädigen könnte?«
    Es folgte eine sehr lange Pause, die Trenarrow schließlich mit einem Räuspern beendete. »Sie sprechen von einem Medikament, das folgenschwere genetische Defekte bei Männern und Frauen hervorrufen würde. Ich sehe nicht, wie so etwas möglich sein sollte. Dazu werden die Medikamente zu gründlich getestet. Irgendwo würde es sich zeigen, bei irgendeinem Versuch. Das kann man nicht verbergen.«
    »Angenommen, es war doch so«, sagte St. James. »Hätte Mick vielleicht durch Zufall auf so etwas stoßen können?«
    »Vielleicht. Es hätte sich als Unregelmäßigkeit in den Testergebnissen gezeigt. Aber woher sollte er die Ergebnisse bekommen haben? Selbst wenn er im Londoner Werk war, wer hätte sie ihm gegeben? Und warum?«
    St. James glaubte, die Antwort auf beide Fragen zu wissen.

    Deborah aß einen Apfel, als sie zehn Minuten später ins Arbeitszimmer kam. Sie hatte das Obst in Achtel geschnitten und zusammen mit einigen Stücken CheddarKäse auf einem Teller verteilt. Peach, der Dackel, und Alaska, die Katze, die immer zur Stelle waren, wenn es etwas zu naschen gab, begleiteten sie. Peach blickte mit wachsamem Auge von Deborah zu dem Teller in ihrer Hand, während Alaska, die Betteln für unter ihrer Würde hielt, auf St. James' Schreibtisch sprang,

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