04 - Mein ist die Rache
er sprach. »Der reizend gedeckte Teetisch. Gedämpfte Musik. Und die Dame selbst, schon ganz in Erwartung. Ich sehe ein, daß ich da überflüssig wäre. Besonders wenn er es eilig hat.«
Deborah wich vor ihm zurück. »Wofür er bezahlt hat?
Bist du deshalb hergekommen? Weil du das glaubst? Daß ich zu dumm und unfähig bin, mir meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen? Glaubst du, die Wohnung wird von Tommy bezahlt? Wer bin dann ich, Simon? Kannst du mir das sagen? Sein Spielzeug? Sein bezahltes Verhältnis?« Sie wartete nicht auf eine Erwiderung. »Verschwinde aus meiner Wohnung.«
Noch nicht, sagte er sich. O nein, noch nicht. »Du erzählst mir von Qual. Was glaubst du wohl, wie diese letzten drei Jahre für mich waren? Und was glaubst du wohl, wie mir gestern nacht zumute war, als ich stundenlang auf dich wartete - nach drei endlosen Jahren! - und die ganze Zeit wußte, daß du mit ihm zusammen bist?«
»Es ist mir gleich, wie dir zumute war. So unglücklich, wie du mich gemacht hast, kannst du gar nicht gewesen sein.«
»Was für ein Kompliment für deinen Liebhaber. Wolltest du wirklich von Unglück sprechen?«
»Natürlich, darauf läuft es hinaus. Sex. Wer schläft mit Deb? Na los doch, Simon, jetzt ist deine Chance. Greif zu. Hol das Versäumte nach. Da ist das Bett. Na los schon.« Er sagte nichts. »Komm schon. Willst du nicht mit mir schlafen? Eine schnelle Nummer. Darum geht's dir doch, stimmt's? Verdammt noch mal, stimmt's?«
Als er stumm blieb, griff sie in ihrer Wut nach dem ersten Gegenstand, der ihr in die Hand kam, und schleuderte ihn mit aller Kraft nach ihm. Er zersprang an der Wand neben seinem Kopf in Trümmer. Sie sahen beide zu spät, daß sie in ihrem blinden Zorn ein Geschenk zerstört hatte, das er ihr vor langer Zeit, als sie noch ein Kind gewesen war, zum Geburtstag gemacht hatte, ein Porzellanschwan.
Aller Zorn verschwand.
Deborah drückte die Hand auf den Mund und wollte etwas sagen, erste entsetzte Worte der Entschuldigung vielleicht. Aber St. James war über Worte hinaus. Einen Moment starrte er stumm auf die Scherben, dann zermalmte er sie unter seinem Fuß zu Pulver.
Mit einem Aufschrei stürzte Deborah durch das Zimmer, um die wenigen Scherben einzusammeln, die er mit dem Fuß nicht erreichen konnte.
»Ich hasse dich!« Heiße Tränen strömten ihr über das Gesicht. »Ich hasse dich! Aber so etwas war ja von dir zu erwarten. Du bist total verkrüppelt! Du bildest dir ein, es wäre nur dein Bein, aber so ist es nicht. Deine Seele ist verkrüppelt, und das ist viel schlimmer!«
Wie Messerstiche trafen ihn ihre Worte. Er fühlte sich schwach, wie betäubt, und war sich vor allem der stolpernden Ungeschicktheit seines Gangs so bewußt, als befände er sich unter einer tausendfach vergrößernden Lupe.
»Simon! Nein! Es tut mir leid.«
Sie streckte die Arme nach ihm aus, und er vermerkte mit Interesse, daß sie sich an einem der Porzellanscherben geschnitten hatte. Ein dünner Blutfaden zog sich von der Handfläche zum Gelenk.
»Ich hab' es nicht so gemeint, Simon. Du weißt, daß es nicht mein Ernst war.«
Er wurde sich mit Erstaunen bewußt, daß alle frühere Leidenschaft in ihm tot war. Nichts war mehr von Bedeutung, außer dem Bedürfnis zu entkommen.
»Das weiß ich, Deborah.«
Er trat zur Tür. Es war Gnade, gehen zu können.
Das Blut in seinem Schädel toste wie die anschwellende Flut; gewohnter Auftakt zu unerträglichen Schmerzen. Draußen, vor dem Haus, in seinem alten MG sitzend, wehrte er sich gegen den Schmerz; er wußte, wenn er ihm auch nur einen Moment nachgab, würde die Qual so unerträglich werden, daß er ohne fremde Hilfe nicht nach Chelsea zurückfahren konnte.
Die Situation war zum Lachen. Würde er tatsächlich Cotter anrufen und um Hilfe bitten müssen? Nach einem viertelstündigen Gespräch mit einem Mädchen, das gerade einundzwanzig Jahre alt war? Er, elf Jahre älter als sie, mit einem Schatz an Erfahrung im Rücken, hätte aus diesem Rencontre als Sieger hervorgehen müssen. Niemals als der Geschlagene, niedergeschmettert, schwach und krank. Wirklich absurd.
Er schloß die Augen vor dem Sonnenlicht. Er lachte mit spöttischer Geringschätzung über die unendliche Qual der Verkrüppelung, die ihm seit acht Jahren Strafe und Buße für das Verbrechen war, auf einer gewundenen Straße von Surrey jung und betrunken gewesen zu sein.
Die Luft, die er atmete, war heiß und stank widerlich nach Dieselöl. Er sog sie dennoch gierig
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