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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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stammend, war verwahrlost und seit mindestens dreißig Jahren nicht mehr renoviert worden. Doch die Wohnung genügte Peters bescheidenen Ansprüchen, und, was wesentlicher war, sie entsprach seinen finanziellen Möglichkeiten, die derzeit praktisch gleich Null waren.
    So wie er es sich ausgerechnet hatte, konnten sie sich noch vierzehn Tage über Wasser halten, wenn sie es konservativ angingen und sich auf fünf Lines pro Abend beschränkten. Na gut, vielleicht sechs. Und am Tag würden sie sich dann ernsthaft nach Arbeit umsehen. Er konnte Vertreter machen oder so was. Das lag ihm. Und Sasha konnte wieder auftreten. Da hatte sie echt was drauf. Genau das richtige für Soho. Man würde sie mit Handkuß nehmen. Wahrscheinlich hatte man so eine Nummer da noch nie gesehen. Sie brauchte sie nur genauso aufzuziehen wie in Oxford: leere Bühne, ein einziger Scheinwerfer, und Sasha auf einem Stuhl in der Mitte. Und die Zuschauer durften ihr dann die Kleider vom Leib schneiden, alles runterschneiden bis auf den letzten Fetzen, damit diese Leute endlich mal mit sich selber in Kontakt kamen und sich selber spürten und aussprachen, was sie wollten. Und Sasha würde die ganze Zeit lächelnd dasitzen, total überlegen, die einzige im ganzen Saal, die echt zu sich selber stand. Kopf hoch, Hände in die Hüfte gestemmt. Eine Pose, die sagte: Ich bin.
    Wo bleibt sie nur? fragte sich Peter.
    Er sah auf die Uhr. Es war eine häßliche Timex, second Hand erworben, der man auf den ersten Blick ansah, daß ihr nicht zu trauen war. Seine Rolex hatte er schon vor einiger Zeit verhökert und bald gemerkt, daß er sich auf diese Zwiebel so wenig verlassen konnte wie darauf, daß Sasha allein einen Deal machen konnte, ohne an einen Bullen vom Rauschgiftdezernat zu geraten.
    Ungeduldig schüttelte er das Handgelenk. Hatten sich die verdammten Zeiger in der letzten halben Stunde überhaupt bewegt? Er hielt die Uhr an sein Ohr und fluchte ungläubig, als er das leise Ticken hörte. War Sasha wirklich erst zwei Stunden weg? Ihm kam es wie eine Ewigkeit vor.
    Rastlos stand er von dem durchgesessenen Sofa auf, einem der drei Möbelstücke im Zimmer, wenn man die Kartons nicht zählte, in denen sie ihre Kleider aufbewahrten, und nicht die Gemüsekiste, auf denen ihre einzige Lampe stand. Das Sofa ließ sich zu einem Bett mit unzähligen Kuhlen ausziehen. Sasha regte sich jeden Tag darüber auf, behauptete, es mache ihren Rücken kaputt, und sie hätte seit mindestens einem Monat nicht mehr richtig geschlafen.
    Wo blieb sie nur? Peter ging zu einem der Fenster und schlug das Laken zurück, das als Vorhang diente. Er spähte durch die Scheibe. Sie war innen so schmutzig wie außen.
    Während er auf der Straße nach Sasha Ausschau hielt - nach der alten Folkloretasche, die sie immer mit sich herumschleppte -, zog er ein schmutziges Taschentuch heraus und schneuzte sich. Es war eine reflexartige Handlung, und der kurze Schmerz, der sie begleitete, war in Sekundenschnelle verflogen und ließ sich daher leicht als belanglos abtun. Ohne einen Blick auf das Tuch und die neuen rostroten Flecken darauf steckte er es wieder in seine Hosentasche und begann, auf seinem Zeigefinger zu kauen. Nervöse Bisse wie von Kaninchenzähnen.
    Am Ende der schmalen Straße, in der sie wohnten, bogen Passanten in die Brick Lane ab, Pendler auf dem Heimweg.
    Peter versuchte, seine Aufmerksamkeit auf sie zu konzentrieren, machte ganz bewußt eine Übung daraus zu sehen, ob er in der Menge wippender Köpfe vorn am Aldgate U-Bahnhof Sasha erkennen konnte. Sie brauchte nur die Northern Line zu nehmen, dann in die Metropolitan umzusteigen, und schon war sie zu Hause. Wo zum Teufel blieb sie also so lange? Was war an einem einzigen lumpigen Deal so schwer? Zahlen und den Stoff einstecken, basta. Wieso brauchte sie so lang?
    Sollte es dem kleinen Luder eingefallen sein, mit seiner Knete abzuhauen, den Deal auf eigene Faust zu machen und nicht mehr zurückzukommen? Genau! Weshalb sollte sie zurückkommen? Sie hatte dann ja, was sie wollte. Das war der Grund, weshalb sie so lang ausblieb.
    Nie im Leben, sagte sich Peter. Sasha haut nicht ab. Nicht jetzt und nicht später. Erst letzte Woche hatte sie gesagt, so gut wie er hätte es ihr noch keiner gemacht. Sie bettelte ja jeden Abend förmlich darum.
    Nachdenklich rieb sich Peter die Nase mit dem Handrücken. Hatte sie nicht gestern abend gelacht wie eine Blöde, und er hatte sie an die Wand gedrückt? Und dann hatte Sammy von

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