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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bist doch der beste Beweis dafür, wie es um die Liebe dieses Mannes bestellt ist. Schau dir deine Kleider an. Und dein Gesicht.«
    »Es ist nicht seine Schuld.«
    »Schau, wozu er dich getrieben hat.«
    »Er weiß nicht, daß ich hier bin. Er hätte mich niemals kommen lassen -«
    »Aber das Geld nimmt er, stimmt's? Und es fällt ihm nicht ein zu fragen, woher es kommt. Hauptsache, er hat, was er braucht. Und was braucht er diesmal, Nancy? Hat er wieder eine neue Frau? Zwei oder drei vielleicht?«
    »Nein!« Nancy sah Lynley verzweifelt an. »Ich wollte nur - ich ...« Sie schüttelte stumm den Kopf.
    Penellins Gesicht war grau. »Schau dir an, was er aus dir gemacht hat«, sagte er tonlos. Und dann zu Lynley: »Schauen Sie sich an, was Mick Cambrey aus meiner Tochter gemacht hat.«

6
    »Simon und Helen kommen auch mit«, verkündete Sidney. Vor ein paar Minuten hatte sie aus dem Durcheinander in ihrem Zimmer ein knallrotes Kleid herausgefischt, fließender Crepe de Chine, gerafft und gerüscht, eine duftige Wolke am Morgenhimmel. Sie eilte mit Deborah zum Park, wo St. James und Helen unter den Bäumen umhergingen.
    »Los, kommt und schaut zu, wie Deb mit mir die Bilder ihres Lebens schießt«, rief sie ihnen laut zu. »Unten in der Bucht. In einem verrotteten Kahn. Als verführerische Seejungfrau. Na, kommt ihr?«
    St. James wartete, bis Sidney und Deborah sie eingeholt hatten, ehe er sagte: »Bei der Lautstärke deiner Einladung kannst du eine Menge Zuschauer erwarten, die neugierig sind, wie du dich als Seejungfrau machst.«
    Sidney lachte. »Ach ja, Seejungfrauen sind im allgemeinen nackt, nicht? Na ja, das sind doch Nebensächlichkeiten. Du bist bloß eifersüchtig, daß Deb ausnahmsweise mal mich aufs Korn nimmt und nicht dich. Ich mußte ihr allerdings erst das heilige Versprechen abringen«, fügte sie hinzu, während sie sich im Wind drehte, »daß sie keine einzige Aufnahme von dir macht. Sie hat sowieso schon genug. Bestimmt an die tausend. Simon auf der Treppe, Simon im Garten, Simon im Labor, Simon in jeder Lebenslage.«
    »Soweit ich mich erinnern kann, hatte ich dabei nichts zu sagen.«
    Sidney warf den Kopf zurück und lief den anderen voraus durch den Park. »Alles nur Ausreden. Du hast deine Chance zur Unsterblichkeit gehabt, Simon. Jetzt bin ich dran. Komm mir also ja nicht in die Quere.«
    »Ich werde mich beherrschen können«, versetzte St. James trocken.
    »Aber ich kann das nicht versprechen«, bemerkte Helen.
    »Ich werde ganz schamlos mit dir konkurrieren, Sidney, und mich, wenn's geht, kräftig in den Vordergrund drängen. Wetten, daß ich als Fotomodell entdeckt werde.«
    Sidney lachte und marschierte nach Südosten zum Meer. Unter den mächtigen Bäumen des Parks, wo die Luft nach fruchtbarer Erde roch, fand sie unzählige Quellen der Inspiration. Auf einem wuchtigen Baumstamm balancierend, den der Wintersturm entwurzelt hatte, war sie ein spitzbübischer Ariel, der sich neu gewonnener Freiheit freute. Einen Strauß Rittersporn in den Händen, wurde sie zur eben dem Hades entstiegenen Persephone. Mit einem Blätterkranz im Haar an einen Baum gelehnt, war sie Rosalinde, die von Orlandos Liebe träumte.
    Sie stellte sich Deborah in allen möglichen kapriziösen Posen vor, ehe sie weiterlief zum Ende des Parks und durch ein altes Tor verschwand. Der Wind trug gleich darauf ihre Begeisterungsrufe zu ihnen zurück.
    »Sie ist an der Mühle«, sagte Helen. »Ich seh lieber mal, daß sie uns nicht ins Wasser fällt.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, lief sie los.
    Deborah war froh um diese Gelegenheit, mit Simon allein zu sein. Es gab viel zu sagen. Sie hatte ihn seit dem Tag ihres Streits nicht wiedergesehen, und nachdem Tommy ihr gesagt hatte, daß Simon übers Wochenende nach Howenstow mitkommen würde, hatte sie gewußt, daß sie sich bei ihm entschuldigen mußte.
    Aber jetzt, da die Gelegenheit zum Gespräch sich bot, stellte Deborah fest, daß sie in Paddington das letzte Band zu Simon durchschnitten hatte, und es gab keine Möglichkeit, die Worte ungesagt zu machen.
    Sie gingen weiter in der Richtung, die Helen eingeschlagen hatte, langsam, wie St. James' Schritt es verlangte. In der sich ausbreitenden Stille, die nur vom unaufhörlichen Kreischen der Möwen begleitet war, erschien ihr der Klang seiner unregelmäßigen Schritte, dieses mühsame Hinken, unerträglich laut. Deborah sprach schließlich nur, um dieses Geräusch zu übertönen, und griff wahllos auf die Vergangenheit

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