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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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jeden Fotografen ein malerisches Motiv abgab, schien ihr Deborahs Interesse an dem alten Bauwerk übermäßig intensiv. Es war, als hätte sie sich bewußt entschlossen, ihre gesamte Energie auf das Studium des richtigen Blickwinkels und der besten Beleuchtung zu verwenden. Sie war offensichtlich zornig.
    Helen beobachtete den näherkommenden St. James aufmerksam. Das von den Bäumen beschattete Gesicht verriet nichts, aber sein Blick folgte Deborah am Flußufer entlang, und seine Bewegungen waren abrupt. Natürlich, dachte Helen, und nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ein wie hohes Maß an Takt und Wohlerzogenheit sie alle würden aufbringen müssen, um dieses Wochenende mit Anstand hinter sich zu bringen.

    Ihr Spaziergang endete schließlich auf einer unregelmäßig geformten Lichtung, die zu einem kleinen Kap anstieg. Vielleicht fünfzehn Meter tiefer, erreichbar über einen steilen Pfad, der sich zwischen niedrigen Büschen und Felsen hindurchschlängelte, glitzerte in der dunstigen Sonne die Bucht von Howenstow, ideales Ziel an einem heißen Sommernachmittag. Vom feinen Sand des schmalen Strandstreifens stiegen flirrende Hitzewellen auf. In kleinen Tümpeln, die auch bei Niedrigwasser nicht austrockneten, wimmelte es von kleinen Krebsen und Wasserschnecken. Das Wasser der Bucht war kristallklar, so durchsichtig, daß man den felsigen Grund und das Riff weiter draußen sehen konnte.
    Sasha Nifford, Peter Lynley und Justin Brooke saßen auf einem Felsen am Wasserrand. Brooke hatte sein Hemd ausgezogen. Die beiden anderen waren nackt. Peters Haut spannte sich über einem mageren Brustkorb, der jede einzelne Rippe erkennen ließ. Sasha war ein wenig fülliger, aber ihr Körper war schlaff und formlos, mit hängenden Brüsten.
    »Es ist aber auch wirklich ein idealer Tag zum Sonnenbaden«, meinte Helen unsicher.
    St. James sah seine Schwester an. »Vielleicht sollten wir ...«
    »Warte«, sagte Sidney.
    Während sie hinuntersahen, reichte Brooke Peter Lynley eine kleine Dose, aus der Peter etwas Pulver auf seine offene Hand klopfte. Er beugte sich darüber und blieb mit einer so fiebrigen Gier hinuntergeneigt, daß die anderen selbst von der Höhe der Felswand aus sehen konnten, wie seine Brust vor Anstrengung arbeitete, während er das Pulver bis auf das letzte Stäubchen einzusaugen suchte. Er leckte sich die Hand ab, saugte an ihr und hob schließlich das Gesicht zum Himmel, als wolle er einem unsichtbaren Gott Dank sagen. Dann reichte er Brooke die Dose zurück.
    Sidney verlor die Fassung. »Du hast es mir versprochen!« schrie sie. »Verdammt noch mal! Du hast es mir versprochen!«
    »Sid!« St. James packte seine Schwester beim Arm. Er spürte die Spannung ihrer wenigen Muskeln. »Sidney, hör doch auf!«
    »Nein!« Sidney riß sich von ihm los. Sie schleuderte ihre Schuhe von den Füßen und stürmte den Felsweg hinunter, stolpernd, rutschend, unaufhörlich Beschimpfungen zu Brooke hinunterschreiend.
    »O Gott«, murmelte Deborah. »Sidney!«
    Unten angelangt, rannte Sidney über den schmalen Sandstreifen zu den Felsen, auf denen die drei Sonnenanbeter saßen und ihr verdattert entgegenblickten. Sie stürzte sich auf Brooke. Sie riß ihn von den Felsen in den Sand. Sie warf sich auf ihn und schlug ihm mit den Fäusten ins Gesicht.
    »Du hast gesagt, du würdest es lassen! Du verlogener Kerl! Du widerlicher, gemeiner, dreckiger Lügner. Gib's her, Justin! Gib's her! Los! Auf der Stelle«
    Sie rang mit ihm, schlug mit Fingern wie Krallen nach seinen Augen. Brooke hob die Arme, um sie abzuwehren. Sie biß ihn ins Handgelenk und riß ihm die Dose mit dem Kokain aus den Fingern.
    Brüllend sprang Brooke auf. Er packte sie bei den Beinen und schleuderte sie zu Boden. Aber erst nachdem sie keuchend zum Wasser getorkelt war, die Dose geöffnet und sie weit ins Wasser hinausgeworfen hatte.
    »Da hast du deinen Koks!« schrie sie. »Schwimm doch hinterher. Schwimm hinterher und ertrink.«
    Über ihnen auf dem Felsen sahen Peter und Sasha träge lachend zu, wie Brooke aufsprang, Sidney hochzog und mit sich zum Wasser zerrte. Sie schlug ihm die Fingernägel in Gesicht und Hals und kratzte blutige Spuren in seine Haut.
    »Ich sag's!« schrie sie. »Ich sag's allen, die es hören wollen.«
    Brooke hatte Mühe, sie festzuhalten. Er packte ihre Arme und drehte sie ihr brutal auf den Rücken. Sie schrie auf vor Schmerz. Er grinste und zwang sie in die Knie. Er stieß sie vorwärts. Er stellte einen Fuß auf ihre Schulter

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