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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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zurück, auf Erinnerungen, die sie teilten.
    »Als meine Mutter gestorben war, bist du in das Haus in Chelsea eingezogen.«
    St. James warf ihr einen neugierigen Blick zu. »Das ist lange her.«
    »Du hättest es nicht zu tun brauchen. Damals wußte ich das nicht. Es erschien mir mit meinen sieben Jahren alles so logisch. Aber es bestand keine Notwendigkeit für dich, das zu tun. Ich verstehe gar nicht, wieso mir das erst heute klar wird.«
    Er zupfte einen Grashalm von seinem Hosenbein. »Es gibt im Grunde kein Mittel, einen derartigen Verlust zu lindern. Ich habe nur getan, was ich konnte. Dein Vater brauchte einen Ort, wo er vergessen konnte. Oder, wenn schon nicht vergessen, so wenigstens weitergehen.«
    »Aber du hättest es nicht zu tun brauchen. Wir hätten zu einem deiner Brüder ziehen können. In Southampton. Sie waren beide wesentlich älter als du. Das wäre viel logischer gewesen. Du warst - warst du wirklich erst achtzehn? Was hast du dir nur dabei gedacht, dir mit achtzehn Jahren einen eigenen Haushalt aufzuhalsen? Warum hast du es getan? Und wieso haben deine Eltern es zugelassen?«
    »Es ergab sich so.«
    »Aber wieso?«
    »Dein Vater brauchte etwas, eine Aufgabe, um über den Verlust hinwegzukommen. Er mußte langsam wieder gesund werden. Deine Mutter war gerade zwei Monate tot. Er war untröstlich. Wir hatten Angst um ihn, Deborah. Keiner von uns hatte ihn je so erlebt. Wenn er Hand an sich gelegt hätte ... Du hattest schon die Mutter verloren. Du solltest nicht noch den Vater verlieren. Natürlich hätten wir für dich gesorgt. Das war immer klar. Aber Eltern sind nicht wirklich zu ersetzen, nicht wahr?«
    »Ja, aber deine Brüder in Southampton.«
    »In Southampton hätte er sich wie das fünfte Rad am Wagen gefühlt. Er wäre sich überflüssig vorgekommen und bemitleidet. Aber in Chelsea, da hatte er wirklich etwas zu tun.« St. James lächelte sie kurz an. »Du weißt nicht mehr, in was für einem Zustand das Haus war, nicht? Ich sage dir, es hat eine Menge Energie gekostet, ihn und mich auch, dieses Haus wieder bewohnbar zu machen. Da blieb ihm keine Zeit, sich mit Gedanken an deine Mutter zu quälen, wie er das vorher unaufhörlich getan hatte.«
    Deborah nestelte am Schulterriemen ihres Fotoapparats. Er war steif und neu, nicht wie der angenehm zerknautschte, weiche Riemen der alten Nikon, mit der sie so viele Jahre fotografiert hatte, ehe sie nach Amerika gegangen war.
    »Darum bist du auch hierher mitgekommen, nicht wahr?« sagte sie. »Wegen Dad.«
    St. James antwortete nicht. Eine Möwe schoß über den Park, so tief, daß Deborah den Luftzug unter dem schnellen, kräftigen Schlag ihrer Schwingen verspürte.
    »Es ist mir erst heute morgen aufgegangen«, fuhr sie fort.
    »Wie aufmerksam du bist, Simon. Ich wollte dir das schon seit unserer Ankunft sagen.«
    St. James schob die Hände in die Hosentaschen, so daß einen Moment lang die Entstellung seines linken Beins durch die Schiene deutlich zu sehen war.
    »Mit Aufmerksamkeit hat das nichts zu tun, Deborah.«
    »Wieso nicht?«
    »Es ist eben so.«
    Sie gingen weiter, durchschritten das Tor und betraten den lichten Wald einer kleinen Talmulde, die zum Meer abfiel. Vor sich hörten sie Sidneys lachende Stimme.
    »Du wolltest nie, daß dich jemand als feinfühligen Menschen sieht, nicht wahr?« sagte Deborah. »Als wäre Sensibilität eine Art Aussatz. Wenn du Dad nicht aus Aufmerksamkeit begleitet hast, warum dann?«
    »Aus Loyalität.«
    Sie starrte ihn an. »Einem Domestiken gegenüber?«
    Seine Augen wurden dunkel. Wie seltsam, daß sie das Farbenspiel seiner Augen bei Gefühlswallungen vergessen hatte. »Einem Krüppel gegenüber?« entgegnete er.
    Seine Worte machten all ihr Bemühen zunichte.

    Helen, die auf den Felsen über dem Fluß stand, sah St. James langsam aus dem Wäldchen kommen. Sie hatte nach ihm Ausschau gehalten, seit Deborah an ihr vorbeigelaufen war. Im Gehen warf er einen dichtbelaubten Stengel weg, den er von einer der tropischen Pflanzen abgebrochen hatte.
    Unten am Fluß vergnügte sich Sidney, die Schuhe in der Hand, bis zum Saum ihres Kleides im Wasser. Und Deborah studierte drüben aufmerksam das alte Mühlrad, das, unter Efeu und Lilien halb verborgen, für immer stillstand. In der einen Hand den Fotoapparat, den anderen Arm seitlich abgespreizt, um die Balance zu halten, kletterte sie in den Felsen am Flußufer umher.
    Obwohl selbst Helen mit ihrem ungeschulten Blick erkannte, daß die alte Mühle für

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