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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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braucht man nichts zweimal zu sagen.«
    Mrs. Swann blickte scharf auf. Ihre Rattenaugen glitzerten taxierend. »Ich kann mir denken, daß du von deinem Mann schon allerhand gelernt hast. 'ne Menge Neues, hm?«
    Nancy rieb an einem Schmutzfleck auf ihrer verblichenen rosaroten Bluse. »Bis dann«, sagte sie statt einer Antwort und eilte aus der Bude hinaus.
    Die Lichter brannten noch, aber der Hof war leer bis auf Lynley, seine Freunde und die Schauspieler. Nancy sah sie vorn bei der Bühne stehen. Während St. James und Lady Helen abseits warteten, ließ Lynley sich mit dem Ensemble von seiner Verlobten fotografieren. Jeder Lichtblitz erhellte strahlende, stolze Gesichter, und Lynley ließ das Ganze mit gewohnt gutmütiger Duldsamkeit über sich ergehen, plauderte mit dem Pastor und seiner Frau, lachte über die spritzigen Bemerkungen von Lady Helen Clyde.
    Ach, würde es einem das Leben doch auch so leicht machen, dachte Nancy.
    »Wenn man zu ihnen gehört, ist es auch nicht anders, Nancy. Es sieht nur so aus.«
    Von den Worten getroffen, fuhr Nancy zusammen und wirbelte herum. Dr. Trenarrow saß im Schatten an der Wand des Schulhofs. Sie war ihm den ganzen Abend aus dem Weg gegangen, wenn er an den Stand gekommen war. Jetzt jedoch war ein Gespräch nicht mehr zu vermeiden. Er stand auf und trat ins Licht.
    »Sie machen sich Sorgen wegen des Häuschens«, sagte er.
    »Das brauchen Sie nicht. Ich setze Sie nicht auf die Straße. Mick und ich regeln das schon.«
    Trotz seiner freundlichen Worte brach ihr der Schweiß aus allen Poren. Es war das, was sie am meisten gefürchtet hatte, eine Konfrontation mit ihm, ein Gespräch über ihre Situation, die Notwendigkeit, Ausflüchte zu machen, Entschuldigungen zu erfinden. Und zu allem Überfluß sah jetzt auch noch Mrs. Swann herüber, die wohl bei der Erwähnung von Micks Namen neugierig geworden war.
    »Sie bekommen Ihr Geld«, stammelte Nancy. »Ich besorge es. Bestimmt.«
    »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Nancy«, wiederholte Trenarrow eindringlicher. »Und Sie hätten nicht Lord Asherton um Hilfe zu bitten brauchen. Sie hätten gleich mit mir sprechen sollen.«
    »Nein. Ich ...« Sie konnte es nicht erklären, ohne ihn zu beleidigen. Er würde nicht verstehen, warum sie als Bittstellerin zu Lynley gehen konnte, aber nicht zu ihm. Sie konnte ihm nicht klarmachen, daß ein Darlehen von Lynley nicht mit demütigender Mildtätigkeit belastet war, weil er gab, ohne zu urteilen, rein aus Freundschaft und menschlichem Interesse. Sonst konnte sie nirgends Hilfe erwarten, ohne Bemerkungen über Micks Versagen und ihre gescheiterte Ehe hinnehmen zu müssen. Und sie spürte auch in diesem Moment, wie Dr. Trenarrow wertete. Selbst in diesem Moment spürte sie sein Mitleid.
    »Eine Mieterhöhung ist überhaupt nicht ...«
    »Bitte!« Sie drängte sich dicht an ihm vorbei und lief aus dem Schulhof hinaus auf die Straße. Sie hörte ihn einmal ihren Namen rufen, aber sie lief weiter.
    Sie rieb sich die Arme, die ihr vom Schleppen der Gläser weh taten, und eilte die Paul Lane hinunter zur Ivy Street, die in ein verschlungenes Gewirr kleiner Straßen und Gassen im Herzen des Orts führte. Es waren schmale, steile Sträßchen, mit holprigem Kopfsteinpflaster, für Autos viel zu eng. Bei Tag kamen die Urlauber hierher, um die malerischen alten Häuser mit ihren farbenfrohen Gärtchen und den windschiefen Dächern zu fotografieren. Bei Nacht jedoch war das ganze Viertel nur von den Lichtflecken erleuchtet, die aus den Fenstern der Häuser fielen. In schwarze Schatten getaucht und von Generationen von Katzen bevölkert, die am Hügelhang über dem Dorf ihre Behausungen hatten und nachts die Mülltonnen räuberten, war es kein einladender Ort.
    Gull Cottage stand mitten im Gewirr dieser winkligen Gassen, an der Ecke des Virgin Place, ein kleiner, weißgetünchter Kasten mit blauen Fensterstöcken und einer üppig blühenden Fuchsie neben der Haustür. Schon aus beträchtlichem Abstand konnte sie es hören. Molly weinte, nein, sie schrie zum Erbarmen.
    Sie sah auf ihre Uhr. Es war fast Mitternacht. Molly hätte längst gefüttert sein und tief schlafen müssen. Wieso kümmerte sich Mick nicht um das Kind?
    Zornig über ihren egoistischen Mann, legte Nancy das letzte Stück bis zum Haus im Laufschritt zurück, stieß das Gartentor auf und rannte zur Tür.
    »Mick!« rief sie laut. Oben war immer noch Mollys Schreien zu hören. Sie sah das Kind vor sich, blau im Gesicht, das kleine

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