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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Gristhorpe immer noch allein dasaß.
      »Danke, dass du so schnell gekommen bist«, sagte der Superintendent zu Glendenning, stand auf und staubte sich den Hosenboden ab. Jeder im Präsidium der regionalen Kriminalpolizei von Eastvale erachtete es als angemessen, dem Doktor höflich, ja sogar respektvoll zu begegnen. Denn obwohl er ein ruppiges, altes Arschloch war, war er einer der besten Rechtsmediziner im Land, und alle waren froh, dass er sich Eastvale als Heimat ausgesucht hatte.
      Mit dem Stummel der alten zündete sich Glendenning eine neue Zigarette an. »Und wo ist sie?«, fragte er.
      Gristhorpe zeigte auf den Zweighaufen. Als er auf den wackeligen Steinen den Bach überquerte, fluchte der Doktor vor sich hin. Gristhorpe wendete sich an Banks und zwinkerte. »Sind alle da, Alan?«
      »Sieht so aus.«
      Als Nächstes kam Peter Derby, der junge Fotograf, auf sie zugeeilt und versuchte Glendenning zu überholen, bevor der Doktor mit seiner Arbeit beginnen konnte. Banks fand,'dass er viel zu unerfahren und unschuldig für seinen Job wirkte, doch nach allem, was er wusste, hatte Derby niemals auch nur mit der Wimper gezuckt, egal was es zu fotografieren gab.
      Nach ihm kam Sergeant Hatchley, dem der kurze Weg von Rawley Force durch das Tal bereits das Gesicht gerötet hatte. Wie Gristhorpe war der blonde Sergeant ein kräftiger Mann, doch obwohl zwanzig Jahre jünger, hatte sich seine Muskelmasse schnell in Fett umgewandelt. Er sah aus wie ein Rugbystürmer und war in seinem Lokalverein auch tatsächlich mal einer gewesen, bis Zigaretten und Bier ihren Tribut an seiner Kondition zollten.
      Banks versorgte ihn mit den Einzelheiten, während Gristhorpe sich mit den Leuten von der Spurensicherung beschäftigte.
      Glendenning kniete neben der Leiche und verscheuchte die anderen wie einen Schwarm Fliegen. Schließlich packte er seine Tasche und balancierte wie ein Seiltänzer mit ausgestreckten Armen zurück über den Bach. Mit der einen Hand umklammerte er seine braune Tasche, in der anderen hielt er ein Reagenzglas.
      »Verdammt ungünstiger Ort, um eine Leiche aufzuspüren«, brummte er, als wäre der Superintendent persönlich dafür verantwortlich.
      »Tja, nun«, entgegnete Gristhorpe, »leider können wir uns das in unserer Branche nicht aussuchen. Ich nehme nicht an, dass du uns vor der Autopsie schon viel sagen kannst?«
      Der Qualm seiner Zigarette stieg Glendenning in die Augen, er verzog das Gesicht. »Nicht viel«, sagte er. »Sieht mir nach einer Stichwunde aus. Wahrscheinlich durchdrang die Klinge das Herz von unterhalb des Brustkorbs.«
      »Das bedeutet, dass der Täter sehr dicht bei ihm stand«, sagte Gristhorpe. »Also muss es jemand gewesen sein, den er kannte und dem er vertraute.«
      Glendenning rümpfte die Nase. »Wenn du nichts dagegen hast, überlasse ich euch solche Spekulationen. Außerdem gibt es Fleischwunden und Schlagmale im Gesicht. Im Moment kann ich noch nicht sagen, wodurch es passiert ist. Nur dass der Tod vor ungefähr zehn Tagen eingetreten ist. Frühestens vor zwölf.«
      »Wie können Sie sich da so sicher sein?«, fragte Banks, erstaunt über die Information.
      »Ich bin ja eben nicht sicher, mein Junge«, sagte Glendenning, »das ist das Problem. Zwischen zehn und zwölf Tagen ist für mich alles andere als eine genaue Zeitangabe. Vielleicht gibt's nach der Obduktion präzisere Informationen, versprechen kann ich allerdings nichts. Diese Jungs da drüben verpacken ihn in einen Sack. Er muss für ein, zwei Tage in einem Lysolbad einweichen.« Glendenning lächelte und hielt sein Reagenzglas hoch. »Maden«, sagte er. »Calliphora erythrocephalus, wenn ich mich nicht irre.«
      Die drei Ermittler schauten auf die weißen, sich langsam bewegenden Kleckse und tauschten verdutzte Blicke aus.
      Glendenning seufzte und sprach wie zu einer Gruppe zurückgebliebener Kinder. »Ganz einfach. Larven der Schmeißfliege. Die Schmeißfliege legt ihre Eier tagsüber, normalerweise, wenn die Sonne scheint. Wenn es warm ist, wie in den letzten Tagen, dann schlüpfen sie am ersten Tag. Heraus kommt das sogenannte >erste Madenstadium<. Nach acht bis vierzehn Stunden häutet sich diese winzige Schönheit wie eine Schlange, es entsteht das zweite Stadium, das sich nach zwei oder drei Tagen häutet. Das dritte Stadium, dasjenige, das man zum Fischen benutzt« - und an dieser Stelle schaute er Gristhorpe an, der ein begeisterter Angler war -,

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