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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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oder?«
      »Oder zu erleiden.«
      »Leidest du?«
      »Ich glaube nicht, dass ich glücklich bin, wenn du das meinst.«
      »Warum unternimmst du nichts dagegen?«
      »Ich kann nichts tun.«
      »Aber es muss etwas geben. Du musst die Dinge ändern können, wenn du willst.«
      »Ich weiß nicht, wie. Was sollte ich tun? Ohne das Gästehaus habe ich doch nichts. Wo sollte ich hingehen? Ich kenne mich außerhalb von Leeds und Swainsdale nicht aus.« Sie spielte mit einer Haarsträhne. »Ich sehe mich schon in London oder sonst wo. Ich würde keine fünf Minuten aushalten.«
      »Städte sind nicht so übel, wie du glaubst. Du hast nur das Schlimmste im Fernsehen gesehen. Viele Leute führen ein glückliches Leben dort.«
      »Trotzdem«, sagte Katie, »ich wäre verloren.« Sie trank den Kaffee aus und wischte sich ihre Lippen mit dem Handrücken ab.
      »Auf dich allein gestellt wärst du es vielleicht.«
      »Was willst du damit sagen?«
      Plötzlich war Stephen nähergerückt und hielt ihre Hand. Katie verkrampfte sich. Sie wollte ihn nicht enttäuschen. Wenn er sie berühren wollte, musste sie ihn lassen. Doch ihr Magen zog sich zusammen, und der Wind tobte in ihren Ohren. Dabei war seine Berührung seltsam schamhaft und schien sie überhaupt nicht zu bedrohen.
      »Ich weiß es nicht, Katie«, sagte er. »Ich bin mir nicht sicher, was ich damit sagen will. Aber ich werde weggehen. Ich kann hier nicht länger bleiben.«
      »Aber warum nicht?«
      Als er noch näher kam und ihre Hand fester drückte, fühlte sie, dass er zitterte. »Es gibt Dinge, von denen du nichts weißt, Katie«, sagte er. »Liebe, süße Katie.« Und er strich mit seinen Fingern über ihre Wange. Sie fühlten sich kalt an.
      Katie wollte sich losmachen, wagte aber nicht, sich zu wehren. »Ich weiß nicht, was du meinst«, platzte sie heraus. »Sam erzählt mir auch immer, dass ich nichts weiß. Was soll das? Bin ich so blind oder so dumm?« Jetzt füllten Tränen ihre Augen und ließen das Bild des Tales und des Wassers unter ihr, das unaufhörlich aus der Quelle sprudelte, verschwimmen.
      »Nein«, sagte Stephen. »Nein, du bist weder blind noch dumm. Aber viele Dinge sind anders, als sie erscheinen, und viele Menschen sind nicht das, was sie vorgeben zu sein. Hör zu, was ich dir jetzt erzähle ...«
     
    Die Frau, die Banks im Speisebereich des Feathers gegenübersaß, hatte sich im Vergleich zu derjenigen auf Bernard Allens Fotografie beträchtlich verändert, und doch war es eindeutig dieselbe Person. Ihr Haar war jetzt kurz und blond getönt, und sie trug ein cremefarbenes Geschäftskostüm. Als sie Platz nahm und in ihrer Tasche nach Zigaretten suchte, bemerkte Banks zudem, dass das heitere Lachen ihrer Augen einem harten und misstrauischen Blick gewichen war. Der weiße Filter ihrer langen Zigarette war bald mit Lippenstift befleckt. Sie hatte die Angewohnheit, ihre Zigarette selbst dann auf den Rand des Aschenbechers zu tippen, wenn keine Asche dran war. Wie eine Schauspielerin in einem alten Film hielt sie die Zigarette waagerecht zwischen gespreiztem Zeige- und Mittelfinger, und wenn sie inhalierte, schürzte sie die Lippen. Ihre Fingernägel waren lang und rot lackiert.
      Wie Glen gesagt hatte, war sie um sechs erschienen, sie und Banks hatten dann die anderen allein gelassen, um beim Essen in Ruhe reden zu können. Zwischen den beiden Bereichen des Pubs gab es außer der Art der Sitzanordnung wenig Trennung. Die Gespräche an der Theke und den Tischen konnten sie auch im Speisebereich hören.
      Die Kellnerin, eine zierliche Brünette mit schalkhaften Augen und frechem Lächeln, gab ihnen die Speisekarten. »Etwas zu trinken?«, fragte sie.
      Julie bestellte einen White Russian, und Banks nahm zur Abwechslung ein Glas Rotwein.
      »Ich muss wissen, warum Sie Swainshead derart eilig verlassen haben«, sagte er, als die Kellnerin wieder gegangen war.
      »Darf eine Frau nicht tun und lassen, was sie will? England ist kein Polizeistaat, oder? Als ich das letzte Mal da war, auf jeden Fall nicht.«
      »Jetzt auch nicht. Wir haben uns nur über Ihre Wahl des Zeitpunktes gewundert.«
      »Ach? Warum?«
      »Wir sind von Berufs wegen misstrauisch, wenn jemand am Tag nach einem Mord spurlos verschwindet.«
      »Damit hatte ich nichts zu tun.«
      »Spielen Sie nicht die Unschuldige. Was erwarten Sie von uns? Sie könnten selbst in Gefahr gewesen sein, oder Sie könnten die

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