040 - Ein Monster namens Charlie
doch, waren sie immer schnell ausgeräumt –, sie sprachen viel über ihre Arbeit und entwickelten sich gemeinsam weiter.
Eine Künstlerin profitierte von der anderen.
Und davon profitierten wiederum die Menschen, die ihre Bilder kauften.
Daß Emily besser verkaufte, lag in der Natur der Sache; schließlich hatte sie einen Namen, der allerorts bekannt war. Es gab Leute, die nicht darauf schauten, wie das Bild gemalt war.
Ihnen genügte der Name Fonda rechts unten, um das Werk zu kaufen und bei sich zu Hause aufzuhängen. Stella neidete ihrer Freundin den Erfolg nicht, und Emily unternahm von sich aus alle Anstrengungen, um auch ihre Freundin gut ins Geschäft zu bringen.
Harmonie auf der ganzen Linie… Die herrschte in jenem Penthouse-Atelier. Die Mädchen waren glücklich und freuten sich des Lebens.
Daß dieser Sonnenschein mit einem Paukenschlag zu Ende gehen sollte – schon heute abend – hätten sich Emily Fonda und Stella Frey nicht träumen lassen.
Stella – rothaarig und sommersprossig – legte eine LP von Paul McCartney auf und tanzte allein dazu.
»Du machst einen rundum zufriedenen Eindruck«, sagte Emily lächelnd.
»Ich bin nicht nur zufrieden, Schätzchen, ich bin glücklich.«
»Wegen der drei Bilder, die du heute verkauft hast?«
»Sie liegen mir ganz besonders am Herzen. Deshalb freut es mich irrsinnig, daß Milt Menninger sie gekauft hat. Erstens versteht dieser Mann etwas von Kunst, und zweitens richten sich viele andere Leute nach seinem Geschmack. Wenn Milt Menninger ein Bild kauft, ist das für einen Künstler Anerkennung und Bestätigung.«
»Eine echte Aufwertung deines Prestiges ist das«, sagte Emily und umarmte die Freundin. »O Stella, ich freue mich mit dir. Weißt du, was wir jetzt tun? Im Kühlschrank liegt eine Flasche Pommery. Die machen wir auf und begießen deinen schönen Erfolg.«
»Okay«, meinte Stella Frey, und ihre Freundin eilte in die Küche.
Kaum war sie allein, da beschlich sie ein unangenehmes Gefühl.
Furcht kroch in ihre Glieder. Sie fühlte sich in ihrer eigenen Haut nicht mehr wohl.
Fröstelnd massierte sie ihre nackten Arme. Es war nicht kalt im Penthouse-Atelier. Die Kälte, die bei Stella sogar eine Gänsehaut hervorrief, kam von innen.
Was habe ich bloß? fragte sich das Mädchen. Werde ich krank?
Nur das nicht! Morgen findet eine Vernissage statt, an der ich unbedingt teilnehmen muß.
Beunruhigt horchte sie in sich hinein, um zu ergründen, was wirklich mit ihr los war. Himmel, wovor fürchtete sie sich denn?
Dieses Penthouse war eine Festung, dafür hatte Emilys Vater gesorgt.
An der Fassade konnte niemand hochklettern, und vor der Wohnungstür standen zwei bewaffnete Männer: Albert Kevin und Frank Terry. Die Besten in ihrem Beruf. Männer mit einem fast unheimlichen Reaktionsvermögen. Zuverlässig, unbestechlich, ehrlich.
Sie würden jederzeit ihr Leben für Emily Fonda geben.
Du bist hier so sicher wie in Abrahams Schoß, sagte sich Stella Frey. Also verflixt noch mal, wovor hast du Angst?
Es gab zu allem Überfluß an der Tür auch noch ein Gerät, in das man einen bestimmten Zahlencode eintippen mußte, sonst bekam man die Tür nicht auf. Ein Produkt von Fonda-Instruments, ganz klar. Wer es nicht zu handhaben wußte, löste Alarm aus. Dasselbe passierte, wenn jemand die Tür gewaltsam zu öffnen versuchte.
Es ist dumm, sich hier oben, auf der Spitze dieses Wolkenkratzers, zu fürchten, dachte Stella, und doch wurde sie ihre Angst nicht los.
Die Musik interessierte sie auf einmal nicht mehr. Sie hörte sie kaum noch. Seltsam eng kam es ihr mit einemmal im großen Livingroom vor. Die Luft schien dicker geworden zu sein, ließ sich schlecht einatmen.
Draußen auf der riesigen Terrasse, auf der die Mädchen manchmal ein Sonnenbad nahmen – nackt, wie Gott sie schuf, denn niemand konnte sie sehen –, lastete eine tief schwarze Dunkelheit, aus der sich Stella angestarrt und angelockt fühlte.
Nervös leckte sie sich die roten Lippen.
Wo nur Emily so lange blieb. Es konnte doch nicht so lange dauern, die Flasche Pommery aus dem Eiskasten zu nehmen.
»Emily!« wollte Stella rufen, doch nur ihr Geist formulierte den Namen. Ihr Mund blieb stumm.
Sie blickte durch die große, breite Glasfront in die Finsternis.
Hohe schlanke Pflanzen in schweren Töpfen wiegen sich leicht im Abendwind. Stella konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sich jemand dort draußen befand.
Unmöglich! versuchte sie sich einzureden. Das gibt es
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