040 - Paris, Stadt der Sünde
Verwirrung bemerkt hätte. „Sie haben vollkommen recht. Aber ich hätte es auf diese Weise versuchen müssen.“ Sein Mund strich leicht über ihre Lippen, und sie hob ihm das Gesicht entgegen, sehnte sich nach mehr. Er schlang einen Arm um ihre Mitte, zog sie an sich und vertiefte den Kuss. Mit der freien Hand hob er ihr Kinn, seine Finger streichelten sanft über ihre Wange, während er sie mit der trägen Hingabe eines wissenden Verführers küsste. Und dann öffnete sie ihren Mund. Zu ihrer tiefen Beschämung begehrte sie ihn.
Unvermittelt löste er sich von ihr, trat einen Schritt zurück und sah sie seltsam verwundert an, wobei kein Mensch je behaupten würde, Viscount Rohan sei schwer von Begriff. Nach kurzem Schweigen murmelte er: „Sie wurden also schon einmal geküsst, behaupten aber, meinen Ansprüchen nicht zu genügen. Ich bin entzückt. Da Sie offenbar keine Jungfrau mehr sind, frage ich mich, was Sie davon abhält, das Bett mit mir zu teilen. Ich spiele mit dem Gedanken, meine Hose doch noch herunterzulassen. Oder reichen Ihre Erfahrungen nicht so weit?“
Sie hatte nichts anderes verdient. Du liebe Güte, sie hatte sich von ihm küssen lassen und seinen Kuss sogar erwidert. Im Versuch, ihn zu brüskieren, hatte sie sich nur noch mehr erniedrigt.
„Nein?“, fügte er gedehnt hinzu und wandte sich ab. „ Tant pis. Ich könnte Ihnen alles beibringen.“
Sie wich vor ihm zurück, bis sie gegen den Tisch stieß, auf dem das Tablett und der leer gegessene Teller lagen. Und die Gabel.
Eine dürftige Waffe, aber etwas anderes hatte sie nicht. Sie griff blind danach, und das Tablett fiel klirrend zu Boden. „Wenn Sie mich noch einmal anfassen, ersteche ich Sie.“
Er beging den verhängnisvollen Fehler, sie auszulachen. „Damit richten Sie keinen Schaden an durch die Stoffschichten, Kindchen. Im Übrigen ist es nicht nötig, mir zu drohen. Ich habe noch nie eine Frau mit Gewalt genommen – und werde gewiss nicht ausgerechnet bei Ihnen damit anfangen.“
Als Hinweis auf ihre Reizlosigkeit genügte ihr diese Bemerkung, um den Arm sinken zu lassen. Auch seine folgenden Worte brachten sie nicht aus der Fassung. „Sie sind zu interessant, um mit Gewalt genommen zu werden. Und was könnten Sie schon mit einer Gabel ausrichten?“
„Ich könnte Ihnen ein Auge ausstechen“, entgegnete sie heftig.
„So weit ließe ich es nicht kommen. Außerdem wollen Sie das gar nicht. Sie wollen lieber noch einmal geküsst werden. Ich beweise es Ihnen.“ Er zog sie blitzschnell in seine Arme und presste sie an seinen sehnigen Körper.
Ein Körper, der sich so sehr von dem schwammigen Fleisch des anderen Mannes unterschied. Dennoch wehrte sie sich erbittert, schlug blindlings um sich, stach mit der Gabel in den Verband an seinem Arm und erschrak.
Er aber verzog nur kurz das Gesicht, festigte seine Arme um sie, und im nächsten Augenblick fand sie sich auf dem Sofa wieder. Eng umschlungen hielt er sie, wie ein liebevoller Vater sein Kind. Zu ihrem Entsetzen liefen ihr die Tränen übers Gesicht, und sie schluchzte haltlos. Und dann überließ sie sich hilflos ihrem Kummer, ihren Ängsten und Sorgen, die ihr Leben zerstört hatten.
Der Verband färbte sich rot. Elinor wollte etwas sagen, doch Rohan drehte ihr Gesicht zur Seite, damit sie das Blut nicht sehen konnte, bettete ihre Wange an seine Brust und streichelte ihr sanft übers Haar, das tränennasse Gesicht, während ihre Schultern von Schluchzen geschüttelt wurden. Wie aus weiter Ferne hörte sie seine leisen tröstenden Worte in einer Sprache, die sie nicht verstand. Seine Stimme, die Art, wie er sie in den Armen hielt, fest, aber nicht drängend, besänftigte sie, linderte ihre Seelenpein. Und zum ersten Mal seit langer Zeit konnte sie aufhören zu kämpfen, konnte sich treiben lassen, alles vergessen. Für einen kurzen beseligenden Augenblick durfte sie wieder Kind sein.
Sie hatte eine erstaunliche Gabe, in seiner Gegenwart einzuschlafen, dachte Rohan zerstreut, während er ihr tränennasses Gesicht streichelte. Sie atmete flach und langsam, nur gelegentlich von Schluchzen unterbrochen, und ihre Finger, die sich in seine Brokatweste gekrallt hatten, lösten sich allmählich. Die Knitterfalten würden sich nie wieder ausbügeln lassen, aber das war nicht der Rede wert, da seine gesamte Kleidung vom Blut ohnehin ruiniert war, dank der hitzigen Miss Harriman.
Er überlegte, ob er sie in sein Bett tragen sollte, wo sie sich ausschlafen könnte, verwarf
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